Stephen van Dulken: "Ideen, die Geschichte machten. Das große Buch der Erfindungen"

Auf etwa 280 Seiten entführt uns der Autor Stephen van Dulken in die Welt bedeutender Erfindungen der vergangenen zwei Jahrhunderte


Das Buch ist denkbar einfach strukturiert: Am Beginn findet sich ein dreiseitiges Vorwort, in welchem der Autor kurz über Erfindungen und Patente reflektiert und Grundsätzliches zum Buch erläutert. So erfährt der Leser, dass das Werk insgesamt 133 "bedeutende oder zumindest interessante Erfindungen des 19. und 20. Jahrhunderts" enthält. Sie sind in chronologischer Reihenfolge dargestellt. Ein Urteil darüber, was davon bedeutend und was bloß interessant ist, kann getrost dem Leser überlassen werden.

Seine hehren Wünsche äußert van Dulken gegen Ende des Vorwortes, wenn der schreibt: "Ich hoffe, dass dieses Buch seinen Lesern viel Vergnügen bereiten und zu ein wenig mehr Bildung verhelfen wird." Diese schönen Worte klingen - zumindest für mich - ein bisschen herablassend und sind, so mag ich an hier unterstellen, wohl durch eine unpräzise Übersetzung zustande gekommen.

Brauchbar und nützlich ist wiederum der Hinweis für besonders Interessierte, dass sich im Abschnitt "Weiterführende Literatur" am Ende des Buches Quellenangaben zum vertiefenden Studium finden.

Hat man nun das Vorwort hinter sich gebracht, kann man frohen Mutes mit dem Erwerb von "ein wenig mehr Bildung" loslegen. Den Anfang macht der Telegraf. An diesem soll exemplarisch der darstellerische Aufbau jeder der 133 enthaltenen Episoden erläutert werden.
Jede Erfindung nimmt genau eine Doppelseite in Anspruch. Die linke Seite enthält eine Grafik oder einen Text, meist aus dem Originalpatent. Der eigentliche Text auf der rechten Seite erstreckt sich über jeweils zwei Spalten. Begonnen wird immer mit der Person des Erfinders oder der Erfinder, Herkunftsort der Erfinder und der dazugehörigen Patentnummer samt Datum der Anmeldung.
Wer heitere Anekdoten aus dem Leben der Erfinder erwartet, wird in den meisten Fällen enttäuscht. Dies erscheint auch nicht verwunderlich, kann man doch bei 133 Erfindungen nicht erwarten, dass sie alle unter unterhaltsamen Umständen gemacht worden sind. Meist ist es einfach so, dass jemand über ein Problem grübelte und schließlich eine Lösung fand, welche dann auch patentiert wurde. Die einseitigen Texte können als sachlich und nüchtern beschrieben werden. Van Dulken stellt zuerst den Erfinder in wenigen Sätzen kurz vor und schildert die Ausgangssituation. Dann folgt eine Darstellung der Umstände der Erfindung und deren Auswirkungen. Meistens finden sich auch kurze Hinweise auf themenverwandte Erfindungen oder Personen. So ergibt sich insgesamt eine große Informationsdichte in dem nur einseitigen Aufsatz.
Zur Orientierung sei an dieser Stelle noch eine demonstrative Auflistung einiger im Buch enthaltener Erfindungen angeführt:
Telegraf, Fotografie, Nähmaschine, Dampflokomotive, Sicherheitsnadel, Dynamit, Blue Jeans, Verbrennungsmotor, Automobil, elektrische Glühbirne, Aspirin, Dübel, Fernsehen, Computer, Post-it Notes, Mobiltelefon, Panzer, automatisches Maschinengewehr.

Besonders erwähnen möchte ich auch einige eher wenig alltagstaugliche Kreationen, wie die Grüßvorrichtung. "Diese Erfindung bezieht sich auf eine neue Vorrichtung zur automatischen Hervorrufung höflicher Begrüßungen, indem dazu der Hut auf dem Kopf des Grüßenden angehoben und gedreht wird, wenn die besagte Person sich vor der zu grüßenden Person oder den zu grüßenden Personen verbeugt, wobei der Antrieb des Hutes durch einen in ihm angebrachten Mechanismus in Gang gesetzt wird, ohne dass dazu in irgendeiner Weise die Hände benutzt werden müssen." Wer hat sich so etwas noch nicht gewünscht?

Auch der Schnurrbartschützer und -former erfreut sich in heutiger Zeit nicht mehr allzu großer Beliebtheit. Weit mehr gefragt ist da nach wie vor das Besetztzeichen für das WC.

Insgesamt handelt es sich also um eine umfangreiche Sammlung von teils nützlichen, wichtigen, gefährlichen aber skurrilen Erfindungen. Wenigstens den Panzer von Günther Burstyn aus Korneuburg können wir Österreicher vorweisen, worauf man aber, angesichts des kriegerischen Zwecks der Erfindung, auch nur bedingt stolz sein kann.

"Ideen, die Geschichte machten" von Stephen van Dulken ist ein empfehlenswertes Buch. Die kurzen Episoden können unabhängig voneinander gelesen werden, und manchem soll es ja Spaß bereiten, in geselliger Runde mit neuem Wissen aufzutrumpfen. Mir hat es jedenfalls gefallen, und ein bisschen mehr gebildet bin ich nun vielleicht auch.

(MagMaMa; 10/2004)


Stephen van Dulken: "Ideen, die Geschichte machten. Das große Buch der Erfindungen"
Aus dem Englischen von Andreas Venzke.
Patmos, 2004. 288 Seiten, mit 150 Schwarzweiß-Abbildungen.
ISBN 3-538-07187-X.
ca. EUR 30,80.
Buch bei amazon.de bestellen

Stephen van Dulken ist Experte für Patentinformationen in der Britischen Nationalbibliothek in London und Verfasser zahlreicher Bücher zum Thema Patent und Erfindungen der vergangenen Jahrhunderte.