Toni Morrison : "Die Kinderkiste"
"Ein Psychobuch für Erwachsene", war sich die Tochter meiner Freundin in ihrem Urteil über die "Kinderkiste" sicher. Während wir zwei Großen bei einer Tasse Kaffee über die ungelösten Probleme dieser Welt philosophierten, hatte die 10jährige Eleni sich stillschweigend in dieses Buch vertieft und nachdenklich zur Seite gelegt. "Das ist bestimmt nicht für Kinder gedacht", bekräftigte sie immer wieder.
Neugierig geworden, nahm ich das
Buch der
Nobelpreisträgerin
selbst zur Hand und war zunächst ziemlich abgeschreckt von den Illustrationen.
Kinder mit großen traurigen Augen schauten mir entgegen, blass und ohne Leben,
die von ihren Eltern in eine große Kiste gesperrt wurden, weil sie ihren Pflichten
nicht nachgekommen waren. In der Kiste können sie jetzt nichts mehr Schlimmes
anrichten, nicht mehr laut und lästig sein. Von den Eltern werden sie dennoch
auch verwöhnt, mit Spielzeug, Pizza, Barbies und Fernsehapparaten, brandneuen
Jeans oder Spice-Girl-T-Shirts.
Doch die
Kinder träumen von der Welt draußen, wo "die
Hasen
hoppeln", "die Biber nagen" und "die
Delphine
schreien". Das Buch wirkt wirklich wie ein Appell an uns Erwachsene, den Kindern
nicht das "natürliche" Leben zu verbieten. Kinder brauchen Freiheit, brauchen
Natur, brauchen ihre Phantasie, nicht irgendwelche Hi-Tech-Fertigprodukte. Kinder
wissen, worauf es ankommt, solang sie nicht von irgendwelchen Erwachsenen verdorben
werden. Kein Wunder, dass so ein phantasievolles, freidenkendes, mit Fuchs und
Has umherstreundendes Kind vom Land wie das meiner Freundin nichts mit diesem
Buch anfangen konnte.
(cwa )
Toni
Morrison : "Die Kinderkiste"
Rowohlt 2000.
ca. EUR 14,90.
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