Gerd Eidam: "Faustens Kind"
Aus dem Leben des Martin Langer
Ein
überaus spannendes Netz aus Dichtung und Wahrheit
Gerd Eidam entstammt einer alten Künstler- und Juristenfamilie
und
arbeitet seit 30 Jahren als
Rechtsanwalt. Neben zahlreichen juristischen Publikationen ist dies
sein zweites belletristisches Werk, das auf den Spuren Goethes wandelt,
dem er sich privat sehr verbunden fühlt.
Auf dem Titel prangt ein Ausschnitt des berühmten
Gemäldes, das Goethe vor einer fiktiven
italienischen
Landschaft zeigt, um an
dessen reale Italienreise
zu erinnern. Der Klappentext konfrontiert den Leser mit einem
rätselhaften Brief, der von Goethe stammen könnte.
Und dann geht es
noch um die geplante Fusion zweier Versicherungen, um
Rauschgifthändler, und um einen Martin Langer, um den herum in
kurzer
Zeit Ehe und Job zu Bruch gehen. Außerdem, offenbart der
Klappentext
weiter, sei der Autor Jurist. Also stellt man sich darauf ein, in die
Abgründe der Gattung Mensch eingeführt zu werden. Und
das tut er den
auch, der Autor. Bei Romanen sollte man ja nicht zu viel verraten. So
wollen wir denn auch nur den Zipfel der Decke anheben und den
Protagonisten ein wenig in seiner Szenerie beleuchten, im
Frühjahr 1998
in Frankfurt und Gelnhausen.
Der Endvierziger, Jurist Martin Langer lebt mit Ehefrau und Sohn in
Gelnhausen in der Nähe von Frankfurt. Er ist verheiratet,
arbeitet in
der Schadensabteilung einer Frankfurter Versicherung und pflegt einen
dienstäglichen Stammtisch mit ebenfalls arrivierten
Jugendfreunden:
oberer Mittelstand in einer idyllischen Kleinstadt, von jedermann
geachtet. Mitten in dieser scheinbare (wie sich
herausstellen wird) Idylle lässt der Autor quasi aus heiterem
Himmel
ein tüchtiges Unwetter entstehen. Denn ein am Ostersamstag in
einer
überregionalen Frankfurter Zeitung veröffentlichtes
Prosagedicht
scheint den Anlass dafür zu bieten, dass der Protagonist
nacheinander
Ehefrau, Sohn, Job und Wohnung
verliert. Doch für Ehefrau und Wohnung findet sich recht
schnell Ersatz.
Ein Zufall bringt ihn nun in ein Straßburger Antiquariat, wo
er ein
altes Büchlein erwirbt. In dessen Rücken findet sich
ein Brief, der von
Goethe stammen könnte und ein brisantes Detail dessen Jugend
enthüllen
würde, sofern der Brief denn echt sein sollte. Nun begibt sich
Martin
Langer auf die
turbulente
Suche nach der
Wahrheit.
Ist der Brief von Goethe? Wie sind die Andeutungen zu verstehen? Lassen
sich in seinen Werken und seiner Korrespondenz vielleicht sogar
Hinweise darauf finden? Hat Goethe vielleicht deshalb Teile seiner
Korrespondenz vernichtet, um seine Biografie aufzupolieren?
So spinnt denn der Autor ein geschicktes Netz um die vielen kursiv
gesetzten "echten" Goethe-Zitate herum und lässt am Ende doch
die Frage
offen, ob denn Goethe tatsächlich
...
Apropos Goethe. Seine Straßburger Zeit mit der Ses(s)enheimer
Episode
rund um Fri(e)derike Brion wird ausführlich
gewürdigt, aber auch
spätere biografische Details. Zitate
aus Faust I
und II werden präsentiert. Und wer sich das Buch auch wegen
Goethe
kauft, kann sicherlich damit leben, dass
praktisch jede Figur des Romans kontextsensitiv (!) aus dem Werk des
Meisters zitieren kann. Nicht, dass bei Erwähnung von Goethe
eine
persönlicher Favorit zitiert wird, man fördert
vielmehr aus dem
Stehgreif den situativen Goethe zu Tage. Der Gelnhausener Stammtisch
nimmt es hinsichtlich Goethe und
Grimmelshausen auch mit jedem Germanistenzirkel auf.
Fazit:
Faustens Kind ist eine spannende Kriminalgeschichte, die spielerisch
noch etwas Kulturwissen
transportiert.
(Klaus Prinz; 04/2005)
Gerd
Eidam: "Faustens Kind"
Anderbeck, 2005. 516 Seiten.
ISBN 3-937751-11-4.
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Dr.
Gerd Eidam lebt und arbeitet
als Rechtsanwalt in Burgwedel. Er hat zahlreiche Bücher und
Aufsätze zu Themen
des Unternehmensstraf-, Versicherungs- und Nachbarrechts
veröffentlicht. Nach
"Faustens Kind" (1999) stellte er mit "Straßenköter"
den
zweiten Band der Langer-Triologie vor:
"Strassenköter"
Schauplätze dieses spannenden und doch auch nachdenklich
stimmenden Romans sind
der Großraum Frankfurt/Main sowie Moskau und Fuerteventura.
Der
Goethe-Liebhaber Martin Langer arbeitet als Schadenchef bei den Blue
Bird
Versicherungen, zugleich aber auch als Anwalt in seiner Heimatstadt
Gelnhausen.
Zunächst unbemerkt kommt es zunehmend zu
Berührungspunkten zwischen diesen
beiden Tätigkeitsfeldern. Welche persönlichen
Interessen besitzt der neue
Aufsichtsratsvorsitzende von Wiesjens bei den Fusionsbestrebungen
seiner
Gesellschaft, was treibt die Vorstandsmitglieder, diese zu
unterstützen? Welche
Rolle spielt die Baufirma des neuen Ehemannes der geschiedenen Frau
Langers in
den Ermittlungen zu Preisabsprachen? Was veranlasst einen
Kant-Liebhaber, zu
einem sadistischen Killer zu mutieren und ein Verhältnis mit
Langers Ex
einzugehen? Ist es Mannstollheit oder kühle
Überlegung, die diese dazu treibt,
sich gleichzeitig mit dem Staatsanwalt einzulassen, der gegen das
Bauunternehmen
ihres neuen Ehemannes wegen Submissionsbetrug ermittelt? Gelingt es der
Tschetschenen-Mafia erneut ihren Platz auf dem heiß
umkämpften
Drogenumschlagplatz von Frankfurt/Main zurückzugewinnen? Wer
findet das
Versteck der mehr als 30 Mio. DM, welche die tschetschenische
Rauschgiftmafia für
sich beansprucht? Und welche Rolle spielt letztlich dabei der
lebensgroße Hahn
des greisen Künstlers Florian Vetter?
Das Buch gibt nicht nur Antwort auf diese Fragen, sondern spiegelt auch
gesellschaftliche Verhältnisse wider: Jeder ist sich selbst
der Nächste.
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