Nina Blazon: "Im Banne des Fluchträgers"
Der junge Ravin will seinen Bruder retten. Der hat einen merkwürdigen Stein gefunden - und seitdem liegt er im Koma und umklammert den Stein. Will man ihn ihm aus der Hand nehmen, hört er auf zu atmen.
Ravin reitet zur Königin von Tjärg. Sein Bruder Jolon ist selbst ein Heiler und hat einmal den Vater der Königin vom roten Fieber gerettet. Vielleicht wissen die Magier der Königin Rat? Doch auch die können ihm nur sagen, dass sein Bruder einen Fluchträger berührt hat und dagegen sind auch sie machtlos. Laios, einer der Magier, erwähnt eine Heilerin in Skardis, die ein Heilwasser habe, das sogar Tote wieder erwecken könne. Ravin macht sich auf, das Heilwasser zu suchen, obwohl über Skardis die wildesten Gerüchte in Umlauf sind, die Raubtiere seien dort doppelt so groß, die Pferde hätten Reißzähne und Menschen würden wegen ein paar Kristallen bedenkenlos umgebracht.
Ravin will trotzdem dorthin. Es ist die letzte Hoffnung für seinen Bruder. Und Laios gibt ihm seinen Lehrling Darian mit. Die Zeiten sind unruhig. Die Hallgespenster sind überall, die Stürme werden schlimmer und die Herden haben sich ins Gebirge zurückgezogen.
Auf ihrer Reise finden die Beiden nicht das erhoffte Wasser, dafür aber eine Armee von Erloschenen, die...
Zunächst begann das Buch für mich enttäuschend. Die üblichen Fantasy-Verdächtigen tauchen auf, Heiler mit salbungsvollen Sprüchen, eine edle Königin, eine Geschichte, die sich mir nicht erschließen wollte, weil sie beliebig schien, und endlose Adjektive und Klischee-Formulierungen, die mich aus dem Text warfen. Ich wollte das Buch zur Seite legen.
Gott sei Dank habe ich es nicht getan. Denn nach etwa vierzig Seiten fängt die Geschichte an, spannend zu werden und bleibt es bis zum Schluss. Die Beliebigkeit der Beschreibungen wird durch innere Logik ersetzt, die Adjektive werden weniger und auch die kolportagehaften Formulierungen verlieren sich, wenn auch nicht ganz. Gibt es wirklich nur Tränen, die die Backen hinabrinnen, um Wut oder Trauer zu zeigen? Nichts gegen Männer, die weinen können, aber dreimal auf zwei Seiten ist doch ein wenig zu viel des Guten.
Doch wie gesagt, nach den ersten vierzig Seiten gibt es immer weniger derartige Ausrutscher, das Buch nimmt einen gefangen und weiß sich auch dem gängigen Zwergen-Ork-Elfen-Tolkien-Verschnitt zu entziehen. Jetzt stimmen die Personen, die Handlung und das Umfeld. Jetzt hätte ich das Buch um keinen Preis weglegen mögen. Unklar bleibt mir, warum die Schwächen am Anfang nicht durch ein Lektorat beseitigt wurden, das wäre meiner Meinung nach sehr einfach gewesen.
Fazit: Eine spannende, originelle Fantasysaga mit Schwächen zu Beginn. Gleichermaßen für Kinder ab zehn wie auch für Erwachsene geeignet.
Über die Autorin: Nina Blazon wurde 1969 in Koper/Kroatien geboren und studierte in Würzburg Slavistik und Germanistik. Während des Studiums begann sie Theaterstücke und Kurzgeschichten zu schreiben, 2003 gewann sie mit dem Fantasy-Jugendroman "Im Bann des Fluchträgers" den Wolfgang-Hohlbein-Preis, 2004 den deutschen Phantastik-Preis, Kategorie "Debüt National". Sie lebt als Journalistin, Übersetzerin und Werbetexterin in Stuttgart. Mittlerweile ist ein Folgeband des Fluchträgers erschienen.
(Hans Peter Röntgen; 12/2004)
Nina Blazon: "Im
Banne des Fluchträgers"
Ueberreuter 2003
441 Seiten, ISBN: 3800050617
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Ergänzende Literaturempfehlung:
Nina Blazon: "Im Labyrinth der alten Könige"
Während der großen Magierversammlung
in Lom stirbt der Zauberer Darian Danalonn unter rätselhaften Umständen. Sein
Schüler Julin, die Halbworan Haliz und Fenja die Jägerin glauben an einen Mord
und beschließen auf eigene Faust zu ermitteln. Die Spur führt sie in die Lomer
Silberminen, die letzte Ruhestätte der Worankönige von einst. Tief unter der
Erde stoßen sie schließlich auf ein schreckliches Geheimnis: Skrupellose
Magier
haben die alten Könige für ihre Zwecke zum Leben erweckt. Doch die Woran dienen
keinem Herrn, ihre Macht ist gewaltig und todbringend.
Ueberreuter 2004
ISBN: 3800051079
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