Manfred Geier: "Worüber kluge Menschen lachen"
Kleine Philosophie des Humors
Worüber haben sich die großen
Philosophen amüsiert? Hatten kluge Köpfe wie Platon, Demokrit oder
Kant überhaupt Humor? Autor Manfred Geier beschreibt die Charaktere einiger großer
Denker der Menschheitsgeschichte und untersucht, was sie herausgefunden haben
über die Ursachen und Hintergründe des Lachens.
Im ersten Kapitel
erläutert der Autor seine Motivation für das Buch. Ein Gemälde des unbekannten
Malers Johannes Moreelse, auf dem ein Mann mit spöttischem Gesichtsausdruck,
gebeugt über einen Globus, abgebildet ist, zog ihn in seinen Bann und
inspirierte ihn, sich mit der Philosophie des Humors zu beschäftigen. Das
Gemälde befindet sich auf dem Umschlag des Buches.
Sind Philosophen, die
von Berufs wegen tiefgehende Denker sind, lustige Menschen?
Bei Platon, dem
Schöpfer der Ideenlehre, hat man da so seine Zweifel. Mit ihm begann die
Austreibung des Lachens aus der Philosophie. Das Wesen des Philosophen, gemessen
an der Idee der Philosophie, lässt ihn nicht lachen; und wer in der Philosophie
dennoch zu lachen versucht, kann folglich kein wirklicher Philosoph sein. Gab es
in Platons Weltbild keine Idee des Lachens?
Nicht alle Philosophen waren
so züchtig und gesetzt wie Platon. So hatte sein Schüler Aristoteles eine
großzügigere Sicht der Dinge. Wenn das Lachen zum Wesen des Menschen gehört und
ihn aus der Tierwelt heraushebt, so kann es nicht nichtig und philosophisch
unbedeutend sein.
Provozierend musste auf Platon der Schöpfer der
Atomtheorie Demokrit gewirkt haben, den man auch den "lachenden Philosophen"
nannte. Hier prallen Ideenlehre und Materialismus vollends aufeinander. Ist
Glaube ein Hinderungsgrund für Humor? Dieser Eindruck entsteht unter dem
zunehmenden Einfluss der Religionen auf die Menschen.
Aber auch nicht
jeder Atheist ist ein humorvoller Mensch. So wird Diogenes, Prolet und
Widersacher von Platon, eher als Zyniker charakterisiert, der durch Spott und
Respektlosigkeit auffiel und sich zudem schamlos verhalten hat. Wenngleich sein
geflügeltes Wort
gegenüber Alexander dem Großen "Geh mir aus der Sonne" die
Zeiten überdauert hat.
Diszipliniert, pflichtbewusst und wahnsinnig
vernünftig soll Immanuel Kant gewesen sein. War er auch ein humorvoller Mensch?
"In seinen blühendsten Jahren hatte er die fröhliche Munterkeit eines Jünglings,
die, wie ich glaube, ihn auch in sein greisestes Alter begleitet", so Johann
Gottfried Herder über seinen Lehrer Kant.
Schopenhauer, der sich über
Narrheiten amüsieren konnte, erläuterte seine "Theorie des Lächerlichen" in
seinem zweiten Band von "Die Welt als Wille und Vorstellung". Danach entsteht
Lachen aus der Inkongruenz zwischen der sinnlich-komischen Anschauung und der
geistig-abstrakten Erkenntnis.
Sigmund Freud, Schöpfer der Psychoanalyse,
kam als 70-Jähriger zur Erkenntnis, dass sein Arztsein nur eine Art Umweg
gewesen sei, um das Rätsel Mensch philosophisch zu begreifen. Aber wer würde
vermuten, dass Freud ein humorvoller Mensch war? Seine Traumdeutungsarbeit war
eine Fundgrube für komische Wortspielereien und seltsame Assoziationen. Auf den
Vorwurf, dass seine Traumdeutung ein lächerliches Machwerk sei, reagierte er mit
dem Buch "Der Witz und seine Beziehung zum Unbewussten".
Ist der
Buchautor ein Verehrer des Sprachakrobaten Karl Valentin? Manfred Geier
erläutert anhand zahlreicher Beispiele Valentins Sprachwitz und analysiert seine
Komik. Valentin arbeitete mit der Sprache eines Kindes und transformierte diese
in die Welt der Erwachsenen hinein. Er war kein Philosoph, aber ein Künstler,
dessen Werke in philosophischer Hinsicht gelesen werden können.
Das
unterhaltsam und verständlich verfasste Buch enthält mehrere zeitgenössische
Illustrationen und Fotos. Es ist kein im engeren Sinne humorvolles Buch, sondern
ein Buch, in dem das Thema Humor aus philosophischer Sicht aufgearbeitet wird.
Das Interesse an Philosophie und an den beschriebenen Persönlichkeiten sollte
daher im Vordergrund stehen. Manfred Geier, 1943 in Troppau geboren, promovierte
1973 über
Noam Chomskys Sprachtheorie und die amerikanische Linguistik. Viele
Jahre lehrte er Sprach- und Literaturwissenschaft an der Universität Hannover.
Er lebt als freier Publizist und Privatdozent in Hamburg. Zuletzt erschienen von
ihm der Erfolgstitel "Kants Welt" und die Rowohlt- Monographie "Martin
Heidegger".
(Klemens Taplan; 03/2006)
Manfred Geier: "Worüber kluge Menschen
lachen"
Rowohlt, 2006. 284 Seiten.
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Weitere Bücher des Autors
(Auswahl):
"Kants Welt. Eine Biografie"
Immanuel Kant war ein
Titan der Geisteswelt. Sein Leben freilich gilt als wenig ereignisreich, sein
Werk als schwer verständlich. Anlässlich des 200. Todesjahres des großen
Philosophen erschien die faszinierende Gesamtdarstellung eines Denkers, der sich
rückhaltlos einer undogmatischen, kritischen Philosophie verschrieb. Nahezu alle
großen geistigen und politischen Herausforderungen, mit denen wir uns heute
konfrontiert sehen, sind von Kant bereits deutlich formuliert worden - vom
Problem des Friedens über die Grenzen des Sagbaren und Denkbaren bis zu den
Ansprüchen religiöser und esoterischer Glaubensformen. Diese Aktualität
nachvollziehbar zu machen ist das wichtigste Anliegen von "Kants Welt".
(Rowohlt)
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"Martin Heidegger"
Martin
Heidegger (1889-1976), der aus dem Kleinen eines provinziellen Lebens kam,
inszenierte sein Leben und Denken als schicksalhafte Suche eines Metaphysikers
nach dem "Geheimnis des Großen". In dramatischen Rückfällen und stets neuen
Anläufen erschien es dem einflussreichen Denker als Gott, Dasein,
Nationalsozialismus, schließlich als Sein und Dichtung. (Rowohlt)
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