Robert Merle: "Der Tag bricht an"
Dieser bereits 1985 bei den Éditions de Fallois in Paris unter dem Originaltitel
"La Pique du jour" aufgelegte Roman ist wieder ein herrliches Meisterstück des
2004 verstorbenen Altmeisters des historischen Romans, Robert
Merle.
Bereits mit den ersten Seiten fesselt
der Autor seine Leser und seine schönen Leserinnen. In diesem Band startet Merle
mit einer Energie, die jeden in den Bann der Geschichte zieht.
Paris ist
zurückerobert
und steht wieder unter der Herrschaft des rechtmäßigen Königs
Henri IV., dem der Titelheld Pierre de Siorac, inzwischen zum Marquis
aufgestiegen, treu ergeben ist. Besitzt der König inzwischen seine Hauptstadt
wieder, so ist damit jedoch noch nicht alles getan. Der Herzog von Mayenne, als
Oberhaupt der sogenannten katholischen Liga, die in Henri IV. immer noch einen
Hugenotten sieht und ihn als König nicht anerkennen will, steht mit einem
starken Heer in der Champagne. Und diesem stärken die erzkatholischen Spanier
von Flandern aus den Rücken. Der militärisch erfahrene Henri IV. entschließt
sich, die Stadt Laon zu belagern, denn sie stellt eine Schlüsselstelle dar.
Fällt Laon, wird sich auch der Herzog von Mayenne ergeben. Während der König
Laon belagert, beauftragt er den Marquis de Siorac, in geheimer Mission zum
jungen Herzog von Guise, der ebenfalls auf Seiten der Liga steht und als Prinz
von Geblüt für den französischen Thron in Frage käme, zu reisen und ihn auf die
Seite des Königs zu ziehen.
Pikantes Detail in dieser Angelegenheit ist,
dass Pierre de Siorac bereits seit kurzem ein heimliches und äußerst
leidenschaftliches Verhältnis zu dessen Mutter, der Herzogin von Guise,
unterhält. Merle beschreibt in diesem Band den Weg Henri IV. von der
Rückeroberung der Hauptstadt bis zum Erlass des Edikts von Nantes, in dem den
Hugenotten in Frankreich Religionsfreiheit zuerkannt wird und das Leben von
Landsleuten unterschiedlicher Bekenntnisse erst ermöglicht. Der Prozess gegen
die konspiratorischen Jesuiten und deren anschließende Vertreibung beschreibt
Merle in historischer Detailgetreue, ohne den Leser zu langweilen. Denn
geschickt lässt er die Helden des Romans am Prozess teilnehmen und berichten.
Und auf diese Weise erteilt er einen aufregenden und spannenden
Geschichtsunterricht, wie man sich ihn als Schüler immer gewünscht hatte. Der
Leser nimmt so auf leichte und unterhaltsame Art an der französischen Geschichte
teil.
Die Reise des Marquis de Siorac nach Rom, um geheime Verhandlungen mit dem Papst
wegen der Exkommunikation des französischen Königs zu betreiben, und die Reise
nach Spanien zu Philipp II.
runden die Geschehnisse in diesem Band ab.
Robert Merle schreibt mit Feuer und Elan, wie man es dem damals
77-Jährigen vielleicht vordergründig nicht zutrauen würde. Jedoch scheint es,
als lebe er in seinen Helden ein Stück weiter sein junges Leben fort. Immer
wieder wendet er sich in galanter Weise an die schönen Leserinnen, und huldigt
dem schönen Geschlecht durch die charmanten Annäherungsversuche und die galanten
Abenteuer seines Pierre de Siorac. Er zeigt seinen Helden als vollkommen
höflichen und dem Damen unendlich ergebenen Kavalier. Aber nicht nur als
Liebhaber, sondern immer mehr auch als Philosoph, den das Leben Weisheit gelehrt
hat, treten das Wesen und die Gedanken des Autors zu Tage.
(Hans-Peter Oberdorfer)
Robert Merle: "Der Tag bricht an"
Aus dem Französischen von Christel Gersch.
Aufbau Verlag. 479 Seiten.
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Ein weiteres Buch des Autors:
"Der König ist tot"
König Ludwig führt die letzten Kriege gegen Spanien, lässt die letzten
Verschwörer enthaupten - und auch ein Thronerbe wird ihm endlich geboren.
"Fortune de France", die ebenso geistreich wie galant erzählte Saga
einer dramatischen französischen Epoche, liegt nun abgeschlossen vor.
Wussten Sie, dass Ludwig XIII. der Erfinder der Mehrwertsteuer war? Er führte
sie ein, weil er mit leeren Händen seinen Krieg nicht beenden konnte. Denn es
war das Erbe seines Vaters
Henri Quatre, den Widerstand der katholischen Allianz
in Europa zu brechen und
Frankreich im Zeichen der religiösen Toleranz zu
einen. In ebenso geistreichen wie galanten Dialogen, in den Amouren
einflussreicher Hofdamen, in der ernsten Politik wie im Geschwätz liebreicher
kleiner Kammerzofen lässt der Autor ein letztes Mal diese dramatische Epoche
lebendig werden. Und da der König nicht tot sein kann, ohne dass der König
lebe, eröffnet sich am Ende das strahlende Zeitalter seines Sohns, den man
einmal den Sonnenkönig nennen wird. (Aufbau)
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