Wolf Richard Günzel: "Lebensräume schaffen"

Wildtiere in Haus und Garten


Wildtiere bitten um Asyl

Als ein Plädoyer für das Miteinander von Tier und Mensch kann das Buch von Wolf Richard Günzel verstanden werden, als ein Appell, Lebensräume zu schaffen speziell für diejenigen Tierarten, die sich im Laufe der Evolution dem Menschen angeschlossen haben, ihm in seine Behausungen gefolgt sind, und die sich dort trotz oder gerade wegen ihrer Anhänglichkeit nicht immer einer allgemeinen Beliebtheit erfreuen. Man denke da nur an die Hauswinkelspinne, die für viele Menschen geradezu zum Inbegriff des Ekeltieres geworden ist.

Wie weit die Entfremdung des Menschen von der Natur schon fortgeschritten ist, wird dem unvoreingenommenen Betrachter beispielsweise an den Heerscharen der Freizeitsportler deutlich, die mit ihrem plärrenden Walkman auf dem Ohr in die Natur ausschwärmen und weder den Gesang der Vögel noch das Rauschen der Blätter wahrnehmen oder wahrnehmen wollen, von subtileren Reizen ganz zu schweigen.

Dieser Entwicklung versucht der Autor mit seinem Buch zu begegnen, will seine Leserschaft sensibilisieren für die natürliche Umwelt, für Flora und Fauna, und die fängt nun einmal zu Hause an, in des Menschen unmittelbarer Nachbarschaft. Dabei plädiert Wolf Richard Günzel auch für etwas weniger "Ordnung" im Garten: weg von den genormten, sterilen Grasmatten einer spießbürgerlichen Rasenkultur und hin zu der bunten, duftenden Blütenwiese, wo Wildblumen und Wildgräser ihr Dasein fristen können und in ihrem Gefolge zahlreiche Insektenarten anlocken, die hierzulande immer seltener werden oder schon beinahe ausgerottet sind.

Wir erfahren viel Wissenswertes in Günzels kleinem Buch, knapp aber sehr informativ stellt er uns die tierischen Mitbewohner in Haus und Garten vor, und nicht nur Tiere werden hier auf den knapp 180 Seiten dem Leser nahe gebracht, auch die Bedingungen, die diese vorfinden müssen, und dazu gehören natürlich in erster Linie die Pflanzen, denn man kann die Flora ja schließlich nicht von der Fauna trennen. So erfahren wir zum Beispiel, was man pflanzen muss, um Schmetterlinge anzulocken, oder wie die Pflanzenerde beschaffen sein muss, damit bestimmte Pflanzen dort auch gedeihen können.

Nacheinander beleuchtet der Verfasser die unterschiedlichsten Plätze rund um Haus und Garten, an denen man Lebensraum für Tiere schaffen, oder ihnen einen Platz für ihr Winterquartier herrichten kann. Dazu zählen direkt am Haus zum Beispiel der nicht ausgebaute Dachboden, eine begrünte Fassade oder ein begrüntes Dach, dann natürlich Terrassen, Balkone sowie der Keller. Nebenbei bemerkt, dass Tiere im Haus auch Schmutz hinterlassen, das wird mit keinem Wort erwähnt. Aber das weiß man ja auch. Nach dem Lebensraum Haus wird der Garten auf seine Möglichkeiten untersucht, Tieren neuen Lebensraum zu schaffen, und hier sind diese Möglichkeiten natürlich noch vielfältiger als beispielsweise im Haus oder im Schuppen. Der Leser erfährt wie er Wildsträucher und Hecken anpflanzen kann, wie er einen Gartenteich anlegt, aber auch andere Feuchtbiotope schaffen kann und vieles mehr.

Zahlreiche Tabellen im Text geben einen Überblick über die verschiedenen Pflanzengattungen und Arten, die für die einzelnen Kleinbiotope in Frage kommen. Etwa siebzig Tierporträts, einige auch im Bild, aber leider nur in schwarz-weiß, dafür jedoch liebevoll beschrieben, laden dazu ein, ein Lebensquartier für diese Tiere zu schaffen und sie vielleicht auch zu studieren und zu beobachten. Die aus menschlicher Sicht weniger sympathischen Vertreter aus dem Tierreich, hier Lästlinge genannt, werden auch vorgestellt, mit Hinweisen, wie ihnen auf möglichst schonende Art und Weise begegnet werden kann. Literaturhinweise, Adressen von Umwelt- und Naturschutzverbänden sowie Bezugsquellen von Pflanzen und Saatgut, Nisthilfen und Baumaterialien runden den schönen Band ab. Wie gesagt, ein wenig Farbe im Innenteil hätte dem Buch ganz gut gestanden, da es sich aber nicht um ein Bestimmungsbuch handelt, kann man wohl über diesen Mangel hinwegsehen.

(Werner Fletcher; 11/2006)


Wolf Richard Günzel: "Lebensräume schaffen"
pala-verlag, 2006. 180 Seiten.
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Leseprobe:

Tipps für den richtigen Umgang mit Tieren im Garten
Igel nicht einkellern
Wenn in der tristen Herbstzeit die Zeitungsredakteure nichts Rechtes zu berichten wissen, kommt eines unserer Lieblingstiere, der Igel, an die Reihe. Recht widersprüchliche Publikationen haben dazu geführt, dass mancher Igelfreund geradezu darauf wartet, mit dem Beginn der kühleren Jahreszeit auf einen mageren Jungigel zu treffen, um ihn als "Pflegekind" ins Haus zu nehmen.
Igel sind Wildtiere und Individualisten! Wenn der eine Igel im Oktober sein Winterquartier bezieht, denkt der andere vielleicht noch lange nicht daran. Wer im Spätherbst einen Igel mit einem Gewicht unter 500 Gramm in seinem Garten herumstreifen sieht, richtet ihm am besten eine Futterstelle ein (geeignetes Igelfutter gibt es im Zoofachhandel zu kaufen) und stellt ihm eine geeignete Unterkunft im Freien zur Verfügung.

Kranke oder erschöpfte Fledermäuse
Eine verletzte oder kranke Fledermaus, die am Boden aufgefunden wird, fasst man am besten mit Handschuhen an. Die Angst, sich mit einer Krankheit zu infizieren, ist zwar im Grunde genommen unbegründet, aber große Fledermausarten können ordentlich zubeißen, was natürlich auch eine Infektion zur Folge haben kann. In einer flachen Schale kann man dem kranken oder erschöpften Tier etwas Wasser und ggf. auf einem Teelöffel kleine Insekten anbieten. Aber nur wenn man über die nötige Sachkenntnis verfügt, sollte man eine kranke Fledermaus längere Zeit in eigene Obhut nehmen. Verletzte Tiere bringt man am besten auf einer Tuchunterlage in einem geräumigen Karton unter und verständigt sich mit einem Tierarzt. Auch bei den Naturschutzverbänden beraten Sie Experten, wenn Sie eine hilflose Fledermaus gefunden haben.

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