Ralf König:

"Wie die Karnickel"

"Pretty Baby"
"Lysistrata"
"Der bewegte Mann"

"Wie die Karnickel"

Auch dieses Buch hat bereits den Weg auf die Leinwand gefunden, auch wenn dies vielen Leuten wahrscheinlich gar nicht aufgefallen ist. Tatsächlich wurde diese Graphic-Novel auf der Grundlage des späteren Drehbuchs geschrieben.

Horst ist Musiker in einem Orchester und lebt schon seit Jahren mehr oder weniger glücklich mit Vera zusammen. Als diese im Hausmüll eine Hardcore-Porno-Kassette findet, beschließt sie, ihn zu verlassen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten gelingt es Horst relativ schnell, sich mit den Vorzügen des Single-Lebens anzufreunden, und er beginnt ein eigenständiges Männerleben zu führen. Dieses wird noch bereichert durch die Gespräche mit Sigi, seinem neuen Nachbarn, der ebenfalls gerade eine langwierige Beziehung mit seinem Freund beendet hat.

Im Verlaufe des Umzugs lernt Sigi einen sehr attraktiven Möbelpacker kennen, wohingegen Horst bei seiner mit einer bekannten Sängerin anbandelt. Für einige Zeit befinden sich beide in einem sexuellen Himmel, der voller Geigen hängt und der von den Menschen in ihrer Umgebung mit mehr oder minder offenem Neid betrachtet wird. Aber es wäre keine Ralf König-Geschichte, wenn alles glatt ginge. Und so gerät schließlich Vera nach einem misslungenen Verführungsversuch, der die Beziehung wieder kitten sollte, in die Fänge einiger Radikalfeministinnen, die in rufschädigender Art und Weise beginnen, Veras und Horsts Beziehungsgeschichte umzudeuten und an die Öffentlichkeit zu bringen. Gleichzeitig fühlt Horst sich von seiner sehr fordernden - und ununterbrochen singenden - Kollegin mehr und mehr überfordert und stellt fest, dass man wirklich vorsichtig sein sollte, was man sich wünscht, weil man es ja bekommen könnte.

Als Sigi, der Horst mittlerweile geholfen hat, sein Interesse für Pornografie etwas entkrampfter zu sehen, ihm etwas Gutes tun will, gerät sein Leben endgültig aus den Fugen, bevor es gegen Ende des Buchs eine neuerliche, geradezu magische Wendung nimmt.

Was Sie schon immer über Männer nach Beziehungen wissen wollten ("Ich genieße es, endlich wieder im Stehen zu pinkeln."), und was Männerträume wirklich bedeuten können. Egal ob der betreffende Mann nun homo- oder heterosexuell ist. Eine Pflichtlektüre für alle Frauen und für Männer, die nicht wissen, was sie wollen sollen ...


"Pretty Baby"

Dies ist der zweite Teil zum "Bewegten Mann" und erzählt die Geschichte der zuvor eingeführten Hauptdarsteller weiter. Doro und Alex sind mittlerweile verheiratet und erwarten ihr erstes Kind. In dieser Erwartung ist das Zusammenleben ein wenig schwer, weil sowohl Doro als auch Alex viel Lust auf Sex haben, aber Alex hat Hemmungen, mit der im neunten Monat befindlichen Doro intim zu sein. Dies führt immer wieder zu Streitigkeiten, die bei dem nebenan wohnenden Ehepaar großes Interesse hervorrufen.

Auch Norbert Brommer hat es nicht leicht. Er hat sich mittlerweile einen gelernten Metzger angelacht, der gerne Horrorvideos guckt und es mit der "ehelichen" Treue nicht überaus genau nimmt. Für den vegetarischen und eher sensiblen Norbert ist das eine geradezu unhaltbare Situation, besonders, weil sein Lebensgefährte es im Bett nicht wirklich so bringt.

Bei einem Spaziergang durch die Stadt trifft Alex eine alte Schulfreundin wieder, der er bei einem netten Gespräch seine familiäre Situation verheimlicht. Sie verabreden sich zu einem intimen Treffen an einem Samstag, an dem Doro nicht in der Stadt ist, in Alex' Wohnung. Aber als dieser heimkommt, teilt ihm Doro mit, dass sie nun doch nicht wegfährt, weswegen er unbedingt umdisponieren muss. In seiner Not bittet er Norbert, ihm seine Wohnung für das Stelldichein zu überlassen, wozu dieser sich schließlich nach anfänglichem Sträuben auch bereit erklärt. Alex weiß nicht, dass Doro ihm bereits auf die Schliche gekommen ist, wobei sie allerdings annimmt, dass er in der Wohnung ein Stelldichein mit Norbert haben würde.

Durch mehrere Verwicklungen kommt es zu einem geradezu unhaltbaren Finale dieser Geschichte, das Walter (siehe Band 1) nur noch als "Heteros des Grauens" beschreiben kann und in dem Norbert schließlich über "all das Blut" jammern kann.

Eine würdige und eventuell auch merkwürdige Fortsetzung von "Der bewegte Mann". Wer den Film mochte, sollte unbedingt auch die beiden Bücher lesen, die Königs Sicht der Geschichte eher wiedergeben als der Film, von dem sich König später etwas distanzierte.


"Lysistrata"

Ralf König ist mittlerweile vielen Leuten ein Begriff durch die Verfilmung einiger seiner Comics. Besonders hat dabei "Der bewegte Mann" eingeschlagen, der als Kurzfassung zweier seiner Graphic-Novels auch ein breites heterosexuelles Publikum gefunden hat. Wenngleich er selbst mit dem endgültigen Film nicht übertrieben glücklich war. "Das Kondom des Grauens" und "Wie die Karniggel" waren bei Weitem nicht so erfolgreich, da sie auch einen etwas abstruseren Humor verlangen, um genossen zu werden.

"Lysistrata" liegt lange vor diesen Werken und hat dabei seinen höchst eigenen Reiz. König bemächtigt sich des Originals von Aristophanes aus dem Jahre 411 vor Christus und gibt ihm seinen speziellen homozentrischen Anstrich. Für alle, die nicht das Vergnügen hatten, das Stück bisher wahrzunehmen - oder seit ihrer Schulzeit das Meiste verdrängt haben - hier eine kurze Inhaltsübersicht der neuen Fassung:

Athen und Sparta liegen im Krieg. Seit 30 Jahren treffen die Heere immer wieder auf der Ebene vor der Stadt aufeinander und fallen übereinander her. Lieder des Heldenmutes werden ständig neu angestimmt, aber ein Ende ist nicht abzusehen. Darunter leiden besonders die Frauen, die ihre müden Ehemänner nach jedem Arbeitstag wieder zusammenflicken müssen. Auf Betreiben der Lesbe Lysistrata fassen sie den Plan, die Akropolis, auf der die Kriegskasse gelagert wird, zu besetzen und sich im Übrigen den Männern sexuell zu verweigern. Trotz einiger anfänglicher Bedenken spielen alle mit, und die Hetären lassen sich ihren Verdienstausfall aus der Kriegskasse bezahlen. Lysistratas Freundin Lampito aus Sparta hat eine ähnliche Aktion in der gegnerischen Stadt gestartet. Sehr bald müssen die Männer mit höchst peinlichen Ausbeulungen in ihren zunehmend verdreckten Tunikas in den Kampf ziehen.

Dieser Anblick ständig vorbeiziehender erigierter Krieger macht die Homosexuellen in Athen ganz nervös. Und als nach einigen Wochen noch kein Frieden eingekehrt ist, ersinnt Hepatitos, eine pfiffige Transe, einen genialen Plan. Mit Hilfe eines Generals, der regelmäßig in der Szene verkehrt, schleicht er sich in eine Generalstabsversammlung ein und gibt sich dort als Sexualforscher aus, der den anwesenden Soldaten die gesundheitlichen Folgen langfristiger sexueller Abstinenz in den schillerndsten Farben ausmalt. Die einzige Rettung ist die "Operation: Zwangshomosexualität". Schweinigeln fürs Vaterland gewissermaßen. Und so finden sich die Athener sehr schnell in kameradschaftlicher Umarmung, was ihnen zunächst sehr unangenehm ist. Auch führt diese Aktion nicht zu einem militärischen Erfolg, weil die spartanische Schwulenszene hier genauso mit ihrem attischen Widerpart zusammenarbeitet, wie die feminine Frauenbewegung. Sehr bald treffen auf dem Schlachtfeld Männer aufeinander, die in ihrem Gegenüber immer weniger den Feind und immer mehr einen potenziellen Sexualpartner sehen. Als die attischen Frauen dies heraus bekommen, ist in jeder Hinsicht die Hölle los.

Sehr vergnüglich und mit den für König üblichen Knollennasen versehen, sodass nicht nur das Gehirn, sondern auch die Augen ständig amüsante Nachrichten ans Lachzentrum schicken.


"Der bewegte Mann"

"Der Mann ist sozial und sexuell ein Idiot." So wird dieses Buch eingeleitet, und das ist sicherlich in vielen Fällen eine durchaus richtige Beobachtung.

Die Geschichte dieser Graphic-Novel ist mittlerweile den Meisten aus Kino oder Fernsehen bekannt. Walter (Waltraud) ist als homosexueller Referent in einer "bewegten" Männergruppe, die in gemeinsamen Gesprächen versucht, ihre frauenfeindlichen Einstellungen zu kurieren. Hier lernt er Axel kennen, der nach einem vorgetäuschten Selbstmordversuch, durch den er seine Doro wieder bekommen wollte, kennen. Dieser sehr männliche Mann ist ganz seine Kragenweite, und so lädt er ihn spontan auf eine schwule Geburtstagsfete ein. Nach einigem Überlegen taucht Axel dann gerade kurz vor der Fete bei Walter auf, der ihn und einige als Frauen Verkleidete mitnimmt.

Auf dieser Fete bekommt Alex seinen ersten Einblick in die homosexuelle Kultur und ist nach einiger Zeit und einigem Alkoholgenuss ziemlich angetan davon. Aber als Walter ihn mit nach Hause nehmen möchte, befürchtet Alex, dass dieser ihn sexuell angehen möchte und übernachtet stattdessen bei dem ihm bis zu diesem Abend eigentlich unbekannten Norbert Brommer, mit dem es am gleichen Abend fast doch noch zu homosexuellen Handlungen kommt. Nur eine Türglocke kann dies verhindern.

Der chaotische Macho Alex kann nicht besonders gut selbst einen Haushalt führen, und nach Doros Weggang ist seine Ernährung eher ungesund, und seine Kleidung braucht Waschmaschine, Bügeleisen sowie Nadel und Faden. Darum nimmt er auch Norberts Angebot an, für einige Zeit bei ihm zu wohnen, was die Stimmung zwischen den beiden alten Freunden Norbert und Walter nicht unbedingt verbessert. Durch Norbert lernt er dann die homosexuelle Subkultur immer mehr kennen, kann aber einem innigeren Kontakt immer wieder im letzten Moment ausweichen. Was Norbert fast in den Wahnsinn treibt.

Wer weiß, wie die Geschichte weiter geht, braucht keine weiteren Informationen, und alle Anderen sollen auch noch etwas Neues zu entdecken haben. Die Zeichnungen sind wie immer sehr lustig und ansprechend, der Humor reicht von platt bis tiefgründig, und die Beobachtungen des Balz- und Paarungsverhaltens von hetero- und homosexuellen Männern sind überaus pointiert und manchmal in ihrer Treffsicherheit verunsichernd für ein ungefestigtes - natürlich männliches - Gemüt. Die Story im Buch ist - meiner Meinung nach - besser als die erste Hälfte des gleichnamigen Films. 

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 03/2003)


Ralf König: "Wie die Karnickel"
Achterbahn AG, 2002. 146 Seiten.
ISBN 3-89719-141-5
ca. EUR 12,90. Buch bestellen

"Pretty Baby"
Rowohlt, 1987. 117 Seiten.
ISBN 3-4991-3451-9.
ca. EUR 9,90. Buch bestellen

"Lysistrata"
Rowohlt, 1987. 127 Seiten.
ISBN 3-4991-3452-7.
ca. EUR 9,90. Buch bestellen

"Der bewegte Mann"
Rowohlt, 1987. 120 Seiten.
ISBN 3-4991-3450-0.
ca. EUR 8,50.
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