Choga Regina Egbeme: "Hinter goldenen Gittern"
Geschichten
von Frauen, die "nach auswärts" heirateten und damit böse auf die Nase fielen,
sind seit Betty Mahmoudis "Nicht ohne meine Tochter" ein ständiger Bestandteil
der Sommerliteratur, und bei der Häufigkeit dieser Art von Leidensgeschichten
und auch der Häufigkeit ihrer Verfilmungen fragt man sich doch relativ regelmäßig,
warum es immer noch Frauen gibt, die so etwas machen. Seit der "Weißen Massai"
habe ich das Gefühl, dass es hierbei einen irgendwie gearteten psychologischen
Defekt geben muss.
Dieses Buch
ist allerdings etwas anders. Es wurde nicht von der heiratenden Frau geschrieben,
die mit 42 Jahren als die 33. Frau in den Harem eines Afrikaners einheiratete
und dort anscheinend ziemlich glücklich wurde - was sehr mit der Weltoffenheit
und dem Verständnis ihres Mannes zu tun hatte, sondern von ihrer Tochter, die
in diesem Harem ebenfalls sehr glücklich aufwuchs und ihre Halbgeschwister aus
Deutschland erst wesentlich später kennen lernte. Sie wächst als wohl behütete
Tochter vieler Mütter auf und erst als sie mit sechzehn Jahren zwangsverheiratet
werden muss, bricht eine Welt für sie zusammen, denn ihr neuer Herr hat sehr
eigene und sehr rabiate Vorstellungen vom
Eheleben.
Mit Hilfe ihrer Mutter gelingt ihr die Flucht, und sie darf eine etwas abseits
gelegene Farm ihres Vaters mit den anderen Frauen bewirtschaften, was überaus
gut gelingt, bis der Vater sehr krank wird und schließlich stirbt und der geschmähte
Exmann von Choga zum Haupterben eingesetzt wird. Danach - und besonders nach
dem Tod ihrer Mutter - wird das Leben für Choga
zur Hölle, der sie sich nur
unter großen Anstrengungen entziehen kann.
Dieser Roman
gibt eine sehr andere Sicht des Lebens in einem Harem als man es aus der sonst
eher erotisierend angehauchten
Literatur zu diesem Thema gewöhnt ist und zeigt, wie und wo diese Praxis
des Zusammenlebens auch heute noch praktiziert wird. Dabei fehlt es dem Buch ganz
an einem didaktisch feministisch erhobenen Zeigefinger, da für die Autorin dieses
Leben durch ihre eigenen Lebensumstände der Normalzustand gewesen ist, was erst
durch die Brechung durch das Denken der Leserin oder des Lesers wieder in Frage
gestellt wird. Als Mann stellt man sich unwillkürlich die Frage, wie das Leben
eines Mannes in einer rein matriarchalischen Gesellschaft unter diesen Vorzeichen
aussehen würde und wie sich eine männliche Psyche unter diesen Umständen entwickeln
würde. Ein durchaus nachdenklich stimmendes Buch, das man vielleicht nicht so
ohne Weiteres in die oben kritisierte Art der Frauenliteratur einordnen sollte.
(K. -G. Beck; 08/2002)
Choga Regina Egbeme: "Hinter
goldenen Gittern"
Taschenbuch:
Ullstein, 2001. 255 Seiten.
ISBN
3-548-36304-0.
ca. EUR 7,95.
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