Rita Mae Brown: "Böse Zungen"
Durch die Jahrzehnte hindurch schlagen und vertragen sich Louise und Julia Ellen (Juts) Hunsenmeir. Um sie und den gesamten Mikrokosmos des Städtchens Runnymede irgendwo in den USA dreht sich die mittlerweile dreibändige Reihe von Rita Mae Brown. Den Anfang machte 1987 "Jacke wie Hose" ("Six of One"), dann folgte bereits 1988 "Bingo" (dito) und nun endlich erschien der langersehnte Nachfolger "Böse Zungen" ("Loose Lips", 1999) auch in Deutschland.
Während "Jacke wie Hose" episodenhaft das Leben der Schwestern beleuchtet und "Bingo" sieben Jahre später wieder anknüpft, richtet "Böse Zungen" nun den Fokus auf die 1940er und 1950er Jahre. Dieser Teil der Familiensaga beginnt mit der Zerstörung des Drugstore-Interieurs. Schuld sind natürlich die Hunsenmeir-Sisters mit einem leicht eskalierten Streit. So eröffnen die beiden kurzerhand den Friseursalon Curl'nTwirl um ihre Schulden abzuzahlen, denn was liegt auch näher, um der Klatschzentrale des Ortes möglichst nahe zu kommen?!
Die wildesten Ereignisse passieren allerdings in der Familie selbst: Der verschwundene Vater Hunsenmeir taucht überraschend wieder auf, Louises Tochter Mary heiratet einen - in den Augen der Mutter - nichtsnutzigen Kerl, Juts Ehemann Chessy geht fremd, und Juts kommt erst wieder zu sich durch die Adoption einer Tochter - sehr zum Unwillen ihrer Schwiegermutter.
Neu sind diese Geschichten größtenteils nicht, denn wer die vorhergehenden Bände gelesen hat, kennt auch das Grundgerüst dieses Buches. Es werden jedoch noch viele bislang unbekannte Hintergründe aufgezeigt und einige neue Figuren eingeführt. Hier liegt allerdings schon ganz klar die Schwäche des Buches, denn es gibt diverse Unstimmigkeiten mit der bisherigen Version der Geschichte. Beispielsweise lebt Juts' Schwiegervater hier noch, obwohl er in Bingo schon längst unter den Toten weilt.
Unschön ist auch die Abwechslung von detaillierter Erzählung und plötzlichen, völlig unmotivierten Zeitsprüngen, die wirken, als wäre der Autorin zwischenzeitlich der Stoff ausgegangen.
Solche Kleinigkeiten trüben schnell den Lesespaß, zumindest dann, wenn man aus lauter Vorfreude die zwei alten Bücher vorher noch schnell einmal durchliest und so (im Gegensatz zur Autorin ...) alles noch frisch im Gedächtnis hat.
Rita Mae Browns Schreibstil ist hier wie immer luftig leicht und amüsant, jedoch weniger pointiert als in "Jacke wie Hose". Genau richtig für einen verregneten Sonntag. Natürlich ist auch dieses Buch, wie die vorherigen Romane, genauso für sich allein verständlich, da angesprochene Episoden der früheren Bände kurz erzählt werden. Jedoch mag es schöner sein, liebgewonnene Charaktere wiederzutreffen, denn diese sind hier wieder wirklich gut gelungen: Alle auftretenden Personen sind irgendwie verrückt und schrullig, aber doch liebenswert.
Mein Rat ist also: Lest "Jacke wie Hose", das ist wirklich witzig, und wenn Ihr dann noch mehr wollt, lest eins von den folgenden, das reicht völlig.
(Annika Burchard)
Rita Mae Brown: "Böse Zungen"
Gebundene
Ausgabe:
Rowohlt, 2001. 511 Seiten.
ISBN 3-4980-0599-5.
ca. EUR 22,90.
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Taschenbuch:
Rowohlt,
2002. 512 Seiten.
ISBN 3-4992-3276-6.
ca. EUR 8,90.
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"Bingo"
Taschenbuch:
Rowohlt,
2000. 412 Seiten.
ISBN 3-4992-2801-7.
ca. EUR 8,50.
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"Jacke wie Hose"
Taschenbuch:
Rowohlt,
1987.
ISBN 3-4991-2195-6.
ca. EUR 8,90.
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