Peter Danzinger: "Die alphabetische Thalia"

Alles (oder fast alles) rund ums Theater von A - Z


Da es sich bei Thalia, der Muse der Komödie, um eine ausgesprochen chaotische, rührige und erfinderische Person handelt, sind im Lauf der Zeit zur Haupterfindung vielerlei Einrichtungen, Dinge, Tätigkeiten, Berufe und sonstige Blüten hinzugekommen, um in ihrem Ensemble die sogenannte schillernde Welt des Theaters auszumachen. Dank gebührt daher dem berufenen Mann, der sich anheischig machte, Klarheit in die entstandene Requisitenverwirrung zu bringen, mit Hartnäckigkeit und Akribie die bunte Theatervielfalt lexikalisch zu erfassen und zu verarbeiten. Da es zum einen schon etliche Theaterlexika gibt, sich Begriffe und Bewertungen zudem rasch ändern und dem Theater insgesamt bekanntlich ein überaus spielerisches Element eigen ist, wird von Peter Danzinger denn auch ein entsprechend spielerisches Werk vorgelegt.

Zu einigen hundert Begriffen von "Ab", womit das Abservieren einer Bühnenfigur gemeint ist, bis "Zwischenspiel" werden vom Autor je ein paar prägnante Sätze geschrieben, eine wie es sich gehört umfangreichere Zugabe und einige stimmungsvolle Schwarz-Weiß-Fotos runden das Ganze ab. Unter den besprochenen Schlüsselwörtern befinden sich engstens mit dem Theater verbundene ebenso wie solche, die damit nicht ohne weiteres in Verbindung stehen ("Diskussion", "Erfolg", "Langeweile", "Natur", "Originell" - um nur beliebige fünfe aus der Vielzahl zu nennen), vom Autor aber in eine solche gebracht werden, indem er auf saloppe wie humoristische Art deren Bezug zum, Bedeutung im Theaterleben herausstreicht. Sein Zugang ist dabei in keiner Weise wissenschaftlich, obwohl man auch der einen oder anderen echten Information teilhaftig wird, sondern der eines Mannes, der selbst fürs Theater schreibt und daher sozusagen zu den persönlich Betroffenen zählt. Es werden andererseits auch keine allzupersönlichen Anekdoten erzählt, vielmehr fließen die freud- und leidvollen Erfahrungen, die der Autor mit den verschiedensten Bereichen des Theaters gemacht hat, ständig als bewusst subjektive Wertung, kleine Provokation und legere Wendung in die Beschreibungen mit ein. Den besonderen Reiz und Charakter erhält das Buch durch den originellen trockenen Humor des Autors, welcher das Schmökern in dem Lexikon (mehr Lesebuch als Nachschlagwerk, wie es im Vorwort heißt) zu einem kurzweiligen Vergnügen macht, sofern man sich nicht an ebendiesem Humor und der einen oder anderen ironischen Abgründigkeit stößt. Wo nicht, ist "Die alphabetische Thalia" eine genussvolle Lektüre und sicherlich auch nette Geschenksidee, die besonders Theaterleute zu oftmaligem belustigten oder erschauernden Nicken bringen wird, und sonstigen Theaterfreunden neben einigem Amusement und Schnappschüssen hinter die Kulissen Lust auf den nächsten Theaterbesuch. Für jetzt aber fällt der

Vorhang

Vorhang steht am Ende eines Stücks und bedeutet, dass er nun zu fallen hat. Das tut er aber nicht immer, oft geht auch einfach nur das Licht aus. Und es muss zumindest das Licht ausgehen, damit die Zuschauer wissen, dass sie jetzt klatschen dürfen, können oder sollen. Der Vorhang ist als Applauszeichen ein wenig aus der Mode gekommen. Das hat aber auch rein praktische Gründe, denn so ein Bühnenvorhang ist recht dick und wie es sich für einen Vorhang gehört, auch in Falten gelegt. Jetzt kennen Sie das sicher von zu Hause: Sie wollen das Fenster aufmachen und müssen dazu erst einmal den Vorhang wegschieben. Sie suchen also den Spalt, der die beiden Vorhanghälften trennt, suchen, aber finden ihn nicht, zumindest nicht gleich. Und so ähnlich ist es auch am Theater. Es soll sogar vorgekommen sein, dass die Zuschauer nur dem beleuchteten Vorhang applaudierten, weil die Schauspieler nicht herausgefunden haben. Bei der nächsten Aufführung wurde es dann einfach dunkel.

(fritz; 10/04)


Peter Danzinger: "Die alphabetische Thalia
Alles (oder fast alles) rund ums Theater von A - Z"
Literaturverlag LUFTSCHACHT
326 Seiten
ISBN: 3902373075
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