Hainer Hai, Ronald Rippchen: "Das Hanf Handbuch"


Mit der Literatur über Themen wie den Hanf ist es wie mit dem Stoff selbst: Die Dosis macht das Gift - was heißen will: Bei der Lektüre der einschlägigen Literatur wird man zumeist mit einem Zuviel an positiven oder aber negativen Aspekten über jenes Kraut konfrontiert.  

Entweder ergeht sich der Autor in Lobeshymnen - um dabei aber den einen oder anderen auch nicht so gefälligen Gesichtspunkt zu übersehen, oder es werden sogenannte "Fakten" aufbereitet, die aber in den Bereichen von Mythen und Ammenmärchen anzusiedeln sind.  
An sachlich fundierter, ausgewogener Aufarbeitung der Thematik mangelte es bis dato immer noch.  
Das vorliegende Werk ist - in seiner mittlerweile bereits zwölften Auflage - als Pioniertat anzusehen.  

Blättert man die ersten Seiten, respektive das Vorwort durch, so erkennt man, dass der Herausgeber, Werner Pieper, mit der Vorgabe an eine derartige Edition herangegangen ist, ein komplettes - oder wie er es nennt - "definitives" Hanfhandbuch zu veröffentlichen. Wie es scheint, dürfte er diesem Anspruch auch gerecht geworden sein, vor allem in der Zeit der ersten Auflage - fand sich doch zu dieser Zeit nahezu nichts von ähnlicher Qualität auf dem Markt. Erst in den letzten Jahren, als Cannabis nach den "umbrüchigen" Spät-sechziger und Siebzigerjahren ein "Comeback" feierte, konnte man neben diesem Buch auch noch andere seriöse Kompendien zum Thema finden.  

Das "Hanf Handbuch" selbst war wohl auch deswegen so revolutionär, weil es sich mit allen Aspekten der Thematik in einer doch sehr ansprechenden Form auseinander zu setzen suchte: Da gab es kulturgeschichtliche Hinweise zum Thema Hanf, ebenso wie die Beleuchtung medizinischer Aspekte, die Nutzung des Hanfes als vielfach weiter verarbeitbarer Rohstoff, ebenso wie sein "Gebrauch" als Hefe des Denkens, ja sogar Tipps zur "gefahrlosen Beförderung" über diverse Landesgrenzen fanden sich in dem Werk - letzteres allerdings sollte sich als nicht ganz so gelungen herausstellen; die daraus folgende Konsequenz war, dass in den nächsten Auflagen etliche Passagen des Buches mit schwarzen Balken versehen werden (mussten?!) und das Buch als "potentiell sozialethisch verwirrend" indiziert wurde.

Mit einer derart vertrackten Aussage - (man sollte gar nicht glauben, zu welch' Fantasie mitunter Beamte fähig sind!) - waren nicht nur einige Stellen des Buches gemeint, sondern wohl eher der Hanf an und für sich. - Aber gut, auf diese Diskussion wollen wir uns hier nicht näher einlassen, sondern uns wieder dem Buch widmen.  

Die Stärke dieses Werkes ist - auch in seiner jüngsten Ausgabe - seine inhaltliche Universalität: Es fehlt ja wirklich nichts, ist alles Wichtige da: Botanik, Chemie, Anbau, weltweite Produktion, Einnahme mit Lang- und Kurzzeitauswirkungen, Juridisches und auch Ausblicke in die Zukunft des Stoffes. Aber all das mag man inzwischen auch in anderen Werken finden; warum es sich aber dennoch lohnt, zu diesem Buch zu greifen, ist zweifellos sein Stil: Von erfahrenen Redakteuren alternativer Medien (wie z.B. der taz) verfasst, merkt man, dass die Abfassung dieses Buches den Schreibern eine wirkliche Herzensangelegenheit war. Mal witzig, mal zynisch, dabei aber zumeist immer sachlich sind die Autoren bemüht, eine möglichst komplette Darstellung zu bieten. Dass möglicherweise das eine oder andere auch unter dem Einfluss des Krautes geschrieben zu sein scheint, tut dem Werk nur gut. Blättert man das Buch nämlich einmal durch, (und befindet man sich gar selbst vielleicht in einem anderen Bewusstseinzustand!?), so stößt man auf Passagen, wo man tatsächlich hellauf lachen muss: z.B. wirklich grandios ist da jener Abdruck aus der "Münchner Illustrierten" aus dem Jahre 1952, in der wirkliche alle möglichen (und auch unmöglichen) Vorurteile aufs Köstlichste bedient werden!

Darüber hinaus sollte auch noch positiv angemerkt werden, dass es sich bei den Verfassern und dem Herausgeber des "Hanf Handbuches" offenbar um Personen handelt, die den Rausch eher als einen Zustand erachten, der den Betreffenden "weiterbringen" kann und soll und diese Angelegenheit nicht zu einem - weiteren - konsumorientierten Selbstzweck degradieren und aufgrund dieser Einstellung durchaus auch warnend einwerfen, dass man es - wie mit allen angenehmen Dingen - auch hierbei zum eigenen Schaden übertreiben kann! Die Verantwortung trägt ein mündiger Mensch nun mal wirklich selbst!

Dergestalt wird dieses Werk zu einem wirklichen Ratgeber nicht nur für Hanffreunde, sondern darüber hinaus für alle, die sich dieser Materie sachlich und vorurteilsfrei anzunähern wünschen.

Laut Angaben von Werner Pieper soll demnächst die 13. Auflage erscheinen! Bleibt also abschließend nur zu hoffen, dass dieses Standardwerk über die Rauschdroge Hanf auch in Zukunft seinen inhaltlichen und stilistischen Grundtenor beibehält!

(Rihno Rhinozeros; 08/2002)


Hainer Hai, Ronald Rippchen: "Das Hanf Handbuch"
Grüne Kraft, 12. aktualisierte Neuauflage, 2002. 233 Seiten.
ISBN 3-9258-1773-5.
ca. EUR 15,-. Buch bestellen