Huschmand Sabet: "Globale Maßlosigkeit"
Der (un)aufhaltbare Zusammenbruch des weltweiten Mittelstands
Thema des vorliegenden Buches sind "Der (un)aufhaltbare Zusammenbruch
des weltweiten
Mittelstands" (Untertitel) sowie mögliche Strategien dagegen. Sabet -
über 50 Jahre selbst mittelständischer Unternehmer - fordert eine neue
weltweite Wirtschaftsethik durch Verzicht der Superreichen auf
Gewinnsteigerung. Seine These lautet, dass ohne einen weltweit gesunden
Mittelstand die Armut nicht bekämpft werden kann. Er fordert für die
Weltreligionen eine führende Rolle bei der Wertevermittlung sowie einen
Globalen Marshall Plan - eine gesteuerte vernünftige Globalisierung
basierend auf ethischen Maßstäben.
Weltweit gibt es 77.500 Multimillionäre mit mehr als 30 Mio. US-Dollar
und 587 Milliardäre, deren Vermögen stetig zunimmt. Gleichzeitig
verhungern täglich weltweit 24.000 Menschen. Die "Global Marshall Plan
Initiative" wurde im Jahr 2003 in Stuttgart gegründet - mittlerweile
besteht sie aus einem Netzwerk von Organisationen und Einzelpersonen
aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft. Sabet sieht sich als
"Weltbürger", der "das Entstehen eines Weltgewissens und die zunehmende
Teilhabe an der Weltidentität" anmahnt (vgl. Einleitung). Ihm schwebt
eine "globale Solidarität" vor, basierend auf "Wertsetzungen, die in
unseren ethischen, religiösen, humanistischen und wissenschaftlichen
Traditionen bereits ansatzweise vorhanden sind" (ebd.). Das Problem
dürfte nur sein: Wie bringt man den Kapitalisten Gewissen bei?!
Eindringlich und detailreich dokumentiert der Autor die ungerechte Verteilung der Einkommen und prangert die Unmoral der global players
an. Sabet scheut sich übrigens in diesem Zusammenhang auch nicht, Franz
Münteferings Heuschrecken-Vergleich zu zitieren, indem er auch darauf
verweist, dass ca. ein Drittel der Weltbevölkerung als arm einzustufen
ist. Sabet ist allerdings auch der Hoffnung: "Die Tatsache, dass sich
der Niedergang des Weltmittelstandes mittelfristig auch auf die Spitze
der Vermögensskala auswirkt, wird mehr und mehr verstanden und
akzeptiert." Und er plädiert dafür, die Zukunftsskepsis durch
Optimismus zu ersetzen. Auch verweist er darauf, dass die Beseitigung
der Armut allen Vorteile bringt. Notwendig sind zuvörderst Nullrunden
für Superreiche.
Das Problem ist wohl, dass die Agenten des Neoliberalismus weltweit aktiv sein
können - die Demokratie und die Menschenrechte können es (noch) nicht. Sabet
streut übrigens öfters Parabeln ein - was das Buch sehr anschaulich lesbar werden
lässt - u.a. auch die "Ringparabel",
welche ihm zur Illustration seiner Forderung nach Toleranz (der Menschen und
ihrer Religionen untereinander) dient. Ziel muss sein ein Weltethos und eine
darauf basierende Weltinnenpolitik. Interessant in diesem Zusammenhang Sabets
Ansatz: "Religion darf der geistigen Autonomie der Menschen nicht hinderlich
sein. Sie sollte nicht im Widerspruch zur Wissenschaft stehen, sondern mit ihr
Hand in Hand gehen." Ja, es sind eben die Absolutheitsansprüche in Politik und
Wirtschaft sowie in jeglichen Ideologiebereichen, welche im wahrsten Sinne des
Wortes das Elend in die Welt bringen.
Globalisierung
wurde einmal als "Vernichtung der Entfernung" definiert - parallel dazu wünscht
sich Sabet eine Vernichtung der Entfremdung und möchte "Weltfrieden durch Religionsfrieden"
erreichen. So wenig die Geografie noch ein echtes Hindernis für Geschäfte und
Kommunikation darstellt, so sehr existieren Entfernungen zwischen den Ideologien
unterschiedlicher Menschengruppen. Trotzig entwirft der von gerechtem Zorn und
unbezähmbarem Idealismus geprägte Autor seine Vision: "Die Menschheit wird zu
einem Volk" - mit weltgeschichtlicher Logik wird sich "ein solidarisches Angebot
an Chancen für jeden Erdenbürger" ergeben - eine "zivilisierte Weltordnung"
wird unsere Menschenwürde garantieren. Letztendlich sind wir tatsächlich zum
Optimismus verdammt - wenn es uns nur schneller gelänge, all die antagonistischen
Fanatismen und Egoismen abzuarbeiten. Bücher wie dies vorliegende können uns
dabei helfen.
(KS; 10/2005)
Huschmand Sabet: "Globale Maßlosigkeit"
Patmos, 2005. 224 Seiten.
ISBN 3-491-72499-6.
Buch
bei Libri.de bestellen
Buch
bei amazon.de bestellen
Huschmand Sabet wurde 1931 in Teheran geboren. Er studierte Elektrotechnik, Philosophie und Vergleichende Religionswissenschaft. Über 50 Jahre lang leitete er als Gesellschafter ein mittelständiges Unternehmen mit weltweiten Beziehungen. Er ist Träger des "Planetary Consciousness Award" des Club of Budapest (gemeinsam mit Michael Gorbatschow und Muhammad Yunnus), Gründungsmitglied der Stiftung Globalart Austria und Ehrenmitglied von Terra one World Network e.v.