Martinez Hewlett: "Das Blut Gottes"


Bei Renovierungsarbeiten in einer Abtei in Frankreich im Jahre 2004 wird ein Hohlraum im Mauerwerk entdeckt. In diesem Hohlraum findet Pater Laurent Carriere, Jesuit und Wissenschaftler, ein uraltes Leichentuch. Noch ahnt er nicht, welche Kettenreaktion er in Gang setzt, als er auf Wunsch des Vatikans mit dem Leichentuch nach Amerika fährt, um eine Altersbestimmung an der Universität von Arizona in Tucson vornehmen zu lassen.

Im Zuge dieser Altersbestimmung entnimmt einer der Wissenschaftler, Dennis McGovern, Proben aus dem Leichentuch um mittels einer chemischen Analyse festzustellen, ob es sich bei den Flecken auf dem Leichentuch um menschliches Blut handelt und ob eventuell noch eingetrocknetes Zellmaterial auf dem Leichentuch vorhanden ist.

Ein weiterer Wissenschaftler der Universität, der Molekularbiologe Joshua Francis, versucht nun - einer Eingebung folgend - trotz der geringen Erfolgsaussichten aus dem für die chemische Analyse gewonnenen Extrakt eine rekombinationsfähige DNS zu gewinnen. Das Experiment gelingt. Dr. Francis, bislang als Wissenschaftler wenig erfolgreich und in ständiger Angst lebend, dass seine Fördermittel eingestellt werden könnten, möchte diese DNS nutzen um Altersvergleiche anzustellen und somit die Entwicklung der DNS über Jahrhunderte hinweg zu dokumentieren. Dadurch erwartet er sich den wissenschaftlichen Ruhm, nach dem er stets gestrebt hat.

Als dann auch noch festgestellt worden ist, dass das Leichentuch aus dem Jahre 30 nach Christus stammt (zuvor hatte man immer angenommen, das Leichtuch würde, so wie das bekannte Turiner Grabtuch, aus dem Mittelalter stammen), ist die Aufregung perfekt: Handelt es sich um das Leichentuch Christi ? Ist es möglich, einen weiteren Jesus Christus zu klonen? Ist es ethisch und religiös überhaupt zulässig, die DNS von Jesus Christus zu analysieren? Was soll mit der DNS weiter geschehen? Was mit dem Leichentuch?

Obwohl die Wissenschaftler keinen stichhaltigen Beweis dafür haben, dass es sich tatsächlich um das Leichentuch Christi und sohin auch um seine DNS handelt, nimmt der Medienrummel seinen Lauf und alleine schon die Möglichkeit, es könne sich um Christus' Leichentuch handeln, ruft zahlreiche Personen mit unterschiedlichen Interessen auf den Plan: So versucht unter anderen ein fanatischer Fernsehprediger mit Hilfe eines befreundeten Senators die DNS für seine Gemeinschaft zu erlangen.

Lediglich der Bund der Arimathäa, ein Geheimbund, der seit der Auferstehung Christi besteht und der das Leichtuch Christi Jahrhunderte lang geheim verwahrt hatte, weiß, dass es sich tatsächlich um sein Leichentuch handelt und versucht nun gleichfalls, Leichentuch und DNS mit allen Mitteln in seinen Besitz zu bekommen.

Der Roman beschreibt in ansprechendem, aber nicht packendem sondern eher dokumentarischem, Stil sowohl die Entwicklung, die die handelnden Personen aufgrund ihrer Arbeit mit dem Leichentuch durchmachen, ihre ethischen Zweifel, ihre religiösen Gedanken und Ängste, aber auch ihre innere Zerrissenheit zwischen Machthunger einerseits und Ethik bzw. Religion andererseits.

Obwohl man aufgrund der Handlung "gezwungen ist", weiter zu lesen, hat man am Ende doch den Eindruck, dass sich aus der Thematik mehr hätte herausholen lassen.

Der Autor ist Professor für Molekularbiologie an der Universität von Arizona. "Das Blut Gottes" ist sein erster Roman.

(Wolfgang Varga; 12/2002)


Martinez Hewlett: "Das Blut Gottes"
Knaur, 2002. 345 Seiten. 
ISBN 3-426-61421-9.
ca. EUR 7,90.
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