Claude D. Markus: "Der Unempfindliche"
Ist seine Unempfindlichkeit ein Geschenk des Himmels oder ein teuflischer Fluch für das Leben des jungen Donatien Gallien, der Anfang des 20. Jahrhunderts mit diesem seltenen "Gebrechen" zur Welt kommt?
"Der Unempfindliche"
wird vom Verlag als eine düstere Hommage an Patrick Süskinds "Parfum"
beschrieben, und was die Grundstruktur dieses Romans angeht, gibt es durchaus
viele Parallelen.
Donatien Gallien ist der jüngste Sohn eines jüdischen Arztes in Paris. Bei
seinen Großeltern mütterlicherseits ist er vom ersten Moment an unbeliebt,
weil seine Mutter bei der Geburt stirbt. Aber im Hause des Vaters erfährt
Donatien viel Liebe von seiner Kinderschwester Adèle, die ihn wie einen eigenen
Sohn aufzieht. Sie weiß nicht, was Donatiens Vater schon früh ahnt: Der
Junge hat ein deutlich gestörtes Temperatur- und Schmerzempfinden. Dies wird
allerdings bei einem Unfall mit einem Bügeleisen schließlich offensichtlich.
In der Folge ersinnt der Vater mit Hilfe zweier medizinischer Kollegen allerlei
Wege um den schmerzunempfindlichen Jungen vor Verletzungen zu schützen, die
dieser nicht wahrnehmen kann. Deswegen besucht Donatien keine Schule, und seine
verhaltensgestörte, manipulative und sehr sadistische Schwester muss in eine
strenge Pension gegeben werden, nach einem geradezu Ekel erregenden Zwischenfall.
Als Donatien etwa elf Jahre alt ist, tötet die Schwester seinen Vater und wird
in eine psychiatrische
Klinik eingewiesen. Sein Bruder Vivien wird von den Großeltern mütterlicherseits
aufgenommen, und er selbst soll zu einer Schwester seiner Tante geschickt werden
und seine Kinderfrau nie mehr wieder sehen.
Gerade Letzteres behagt ihm überhaupt nicht,
weswegen er bei einem Aufenthalt aus dem Zug verschwindet, der ihn zu seiner
Tante bringen soll. Wenig später findet er sich in der "Monster"-Show eines
großen amerikanischen Zirkusses wieder und wird dort nach einiger Zeit aufgrund
seiner absoluten Schmerzunempfindlichkeit zum besten Gehilfen eines Fakirs und
schließlich zu einer eigenständigen Attraktion.
Aber sein Anderssein beginnt sich immer mehr auf sein Selbstbild und auf seinen
Umgang mit anderen Menschen auszuwirken, und so muss er eines Tages vom
Zirkus Abschied nehmen und sich auf eigene Faust durch Europa schlagen,
wobei es ihn letztendlich zurück nach Paris verschlägt, wo er mit einem alten
Freund seines Vaters Kontakt aufnimmt.
Ein düsterer und verstörender
Roman vom Beginn des 20. Jahrhunderts, der wirklich mehr als nur ein paar
Anklänge an "Das Parfum" aufzuweisen hat.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 03/2005)
Claude D. Markus: "Der Unempfindliche"
Aus dem Französischen von Sylvia Antz.
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