Karl-Heinz Göttert: "Das Ohr des Teufels"
Dies ist der zweite historische Kriminalroman des Germanistikprofessors Karl-Heinz Göttert, der auch in diesem Werk wieder sein Fachgebiet der Rhetorik zur Grundlage nimmt.
Im Spätherbst 1652 findet der Architekt
Johann Münch bei einem
Sturz von
einem Gerüst in der Sankt Mariä Himmelfahrtskirche den Tod. Seine von den
Auftrag gebenden Jesuiten herbei gerufene Ehefrau Agnes will aber auf Grund der
Position des Leichnams nicht an einen Unfall glauben und beginnt sich - auch
gegen den Willen und den Rat ihrer Familienangehörigen - genauer mit der Arbeit
ihres Mannes zu beschäftigen, der in letzter Zeit zu Hause immer schweigsamer
geworden war. Dabei stößt sie auf Schriften und Aufzeichnungen, die sich mit dem
Bau akustisch ausgeklügelter Anlagen beschäftigen, die unter anderem dazu
verwendet werden können, eine Predigt oder Gesang in einem Gotteshaus besser
wirken zu lassen - oder auch dazu, Ahnungslose in ihren privaten Gesprächen zu
belauschen. Und genau diese letztere Möglichkeit scheint es gewesen zu sein, die
Regens Kasens dem Rat der Stadt Köln anbieten wollte, um auf diesem Umweg den
Jesuiten in Köln noch mehr Einfluss und Macht zu sichern.
Doch nun ist
die Fertigstellung der Arbeit durch das Fehlen eines geeigneten Architekten in
Frage gestellt, und bei einer Geheimkonferenz zur Ernennung eines Nachfolgers
von Münch wird auch die moralisch-ethische Rechtfertigung der Fertigstellung der
Anlage wieder von verschiedenen Seiten bezweifelt.
In der darauf
folgenden Nacht wird im Haus der Familie Münch eingebrochen und einige
Zeichnungen verschwinden. Da der Einbrecher zum Betreten des Hauses anscheinend
einen Schlüssel benutzt hat, und im Ausgehrock des verstorbenen Johann Münch
gerade dieser Schlüssel nicht mehr zu finden war, muss Agnes den Einbrecher nun
im Jesuitenkonvent vermuten. Sie wendet sich an Pater Heimbach, den Lateinlehrer
ihres Sohnes und selber ein Jesuit, um mit ihm Licht in die seltsamen Vorgänge
zu bringen.
In ihren Ermittlungen werden die Beiden immer tiefer in die Kölsche Stadtpolitik
und die
jesuitische Ordenspolitik
hineingezogen, und die Leser erhalten zusätzliche Informationen durch Debatten
der Jesuiten untereinander über die Ordenspolitik und über wissenschaftliche
Forschung durch Jesuiten in der ganzen Welt.
Und gerade hierin liegt ein entscheidendes Manko
des Buchs. Was in einer Vorlesung zum Thema "Wissenschaftsgeschichte der frühen
Neuzeit" ganz interessant erscheinen mag, ist in dem vorliegenden Krimi eher ein
Hemmnis für den Fortlauf der Handlung, so dass sich Krimifans des Öfteren fragen
werden, warum sie überhaupt weiterlesen sollten. Weder die beiden
Hauptcharaktere noch irgendwelche anderen Figuren erwachen dabei wirklich zum
Leben, und die eigentliche Kriminalgeschichte wird zu einem reinen Vehikel für
den eher fachwissenschaftlichen Teil des Buchs.
(K.-G. Beck-Ewerhardy; 11/2003)
Karl-Heinz
Göttert: "Das Ohr des Teufels"
Emons, 2003. 224 Seiten.
ISBN 3-89705-314-4.
ca. EUR 9,-.
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