"Rätselhafte
Körpervorgänge"
Inszenierte Lesung mit Hennes Bender,
David Muscholl und Elisabeth Verhoeven
(Hörbuchrezension)
Von Alkoholrausch bis
Zähneknirschen
Als Kind stellten wir allerlei Fragen an die Erwachsenen, um unsere Neugier
zu stillen. Es wäre unnatürlich, von einem Kind zu erwarten, es solle die ewige
Fragerei bleiben lassen. So vieles ist ungeklärt, und auf viele Fragen wissen
wir ohnehin bis an unser Lebensende keine Antwort. Das Kind nimmt sich
kein
Blatt vor den Mund und lässt nichts im Raum stehen. Es braucht Klarheit.
Wenn wir rülpsen, kotzen, gähnen, zittern oder träumen, muss das irgendwelche
Ursachen haben. Der Erwachsene sieht vieles als Tabu an, was für das Kind eine
wunderbare Entdeckung sein könnte, wenn es denn aufgeklärt wird.
Die szenische Lesung geht genau von diesem Punkt aus: Ein Kind stellt
Fragen, und im Unterschied zur Realität (welcher
Erziehungsberechtigte weiß schon auf alles die richtige Antwort?)
werden diese entweder wissenschaftlich durch neue Erkenntnisse
determinierend oder aber die innerkörperlichen Vorgänge
detailgenau erklärend, beantwortet. Ein Schlaraffenland für
jeden Erwachsenen, der mit Kindern zu tun hat. Doch geht es nicht auch
anders? Können nicht die Erwachsenen den Kindern Fragen stellen
und auf Antworten hoffen? Wissen nicht Kinder oft sogar besser Bescheid
in vielerlei Hinsicht? Dieses Spielchen wird ein bisschen angedeutet.
Wer diese CD hört, wird sich an seine
Kindheit erinnert fühlen, insofern er gerne Fragen stellte. Doch ob er oder sie je den
Mumm gehabt hat, als Kind diese Fragen zu formulieren?
Es sind harmlose und deftige Fragen, und dementsprechend fallen auch
die Antworten aus. Nach dem Hören all dieser Daten über
"rätselhafte Körpervorgänge" wissen dann endlich die
Erwachsenen Bescheid. Sie können ihren Kindern Antworten geben.
Oder noch besser: Die Kinder hören sich die CD an und stellen dann
plötzlich viel weniger Fragen! Wieso?
Eine bombastische Frage, die Franzobel in seinen Romanen nie beantwortet, obzwar
seine Protagonisten
gerne über Dünnschiss oder Verstopfung klagen, wird nicht nur in den Raum gestellt,
sondern beantwortet: Wieso klappt es mit der Verdauung oft nicht mehr so gut,
wenn wir auf Urlaub fahren? Das hat nicht nur seelische Gründe, sondern hängt
ebenso damit zusammen, dass das Gehirnareal, welches die Verdauung mitsteuert,
auch für Mechanismen der Veränderungen zuständig ist, denen der Biorhythmus
unterliegen kann. Was der Rezensent so laienhaft darstellt, wird auch von den
Sprechern komödiantisch verklärt. Es ist schlicht und einfach normal, dass wir
an einem fremden Ort, mit einem fremden Klo konfrontiert, nicht mehr so leicht
den Stuhlgang vollziehen. Wir müssen uns erst an die veränderten äußeren Bedingungen
gewöhnen, ehe an ein Ende der Misere zu denken ist. Was in einer Folge der "schrecklich
netten Familie" (daran kann ich mich gut erinnern, obzwar davon auf der CD freilich
nicht die Rede ist) wissenschaftlich korrekt demonstriert wird: Der auf dem
heimischen Klo als Dauersitzer verschrieene Al Bundy muss sich eines Tages auf
ein
fremdes Klo stürzen, da das eigene defekt ist. Aber es funktioniert nicht
so, wie es funktionieren soll. Er hat grobe Probleme und ist froh, als er wieder
das eigene Klo benutzen kann. Die "rätselhaften Körpervorgänge" klären uns über
körperlich-seelisch-geistige Dimensionen auf, von deren Zusammenhängen wir leicht
überzeugt werden können.
Einen Tick harmloser ist es mit dem Gähnen. Das "Warum" ist gar nicht leicht
zu beantworten.
Ich gähne, während ich dies hier schreibe, und weiß selbst nicht "warum". Auch
nach dem Hören der CD nicht. Denn es geht nicht um Müdigkeit oder Muskelkontraktionen
oder sonstigen Klimbim. Gähnen hat in erster Linie eine soziale Komponente,
wie es Wissenschafter neulich erst wieder bestätigt haben. Das erklärt sich
auch dadurch, dass Gähnen ansteckend ist. Kaum gähnt irgendwer in unserer Umgebung,
gähnen wir auch schon. Kapito? Ach, nein. Irgendwann habe ich davon gelesen,
dass wir uns nur vom Gähnen jener Menschen anstecken lassen, denen wir etwas
abgewinnen können. Vom Gähnen eines verhassten Menschen lassen wir uns nicht
unterkriegen. Wir wollen doch einem Kotzbrocken nicht andeuten, dass wir ihn
gar nicht so unausstehlich finden, oder? Durch Gähnen kann aber auch Lässigkeit,
Stärke und sogar das Gefühl der Überlegenheit demonstriert werden. Im Bereich
der Leichtathletik soll dieses Phänomen zu beobachten sein.
Und dann kommt noch die innere Uhr ins Spiel, die wir nicht
überlisten können. Wer ein Morgenmensch ist, bleibt dies sein
ganzes Leben lang. Egal, in welchen Zeitdimensionen sich sein Leben
abspielt: Seine Leistungsfähigkeit wird am frühen Morgen
beträchtlich sein, während er zum Abend hin dem Nachtmenschen
wie eine Mensch gewordene Schlaftablette erscheinen muss. Die "innere
Uhr" ist übrigens genetisch festgelegt. Daran lässt sich
nicht rütteln. Sie kann nicht überlistet werden. Und da
können wir wieder zu den Kindern zurückkehren. Wenn sie
manchmal abends quengeln: "Ich möchte unbedingt den Film sehen,
Papi/Mami!", dann wird das damit zusammenhängen, dass alle Kinder
Nachtmenschen sind und erst dann eine andere innere Uhr bekommen, wenn
sie alt genug sind, um sich ihre Schlafenszeiten selbst auszusuchen.
Das freilich ist nur eine Theorie des Rezensenten, die von Dr.
Jürgen Brater eher nicht bestätigt werden kann.
Ich habe selten eine so witzige, kluge CD anhören dürfen. Da bleibt kein Auge
trocken, und es werden Wahrheiten enthüllt, auf die wir immer schon gewartet
haben. Bestleistungen vollbringen die mitwirkenden Sprecher: Hennes Bender ist
geprüfter Comedy-Star, der dementsprechend bereits mit diversen Comedy-Preisen
bedacht wurde. Elizabeth Verhoeven ist Rezitatorin und Schauspielerin und sorgte
mit ihrer Interpretation des Melodrams
"Die Weise
von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke" für Aufsehen. David Muscholl
ist knapp neun Jahre alt und Fan von SpongeBob, er spielt im offensiven Mittelfeld
bei TuS Marienborn und stellt seinen Eltern immer häufiger Fragen, die sie nicht
beantworten wollen (aber nunmehr bekam er ja allerlei fantastische Antworten).
Dr. Jürgen Brater ist studierter Mediziner und Zahnmediziner und
praktizierte bis 1996 in eigener Niederlassung. Seitdem ist er als
Seminarleiter in der Aus- und Weiterbildung medizinischer
Fachkräfte sowie als Fachautor tätig und schreibt u. a.
populäre medizinische Bücher.
(Al Truis-Mus; 08/2005)
"Rätselhafte
Körpervorgänge"
Sprecher: Hennes Bender, Elisabeth Verhoeven, David Muscholl.
Eichborn LIDO, 2005. 1 CD, Laufzeit ca. 78 Minuten.
ISBN 3-8218-5402-2.
Hörbuch
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Buchausgabe:
Dr. Jürgen Brater: "Lexikon der rätselhaften Körpervorgänge"
Warum wir rot werden, wissen wir ja meist. Aber was genau geht da vor sich?
Unser Körper gibt uns täglich viele solcher kleinen und großen Rätsel auf:
Morgens haben wir "Sand in den Augen", vormittags knurrt uns vor
Hunger der Magen, nach dem Mittagessen leiden wir unter bleierner Müdigkeit,
nachmittags macht uns ein Kaffee plötzlich wieder putzmunter, abends im Konzert
müssen wir zwanghaft an der leisesten Stelle husten, beim Einschlafen bemerken
wir ein unkontrolliertes Muskelzucken und kaum schlafen wir endlich, beschwert
sich der Partner über unser Schnarchen.
Das "Lexikon rätselhafter Körpervorgänge" erklärt in verständlicher
und lockerer Weise, aber mit medizinischer Kompetenz, was hinter all den Rätseln
steckt -
vom peinlichen Furz bis zum angenehmen Geschmackserlebnis und vom
bedrohlichen Ohnmachtsanfall bis zum aufregenden Verliebtheitsgefühl.
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Weitere Bücher von Dr. Jürgen Brater:
"Lexikon der Sex-Irrtümer. 500 intime Richtigstellungen von Aufklärung
bis Zungenkuss"
Zu keinem Thema werden - meist hinter vorgehaltener Hand - so viele Ammenmärchen
und Irrtümer verbreitet wie zum Thema Sex. Alle Welt glaubt, dass der
Orgasmus
beim Mann stets mit einem Samenerguss einher geht und das Geschlecht eines
Kindes sich bei der Zeugung beeinflussen lässt. Jede Frau hat einen G-Punkt,
kein Mädchen kann vor der ersten Regel schwanger werden, und bei Jungfrauen ist
das Jungfernhäutchen intakt.
Zwillinge haben immer denselben Vater, Eichel und
Vorhaut sind typisch männliche Körperteile und ein Mann hat keine Brüste.
Alles wahr? Alles falsch! Unterhaltsame und überraschende Fakten und Irrtümer zum Thema
Nr. 1.
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"Bier auf Wein, das lass sein! Kleines Lexikon der unsinnigen
Regeln und Ermahnungen"
Jürgen Brater räumt auf mit vermeintlichen Volksweisheiten und unbrauchbaren
Alltagstipps.
"Lies nicht bei schlechtem Licht, du verdirbst dir die Augen!" -
"Wenn der Automat die Münze nicht nimmt, muss man sie auf Metall reiben"
- "Bier auf Wein, das lass' sein" - "Der Schlaf vor Mitternacht
ist der gesündeste" - "Heb dir keinen Bruch": Jeder von uns hat
solche Ratschläge und Sprüche tausendmal gehört oder gibt sie selbst dauernd
von sich. Und kein Mensch fragt sich, ob das eigentlich stimmt, was uns da
dauernd erzählt wird. Außer Jürgen Brater.
Er hat den Wissensschatz des gemeinen Volks mal auf seinen Wahrheitsgehalt
abgeklopft - und meldet zu unserer grenzenlosen Erleichterung: Das meiste davon
ist Unsinn. Wir sterben nicht von drei oder sieben Hornissenstichen, dürfen ab
jetzt ohne Angst vor Pickeln
Schokolade essen und auch gefahrlos einen
Schlafwandler ansprechen. Eine vergnüglicher Rundumschlag gegen die
unsinnigsten Weisheiten und Regeln, die uns schon immer genervt haben.
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"Generation Käfer. Unsere besten Jahre"
Ein sympathisches (Selbst-)Porträt der Nachkriegskinder, die zwischen
Adenauer-Muff und der beneidenswerten Freiheit der frühen Jahrzehnte
darangingen, ihr Glück zu schmieden.
Sie haben Erstaunliches geleistet, die Jahrgänge 1940-1950: Sie haben ihren vom
Krieg gebeutelten Eltern die Rente finanziert, haben der Bundesrepublik
Deutschland und sich
selbst einen beträchtlichen Wohlstand erarbeitet, haben viele Kinder großgezogen
und werden ihnen enorme Reichtümer vererben.
Was war das Besondere an dieser "Generation Käfer"? Hatten sie
einfach nur Glück, weil sie in das Wirtschaftswunder hineinwuchsen? Oder haben
sie auch mehr getan und weniger gejammert? Und lieber selbst angepackt, als sich
auf andere zu verlassen?
Jürgen Brater porträtiert das Leben jener Jahrgänge, die den Krieg nicht mehr
bewusst erlebt haben, denen aber außer dem Frieden kaum je etwas in den Schoß
fiel und die für ihr ganzes Leben begriffen haben: Wenn ich mir etwas leisten
will, muss ich dafür zuerst etwas
leisten. Anschaulich und unterhaltsam erzählt
er von den Kontrasten dieser Zeit: den strengen Lehrern - und dem stundenlangen
unbeaufsichtigten Spielen der Kinder zwischen Trümmern und Ruinen; den prüden
Eltern - und der ersten Liebe; den Haushalten, die anfangs noch ohne
Telefon,
Fernseher,
Auto, Geschirrspüler auskamen - und dem selbstverständlichen Teilen
knapper Güter; der Musik von Bill Haley, den ersten Jeans und der ewigen Frage
"Beatles oder Stones?".
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