Andrea Hauner, Elke Reichart (Hrsg.): "Bodytalk"
Der riskante Kult um Körper und Schönheit
Der Umgang mit dem eigenen Körper ist
immer mehr in den Mittelpunkt der Betrachtung der Menschen gerückt, und die
Nabelschau bleibt dabei dann auch oft am Bauchnabel-Piercing hängen, das bereits
die ersten Fragen aufwirft. Dieses Buch ist in erster Linie für Kinder und
Jugendliche konzipiert - oder für Erwachsene, die mit Kindern und Jugendlichen
zum Thema der Selbst- und Fremdwahrnehmung arbeiten möchten oder
müssen.
Dementsprechend beginnt "Bodytalk" mit einer Einführung in die
Frage, was denn überhaupt
Schönheit
genau ist und wie Schönheitsempfinden sich evolutionär-psychologisch erklären
lässt. Das ist nicht wirklich neu, aber als Einstieg für den Neuling der
Körperbetrachtung sicherlich nützlich. Dabei werden auch Fragen nach den
Veränderungen des Körpers im Laufe der Pubertät aufgegriffen, so dass sich diese
Artikel fabelhaft für eine aktive Jungen- und Mädchenarbeit eignen.
Der
nächste größere Abschnitt beschäftigt sich mit der "Baustelle Körper", an der
sowohl Schönheitsmediziner als auch
Hunger-
und Brechkünstler aktiv und nicht gerade zum Vorteil des Körpers herumfummeln
und Veränderungen vornehmen. Zusätzlich werden auch immer wieder Äußerungen von
betroffenen Jugendlichen eingebracht, was sich als Denk- und Diskussionsanstoß
bestens aufgreifen lässt. Auch gehen mehrere Artikel auf Essstörungen bei Jungen
ein, die sonst nicht so im Vordergrund der Betrachtung stehen, und es wird
ebenfalls sehr intensiv auf den Muskeldysmorphismus - die Muskelsucht -
eingegangen, von der sehr viele Bodybuilder betroffen sind.
Diese Artikel
räumen auch mit einigen interessanten Mythen auf, die der Fitnessindustrie jedes
Jahr viel Geld bringen. Wer BOP-Leidender (Bauch, Oberschenkel, Po - die
"Problemzonen" schlechthin; Anm. d. Red.) ist wird froh sein zu lesen, dass
er bisher weitestgehend umsonst gelitten hat.
In diesem Zusammenhang sind
aber natürlich auch Übergewicht und allgemeine Schönheitsmanipulation weitere
wichtige Themen.
In "Der Körper als Inszenierung" geht es dann zunächst um die Art, wie die
Pop-Kultur
uns Idealkörper vorstellt, denen heute viele nacheifern - und vor allen Dingen
wird sehr gut deutlich gemacht, wie mit Hilfe von Kameratechnik und anschließender
Computerretusche auch aus einem relativ hässlichen Entlein für Lein- und Plakatwand
ein Schwan gemacht werden
kann. Dabei erfahren wir auch, wie es ist, eine Kunstfigur zu sein.
Der letzte Artikel beschäftigt sich dann mit Schönheit im Internet und
den Avataren, die sich einige Internetnutzer schaffen.
Fazit: Ein überaus
anschauliches und interessantes Buch, in das sich nicht nur Pädagogen und Eltern
vertiefen sollten, und das vielen Lesern sicherlich zu einigen wichtigen Punkten
ihres eigenen Denkens über Körperlichkeit die Augen öffnen wird.
Sollte
man sich nicht entgehen lassen!
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 12/2004)
Andrea Hauner, Elke Reichart (Hrsg.):
"Bodytalk"
dtv, 2004. 208 Seiten. (Ab 14 J.)
ISBN
3-423-62203-2.
ca. EUR 10,30.
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