Claudia Seifert: "Wenn du lächelst, bist du schöner!"
Kindheit in den 50er und 60er Jahren
"Die Ärmel aufkrempeln und zupacken"
hieß das Rezept, das letztendlich den grandiosen Wirtschaftsaufschwung eines in
Trümmern liegenden Landes ermöglichte. Es war die Zeit des Auf- und Umbruchs,
eine Zeit des Wandels, in der Altes und Neues lange parallel existierten. Das
Leben, das anfänglich hauptsächlich in Behelfswohnungen stattfindet, entwickelt
sich durch intensive Aufbauarbeit und technischen Fortschritt immer mehr
Richtung Wohlstand. Doch vorerst wurde alles der Gier nach Normalität
untergeordnet, und der Glaube an Fortschritt und kommenden Wohlstand hielt die
Menschen aufrecht und bei Laune. Neue Geräte wurden zu Objekten der Begierde, und
die aufkommende Werbung weckte ungeahnte Sehnsüchte.
So fortschrittlich
die Zeit auch gerne dargestellt wird, in vielen weiblichen Belangen war sie
rückschrittlich und einschränkend. Mit der Rückkehr der Männer verschwand das
Bild jener eigenständiger Frauen, die die Nachkriegszeit geprägt hatten.
Plötzlich war ein Zusammenleben ohne Trauschein wieder unmöglich geworden. Die
alten Moral- und Rollenvorstellungen kehrten zurück. Frauen gaben ihre
erworbenen Kompetenzen und Rechte erneut an die Männer ab, und die
Ehe wurde zum
ersehnten Lebensentwurf hochstilisiert.
Die perfekte Ehefrau und Mutter zeichnete sich durch einen tadellos geführten
Haushalt und artige Kinder aus. Im Osten kam noch die Berufstätigkeit dazu.
Die Frauen kehrten an den Herd zurück, bepflanzten die
Gärten
mit Kohl und
Kartoffeln und übertrugen all ihre Hoffnungen und Erwartungen auf
den Nachwuchs. Frauen und Mädchen waren zu nützlichen Menschen geworden, Männer
und Burschen hingegen zählten zu der Garde der Wertvollen.
Claudia Seifert gibt in diesem herrlichen Buch einer
Vielzahl von Frauen die Möglichkeit, über ihr Kindsein in dieser schwierigen
Zeit zu berichten. Persönliche Geschichten erzählen von der Mühsal der
Hausarbeit, den Folgen des Krieges, die überall präsent waren, und der
Unfähigkeit der Menschen, darüber zu sprechen. Immer wieder sind die bedrückende
Enge und die Selbstverständlichkeit, mit der Kinder Arbeiten
übernehmen mussten, Thema. Das Leben und jeder Moment darin waren einem Ziel gewidmet,
und Spielen mit Kindern zählte zur Kategorie "Zeitverschwendung".
Die
präzisen Begleittexte von Claudia Seifert runden den Inhalt ab und bieten eine
Reihe von Fakten, die insgesamt zu einem unsentimentalen Blick auf eine Kindheit
in den 1950er- und 60er-Jahren einladen.
(Margarete)
Claudia Seifert: "Wenn du lächelst, bist
du schöner!
Kindheit in den 50er und 60er Jahren"
dtv, 2011. 256 Seiten, mit
zahlreichen Abbildungen.
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