Esmahan Aykol: "Hotel Bosporus"
Der Winter ist vorbei und schon steigen die Temperaturen an, sodass man kaum von einem Frühling sprechen kann. Der Sommer ist also bereits in Istanbul eingezogen und Kati Hirschel genießt das Leben in dieser Stadt.
Kati Hanim - Hanim ist die türkische
Bezeichnung für Frau und wird oft einfach dem Vornamen angehängt - ist eigentlich
eine Deutsche. Sie lebte zwar mit ihren Eltern die ersten sieben Jahre ihres
Lebens in dieser Stadt, zog dann aber mit ihnen
nach
Berlin. Als sie vor dreizehn Jahren eine Freundin besuchte, da blieb sie
einfach, weil ihr die Stadt so gut gefiel, weil sie nirgendwo anders leben wollte
als in dieser Stadt.
Kati Hanim ist Anfang vierzig und besitzt einen Buchladen, einen
Buchladen alleine für Kriminalromane. Und das Geschäft geht gut, sie hat bereits
eine zuverlässige Hilfskraft aufgenommen. Sie hat auch ihre Freunde: Lale, die
Chefredakteurin bei der Zeitung Günebaken, und Yilmaz, der in der Werbebranche
arbeitet, und mit dem sie sich samstags morgens im Café trifft, und der ihr die
neuesten Klatschgeschichten berichtet.
Eines Tages läutet das Telefon. Es
ist Petra Vogel, eine Jugendfreundin Katis aus Deutschland, die inzwischen eine
berühmte Schauspielerin geworden ist, und von der sie seit vielen Jahren nichts
mehr gehört hat. Seit der Schulzeit hatten sie kaum mehr Kontakt, und so gut
verstanden sie sich dann auch nicht mehr.
Aber jetzt ruft Petra Kati an, die
berühmte Petra Vogel erinnert sich an ihre alte Freundin und meldet sich bei ihr
in Istanbul. Petra komme in die Stadt am Bosporus, sie drehe einen Film. Es
würde sie freuen, wenn sie sich treffen könnten. Kati Hanim ist gerührt und
aufgeregt. Ihre berühmte Freundin hat sich an sie erinnert und kommt sie nun
besuchen.
Na ja, nicht einfach so. Sie kommt ja in erster Linie, um diesen
Film zu drehen. Aber immerhin hat sie angerufen. Den ersten Abend verbringen die
Freundinnen gemeinsam auf dem Balkon der Luxussuite im Hotel Bosporus, in dem
Petra einquartiert wurde. Kati Hanim lernt an diesem Abend, dass auch das Leben
berühmter Schauspieler kein Honiglecken ist. Im Gegenteil. Gescheiterte
Beziehungen und eine vermutete Entführung und Ermordung nach einem Missbrauch
Petras Sohnes sind die Tiefen eines gar nicht so schönen Lebens.
Nach
diesem Abend schläft Kati schlecht und wacht mit Migräne auf. Als sie ihre
Freundin Petra im Hotel anrufen will, hebt ein Mann ab. Es handelt sich um einen
Polizisten, denn der Regisseur des Filmteams wurde in der Nacht ermordet, mit
einem Haartrockner.
Kati Hanim, als Verkäuferin von Kriminalromanen, beginnt
nun auf eigene Faust Nachforschungen anzustellen, als Detektivin in eigener
Sache sozusagen, um die Hauptverdächtige, Petra Vogel, womöglich zu entlasten.
Dabei treten plötzlich attraktive Männer in ihr Leben, der Kommissar Batuhan,
der in der Uniform deutlich besser aussieht, diese leider nur zu selten anzieht,
der Maffiaboss Mecut, der in seiner luxuriösen Villa am Bosporus wohnt, und
Selim, der Anwalt.
Die Autorin führt Kati Hanim durch Istanbul, durch die
Restaurants, Cafés und Kebab-Läden, sie lässt sie rauchen, nach den so seltenen
Parkplätzen Ausschau halten. Kati nützt ihre Kontakte, um hinter die Motive des
Mordes zu kommen. Und mehr durch Zufall erfährt sie die abscheuliche Wahrheit,
die dahintersteht.
Die Autorin Esmahan Aykol wurde 1970 in Edirne in der
Türkei geboren. Sie studierte Jura und arbeitete während des Studiums als
Journalistin für verschiedene türkische Zeitungen. Sie eröffnete mit einer
Freundin eine Bar, die jedoch bald pleite ging. "Hotel Bosporus" ist ihr erster
Roman, der 2001 unter dem Originaltitel "Kitapçi Dükkâni" in Istanbul erschien.
In humorvoller und legerer Art, die etwa an Joy Fieldings "chokolade
zum Frühstück" erinnert, beschreibt sie die Abenteuer ihrer Titelheldin. Dabei
zeigt sie sowohl die große Liebe, die sie für Istanbul empfindet, als auch ihre
Abneigung gegen die Politik und Korruption in diesem Land. Aykol, die in
Istanbul und Berlin lebt, schildert auch die Unterschiede zwischen den Deutschen
und den Türken, und bleibt nicht bei Birkenstock und Co stehen. "Hotel Bosporus"
ist ein Buch, das sich leicht lesen und den Leser oft schmunzeln lässt. Esmahan
Aykol versteht es, ihre Sprache zu gebrauchen, macht Lust, Istanbul zu besuchen,
und brachte den Rezensenten dazu, sein Türkisch-Lehrbuch wieder
auszugraben.
(Hans-Peter Oberdorfer; 12/2003)
Esmahan Aykol: "Hotel
Bosporus"
(Originaltitel "Kitapçi Dükkâni")
Aus dem Türkischen von
Carl Koß.
Gebundene Ausgabe:
Diogenes, 2003. 288 Seiten.
ISBN
3-257-06371-7.
ca. EUR 19,90.
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Taschenbuch:
Diogenes, 2004. 288 Seiten.
ISBN
3-257-23443-0.
ca. EUR 8,90.
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