Ernst Molden: "Austreiben"
Ein Vampir-Roman
Mit "Austreiben" ist Ernst Molden im Jahr 1999 ein mitreißender
Text gelungen, der meisterhaft die Umstände und Begleiterscheinungen der Wiederkehr
der
Sagengestalt
des Donauweiberls in der Lobau im Frühsommer desselben Jahres schildert.
Der Autor hat das Buch drei Frauen gewidmet, und Frauen sind auch die Hauptfiguren
der Geschichte.
In erster Linie ist es die Kommissarin
Mireille Sommer (genannt Mimi), welche die undankbare Aufgabe zugeteilt erhält, die
bizarren Schwerverbrechen aufzuklären, und natürlich der weibliche Buhldämon selbst,
in dessen Austreibung die Handlung ihren abschließenden Höhepunkt findet. Gekonnt
wird der Kern einer Legende in moderne Sprache gehüllt, sodass das mythische
Wesen auch mühelos in Bereiche des trivialen Alltagslebens vordringen kann.
Der Untertitel "Vampir-Roman" wurde sowohl vom Autor als auch
seitens des Verlags mit der Erklärung begründet, dass "Vampire
sich ihrer Opfer bemächtigen und ihrer Körper bedienen". Daher Vorsicht: Wer
das Buch nur in Erwartung eines zähnefletschenden, untoten Blutsaugers erwirbt,
wird in dieser Hinsicht enttäuscht!
Ansonsten wird dem Leser die Welt der wesenhaften Natur in den Auwäldern im Nordosten Wiens in beeindruckenden Worten erschlossen. Wien-Kennern sind die Schauplätze der blutrünstigen Verbrechen nicht fremd, aber auch jene Passagen, deren Handlungen im Stadtinneren angesiedelt sind, vermitteln intensiv die dort herrschende Atmosphäre: Jede Zeile ist "Großstadtkonzentrat". |
Der letzte Frühsommer des Jahrtausends lastet bleiern auf Wien, als eine Reihe bizarrer Schwerverbrechen das Wiener Sicherheitsbüro aus seiner Lethargie reißt. Ein Radiomoderator gebärdet sich wie außer Rand und Band und wird in die Psychiatrie eingewiesen. Eine Serie von Amokläufen reißt die Stadt in einen Strudel der Gewalt. Die Kommissarin Mimi Sommer ahnt bald, dass diesen Taten mit herkömmlicher Polizeiarbeit nicht beizukommen sein wird. Und so findet sie sich in einem aufgelassenen, von einer Armee von Tauben bewohnten Bahnhof östlich von Wien wieder, dem Refugium des letzten praktizierenden Exorzisten ... (Klappentext) |
Der 1967 geborene Autor hat ein Jahr lang an diesem Roman gearbeitet,
und insbesondere die Ergebnisse seiner Recherchen zum Themenkreis Okkultismus
verleihen dem Romanstoff größtmögliche "Glaubwürdigkeit". In den Erschaffungsprozess
seiner Romanfiguren ließ der Autor auch Wesenszüge und Merkmale einiger in Wien
hinlänglich bekannter Persönlichkeiten einfließen, was während des Lesens mitunter
ein Schmunzeln aufgrund einer möglichen "Enttarnung" hervorrufen kann.
Von der faszinierenden, temporeichen Geschichte selbst soll an dieser Stelle
nicht mehr verraten werden als nur einige Stichworte, als Appetitanreger sozusagen:
Naturgewalten, Erotik, übersinnliche Phänomene, Besessenheit,
entfesselte
Begierden, Exorzismus.
Zusammenfassend: Die zeitgemäße
Aufbereitung einer Figur der heimischen Sagenwelt. Pflichtlektüre, zumindest für
Donauanrainer und bestens für eine Verfilmung geeignet.
(kre)
Ernst
Molden: "Austreiben. Ein Vampir-Roman"
Deuticke, 1999. 237 Seiten.
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Lien zu Ernst Moldens Netzseite: https://www.ernstmolden.at