Alexander von Humboldt: "Das Buch der Begegnungen"
Menschen - Kulturen - Geschichten aus den Amerikanischen Tagebüchern
Ein
aufgeklärter Weltenforscher.
Alexander von Humboldts "unbändiger Wunsch nach
Weiten und unbekannten Dingen".
Der Wunsch war unbändig. "Fremde Weltenteile"
besuchen, die fremden Produkte der Tropenwelt in ihrer Heimat sehen,
fremde Kulturen kennenlernen - das war das Ziel des
29-jährigen Alexander von Humboldt, als er 1799 seine
mehrjährige Forschungsexpedition in das "tropische Amerika"
antrat. Die Inseln der Karibik, Mittelamerika, das nördliche
Südamerika wurden bereist, beforscht, beschrieben und
analysiert. Die Fülle an Eindrücken und Material war
überwältigend. Schon zu Beginn der Reise, auf
Teneriffa, musste Humboldt feststellen, dass er so viel gesehen,
empfunden und gefragt habe, dass er jetzt, in der Furcht, vieles aus
dem Gedächtnis zu verlieren, die Materialien nur
flüchtig und ungeordnet niederschreiben wolle. Als er
schließlich 1804 wieder nach Europa zurückkehrte,
brachte er 4000 Seiten Notizen mit, die in den darauffolgenden
Jahrzehnten zu jener stattlichen dreißigbändigen
Ausgabe der "Amerikanischen Reisetagebücher" anwuchsen und
seinen Ruhm als Forschungsreisender nachhaltig begründen
sollten. Eine Auswahl der eindruckvollsten Texte von rund 400 Seiten
wurde nun im "Manesse Verlag" veröffentlicht.
Humboldt war ein Kind der Aufklärung. Neben einer
wissenschaftlichen Ausbildung und beruflichen Erfahrungen im
preußischen Bergamt brachte er viele für den Erfolg
der Expedition unabdingbare Eigenschaften mit: Unbändige
Energie und Wissensdurst, Forschergeist, Abenteuerlust, Offenheit,
Neugier. Und, was auch nicht unwichtig ist, körperliche
Robustheit. Er versteht sich als Universalgelehrter, der durch seine
genauen Beobachtungen alle Aspekte des Lebens, der Natur wie der Kultur
und Gesellschaft erforscht. Er ist Geograf, Biologe, Ethnologe,
Soziologe, Historiker. Mit fotografischer Genauigkeit beschreibt er
sowohl Naturphänomene als auch kulturelle Erscheinungen. Dem
Äußeren der ihm fremden und exotischen Indios, ihren
Gesichtszügen, Statur und Bekleidung, kommt die gleiche
Bedeutung zu wie der Funktionsweise von Dorfgemeinschaften und
Naturbeobachtungen. Die Welt in all ihren Ausformungen ist da, um
erforscht zu werden.
Auch wenn immer wieder die freudvolle Anspannung, erstmals fremden
Boden zu betreten, "die Möglichkeit, wundersame
Tiere und Pflanzengestalten" zu sehen, in allen Texten
spürbar ist, verliert Humboldt nie seine kritische
Beobachtungsgabe und setzt sich differenziert mit der Entdeckung und
Eroberung Amerikas auseinander Er sieht die Missionen, denen weniger an
geistlicher Arbeit als am eigenen Wohlstand liegt. Als "Schande
des Jahrhunderts" brandmarkt er Raubzüge der
Missionare, die, um ihr Dorf zu vergrößern,
Nachbardörfer überfallen, Widerständige
ermorden und die übrigen Menschen rauben. Die Sklaverei ist
ebenfalls ein großes Thema. Er berichtet über
Gräuel und räsonniert über mögliche
Verbesserungen, ohne die Vorstellung von der Existenz von Rassen in
Frage zu stellen.
Immer wieder beschäftigen ihn die Kolonialgesellschaft und
ihre Folgen für die Indios, die er entgegen der
landläufigen Meinung nicht von Natur aus für
müßiggängerisch und faul hält.
Lasst sie die Früchte ihrer Arbeit genießen,
argumentiert er, und sie werden nicht länger
müßiggängerisch sein. Wobei klar sei, dass "jedwede
Politik einer Koloialregierung auf Unmoral"
gegründet ist.
Gleichwohl beklagt er ausführlich seine persönlichen
Erfahrungen. Wie die Entdeckung, dass in den Tropen ein freier Mann,
und wenn er noch so arm ist, nicht mit Geld und Geschenken zu locken
sei, für die Forscher zu arbeiten. "Alles, fast
alles, muß selbst dem eifrigsten, sich stets aufopfernden,
nichts, besonders Geld nicht schonenden Naturforscher der Zufall
zuführen." Mit gespielter Verzweiflung musste er
feststellen: "Der hastige, alles erzwingende, durch hunderte
Kombinationen bestimmte Wille des Europäers ist der ruhigen,
alles vom Zufall erwartenden Gleichmut des Tropenbewohners
schnurstracks entgegengesetzt."
Nächster Punkt der Verzweiflung: die Lüge.
"Das Landvolk kennt kaum anderthalb Tagereisen die Gegend um
seine Hütte. Alles spricht vom Hörensagen. Man
häuft Lüge auf Lüge. Die Mönche,
welche die wunderbarsten, einsamsten, unbekanntesten Gegenden
bewohnen,
haben ein besonderes Privileg zu lügen."
Gerüchte, Geschichten, Mythen, Lügen und
unerträglichen Gleichmut sieht Humboldt. Und kommt zur
Erkenntnis: "Die spanischen Kolonien gleichen in allem der
Unwissenheit und Finsternis des 16. Jahrhunderts."
Was für eine Reise, möchte man mit Humboldt ausrufen!
Ein Land, in dem die Einheimischen vermeinen durch Kauen von Rinde
einen Baum bestimmen zu können, und die den Reisenden um
Jahrhunderte zurückversetzt, in die Zeit der Conquista
und
Kaiser Karls V. "Die Europäer haben in den Tropen
mehr von den Indianern als diese von jenen angenommen." "Für
einen empfindsamen Menschen", so Humboldt, "können
die europäischen Kolonien kein angenehmer Aufenthaltsort sein."
Grundübel sei die Idee der Kolonie selbst, "die
eine unmoralische Vorstellung ist." Die Ämter
gingen nur an "Parvenus und Schmutzfinken", Hass
und Uneinigkeit gedeihen, die Sklaven werden unmenschlich behandelt.
Begegnungen sind das Kernthema seiner Reisetagebücher, wobei
diese weit über Menschen unterschiedlicher Herkunft und
verschiedener Kulturen zu fassen sind. Zu ihnen zählen auch
Pflanzen und Tiere, z.B. Palmen und Jaguare, Gebirge und Gesteine,
Landschaften oberhalb und unterhalb der Erde. Humboldt erfasst die neue
Welt als aufgeklärter Universalgelehrter mit
schriftstellerischen Ambitionen. Er sieht sich der Aufklärung
und einer Wissenschaft verpflichtet, die empirisch begründet,
auf intensiver Feldforschung in den verschiedensten Bereichen von Natur
und Kultur beruht, um so ihre gesellschaftliche Verantwortung zu
entfalten, die ethisch verankert ist und sich der Verbreitung des
Wissens widmet.
Humboldts "Amerikanischen Reisetagebücher" sind ein
kultureller Schatz, der lohnt, mit Interesse, Freude und Genuss
entdeckt zu werden.
Zumal Humboldt Schriften nicht nur seine Reise, sondern auch den
Forschungsprozess widerspiegeln. Die Tagebücher gleichen einer
Werkstatt im besten Sinn. Zufall und Notwendigkeit bestimmen sein
Reisen und Forschen, Genauigkeit und Hingabe seine Ergebnisse. Seine
Beobachtungen zeigen eine Werkstatt des Denkens, aber auch des
Schreibens, wo nichts festgefügt ist, sich aber alles
entwickelt. So charmant Humboldts Denkwerkstätte ist, so
frustrierend ist sie bisweilen für den Leser. Denn man
hüpft von Textinsel zu Textinsel, wie der Herausgeber seine
ausgewählten Texte nennt, die wohl ein Netz ergeben, aber doch
einsam im luftleeren Raum schweben. Wenn der Text nicht selbst Auskunft
gibt, so weiß man weder Ort, noch Zeit, noch
Umstände, die zu diesen Betrachtungen geführt haben.
Eine Übersicht über die Reiseroute, den Zeitablauf
und die Chronologie mit einer Zuordnung der Texte wäre
hilfreich und würde die Textinseln von Anekdoten zu konkreten
Aussagen führen.
Trotzdem. Es lohnt, sich in die Humboldt'sche Welt entführen
zu lassen. Alexander von Humboldt - ein aufgeklärter
Weltreisender, den weder Neugierde noch Energie verlassen. 200 Jahre
nach seiner Expedition bieten uns seine Tagebücher lesenswerte
Studien zu einem vorindustriellen Kolonialismus und eröffnen
uns ein facettenreiches und lebendiges Bild des
südamerikanischen Kontinents zu Beginn des 19. Jahrhunderts.
(Brigitte Lichtenberger-Fenz; 09/2018)
Alexander
von
Humboldt: "Das Buch der Begegnungen.
Menschen - Kulturen - Geschichten aus den Amerikanischen
Tagebüchern"
Herausgegeben und kommentiert von Ottmar Ette.
Manesse, 2018. 416 Seiten, mit Abbildungen.
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Alexander
von Humboldt: "Mein vielbewegtes Leben. Ein biografisches
Porträt präsentiert von Frank Holl"
Aus dem Berliner Studierzimmer und dem preußischen
Beamtenleben auf Expedition in die Welt - rastlos "vielbewegt" war die
Forscherexistenz des Alexander von Humboldt. Verbunden war dies
zeitlebens mit einer republikanischen Gesinnung, mit der Humboldt gegen
Kolonialismus und Unterdrückung eintrat.
Von der Globalität dieses Lebens in Bewegung zehren wir bis
heute - Frank Holl porträtiert es so umfassend und
prächtig bebildert wie nie zuvor.
Im Lauf seines 89-jährigen Lebens bereiste Alexander von
Humboldt die halbe Welt. Er hinterließ und Monumente der
Wissenschaftsgeschichte. Ob Physik,
Zoologie, Botanik, Ethnologie,
Geologie, Mineralogie oder Astronomie - Alexander von Humboldts enormes
Werk umfasste alle bekannten Bereiche der Naturwissenschaft und bildete
die Grundlage neuer Disziplinen.
Der Band ist eine komplett neu gestaltete, völlig
überarbeitete und um 100 Seiten und 70 Abbildungen erweiterte
Neuausgabe des Werkes aus dem Jahr 2009. (Die Andere Bibliothek)
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Alexander
von Humboldt: "Ansichten
der Natur"
Mit wissenschaftlichen Erläuterungen und sechs Farbtafeln nach
Skizzen des Autors.
Humboldts Lieblingsbuch und zugleich sein bisher erfolgreichstes: Mit
den 1808 erstmals erschienenen Ansichten der Natur liefert Humboldt den
Beweis, dass sinnliche Erfahrung der Natur und wissenschaftliche
Erkenntnis kein Widerspruch sein muss. Sein Überblick der Natur im
großen reicht von den Steppen und Wüsten über die Wasserfälle des Orinoco
und den Bau der Vulkane bis hin zum nächtlichen Tierleben im Urwald.
Humboldts Buch hat seine eindringliche Kraft bewahrt.
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Rüdiger Schaper: "Alexander von Humboldt. Der Preuße
und die neuen Welten"
Von Tegel in die Welt und zurück: Humboldt, Preuße
und Entdecker.
"Alexander von Humboldt ist 57 Jahre alt, er ist weltberühmt
und pleite und muss nach Berlin zurück." So beginnt
Rüdiger Schapers Biografie des großen
Universalgelehrten, die einen neuen Blick auf diese welthistorische
Figur gewährt. Denn aus der Perspektive der letzten
Lebensjahrzehnte, die Humboldt, nach seinen Entdeckerjahren in
Übersee, nun weitgehend in der ungeliebten
preußischen Heimat verbringt, lässt Schaper dieses
Forscherleben Revue passieren. Er widmet sich dessen Reisen ebenso wie
seiner schillernden Persönlichkeit und spürt dabei
auch dem preußischen Erbe nach, das ihn zeitlebens begleitet
hat. Und hier, in der preußischen Heimat, zieht Humboldt
Bilanz: Hier wird er Geist und Materie, Natur und Geschichte,
Wissenschaft und Kunst und die eigenen Reiseabenteuer in ein
universelles System überführen. (Siedler)
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H.
Walter Lack: "Alexander von Humboldt und die botanische Erforschung
Amerikas"
Humboldt, der Botaniker: eine einzigartige Sammlung seiner
schönsten Pflanzenillustrationen.
Alexander von Humboldt ist wohl der universellste Forscher, den die
Wissenschaft bis heute hervorgebracht hat. Dass er trotz seiner vielen
Interessen jede einzelne Studie mit unglaublicher Sachkenntnis
durchgeführt hat, beweist nicht zuletzt sein Beitrag zur
Erfassung der lateinamerikanischen Pflanzenwelt.
Zum Jubiläumsjahr anlässlich seines 250. Geburtstags
präsentiert dieser großformatige Prachtband in
aktualisierter Neuausgabe die besten botanischen Illustrationen aus
Humboldts eindrucksvoller Sammlung. Ausgewählt und kommentiert
von dem international renommierten Botaniker H. Walter Lack und in
höchster Qualität reproduziert, gewähren sie
einen spannenden Einblick in den Pflanzenkosmos des amerikanischen
Kontinents und zeugen von der Bedeutung des Ausnahmewissenschaftlers
Humboldt für die Botanik. (Prestel)
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