Harry Bittkowski: "Das große Filmfehler-Buch"
Filme sind auch nur von Menschen gemacht, und so ist nicht zu vermeiden, dass Fehler entstehen. Gleich 50 Filme und deren kleine und große Fehler zu beschreiben, ist das Ergebnis einer Recherche von Harry Bittkowski, der ein Filmfreak erster Güte ist.
Seit das Internet weltumspannend auch von Privatpersonen benutzt werden kann, sind Strukturen entstanden, die ohne diese Verflechtung kaum denkbar wären. Im Falle der sogenannten Filmfehler mag dies zutreffen, obzwar darauf in vorliegendem Buch nicht eingegangen wird. Auf der Page www.movie-mistakes.com (Link am Ende dieser Rezension) sind etwa existierende Fehler von Filmen nur kurz nach Ausstrahlung in den Kinos aufgelistet. Gegenwärtig ist bekannt, dass "X-Men II" mindestens 46 Fehler aufweist, wobei die Zahl freilich noch steigen wird. Unzählige Spürnasen gehen auf die Suche, und es ist fast schon ein "Sport", den unmöglichsten Dingen auf die Schliche zu kommen. Um etwa die erkannten Fehler im Kassenschlager "Der Herr der Ringe - Die Gefährten" zu beschreiben, müsste ein eigenes Buch produziert werden. In der Wertung verschiedentlicher Fehler nimmt der Streifen mit unfassbaren 206 gesichteten Fehlern ganz klar Platz 1 ein. Dahinter folgt "Matrix" mit immerhin noch 184 Fehlern. Auf Platz 3 endlich der zwei Jahre lang unangefochtene fehlerhafte Kassenerfolg "Titanic" mit 157 Fehlern.
Es sind gerade die kleinen Fehler, die erst nach mehrmaligem Betrachten eines Films offensichtlich werden. Zigaretten sind mal da, mal nicht da, Aschenbecher nicht notwendig, Kratzer auf Körpern mal an der einen Stelle, Sekunden später an einer anderen ("Basic Instinct"). Die akribische "Filmfehler-Forschung" feiert fröhliche Urständ', und der eifrige Televisionär wundert sich, weshalb ihm diese eklatanten Schwächen nicht von vornherein aufgefallen sind. Als bewundernswertes Beispiel eines mit Fehlern gespickten Films mag "Das Fenster zum Hof" gelten. Ein Klassiker edelster Sorte, in dem dennoch unzählige von Fehlern auftauchen. Wobei zu bedenken ist, dass die meisten Fehler sogenannte "Anschlussfehler" sind. In diese Kategorie fällt alles, was beim Wiederaufgreifen einer Sache oder Handlung verpatzt worden ist. Im Falle des Hitchcock-Kunststückes ist es etwa die Position des Bettes, auf dem James Stewart mit seinem Gipsbein zur Untätigkeit verdammt ist. Mal ist es näher beim Fenster, dann weiter weg. Auch die Küche des Wohnungsinhabers ist mal klein, mal groß. Ein Kästchen im Wohnzimmer ist nur kurzzeitig da, um für den Rest des Films nicht mehr aufzutauchen. Was logische Fehler betrifft, so ist es insbesondere die "detektivische Ader", welche James Stewart präsentiert. Viele Dinge, welche er entschlüsselt, kann er schlicht und einfach nicht herausgefunden haben! Wie sollte er etwa aus großer Entfernung, ohne die Kunst des Lippenlesens zu beherrschen, wissen, dass der "Mordverdächtige" nur bestimmte Telefongespräche geführt haben kann? Trotz all dieser Pannen, die der Film aufweist, ist er immer noch ein großartiger Krimi.
Bei "Carrie" ist die Sache offensichtlicher. Schon bevor der Film richtig beginnt, im Vorspann also, lacht das Herz des "Filmfehler-Forschers" auf. Denn als Autor ist "Steven King" angegeben. Dabei weiß ja jedes Kind, dass es "Stephen King" heißen muss. Eigentlich unfassbar, oder? Der Film weist in Folge gar nicht so viele Fehler auf. Allerdings sind es absolut sichtbare Fehler. Wunderbar etwa die Szene, wo Carrie mittels Gedankenkraft ihre Mutter mit Messern beschießt. Es sind ganz deutlich die Drähte erkennbar, an und mit denen die Messer von der Tricktechnik befestigt und gelenkt wurden. Witzig auch die Situation kurz danach, als Carrie ihre Mutter aus der Gefahrenzone (die Zimmerdecke droht zusammenzukrachen) bringen will. Die "tote" Mutter macht es Carrie leichter, sie fortzuschleppen, in dem sie mit den Füßen nachhilft. Von beiden Fehlern konnte ich mich noch vor kurzem im Kino überzeugen. Dennoch ändert das für mich nichts am Eindruck, den der Film insgesamt vermittelt.
Es handelt sich samt und sonders um sogenannte "Hollywood"-Filme, die im Zusammenhang mit aufgetretenen Fehlern betrachtet werden. Wer übrigens selbst diese Fehler nachprüfen will, dem ist es leicht möglich, weil die Fehler chronologisch aufgelistet sind. Allerdings ist zu empfehlen, sich einen Streifen auszusuchen, der schon mal gesehen wurde. Es ist ja ein Unsinn, einen erstmalig gesichteten Film nur auf Fehler zu untersuchen. Da geht freilich die ganze Magie des Films flöten.
Wichtig ist es dem Rezensenten darauf hinzuweisen, dass fehlerbehaftete Filme nicht an der Tagesordnung sind. Zweifelsfrei mag es Filme geben, die keinen oder nur sehr wenige minimale Fehler aufweisen. Ich kann mir etwa kaum vorstellen, dass "Der Club der toten Dichter", mein absoluter, schon oft gesehener, Lieblingsfilm, eklatante Fehler aufweist. Und selbst, wenn dies so sein sollte, was ich aber eben nicht annehme, würde es mich kaum stören. Vielleicht kommt ja mal ein Buch auf den Markt, wo Fehler aus Filmen erforscht wurden, die nicht aus "Hollywood" stammen, sondern etwa aus Europa.
Vorliegendes Buch ist auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, den Hintergründen und Schwächen von Filmen zu begegnen, die Mitwirkende an diesen Filmen wohl lieber nie preisgeben würden.
Harry Bittkowski wurde 1961 geboren und begann irgendwann Strichlisten zu führen, über kleine und große Fehler, bloße Ungereimtheiten und offensichtliche Dummheiten im Film. Eine erste kleine Zwischenbilanz legt er mit diesem Filmfehler-Buch vor.
(Holly Stone; 05/2003)
Harry Bittkowski: "Das große Filmfehler-Buch"
Ueberreuter, 2003. 272 Seiten.
ISBN 3-8000-3911-7.
ca. EUR 19,95.
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