Petra Hinterthür, Astrid Schillings: "Qi Gong - Der fliegende Kranich"


Die selbstheilende Kraft meditativer Bewegungsübungen

"Qi Gong - Der fliegende Kranich" gilt auf dem deutschsprachigen Sachbuchmarkt zum Thema neben den Werken zum Qigong Yangsheng als eines der Standardwerke zur therapeutisch-vorsorgenden Körperarbeit chinesischer Prägung. Das Fliegende Kranich-Qi-Gong, Hé Xian Zhuan, wurde im Jahr 1980 von Zhao Jin Xiang und dem Arzt Pang He Ming aus verschiedenen Qi-Gong- und Taiji-Elementen entwickelt, nachdem sich Zhao Jin Xiang nach einer langen Auseinandersetzung mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung im Zuge seiner Arbeit selbst medizinisch ausgebildet hatte. In den letzten 28 Jahren sollen etwa 15 Millionen Menschen weltweit Hé Xian Zhuan erlernt haben.

Die beiden Autorinnen haben dieses Qi-Gong in Hongkong und China erlernt und infolge intensiver Arbeit damit auch eine Lehrerlaubnis erhalten, um den Fliegenden Kranich auch außerhalb Chinas bekannt zu machen. Im Jahr 1989 brachten sie gemeinsam die erste Fassung dieses Buches heraus, dessen überarbeitete und erweiterte Ausgabe gegenständlich besprochen wird.
Wie die Autorinnen und die Herausgeber möchte auch der Rezensent an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, dass medizinisch wirksame Formen der Bewegung wie Qigong niemals aus einem Buch gelernt werden können und der Versuch, dies zu tun, sogar zu gesundheitlichen Schädigungen führen kann.

Nach einer Reihe von Vorworten gibt Petra Hinterthür im ersten Teil des Buches eine übersichtliche Einführung in Geschichte und Theorie des Qigong, in deren Verlauf auch auf die Meridiane, das Yin-Yang-Prinzip und die fünf Elemente eingegangen wird. Diese Einführung ist sehr anschaulich gehalten und macht die Materie auch absoluten Laien begreiflich. Und diejenigen, die damit bereits vertraut sind, wissen, dass die Themen aufgrund ihrer Komplexität immer wieder umgewälzt werden müssen. Die Darstellung der Qi-Theorie zum Qi-Lebenszyklus ist eine Variante der Erklärung, der man nicht unbedingt folgen muss, aber die allgemeinen Betrachtungen zum Qi, Jing und Shen sind in der vorliegenden Form auf jeden Fall hilfreich.

Der zweite Teil des Buches ist der eigentlichen Praxis gewidmet, wobei neben allgemeinen "Sicherheitshinweisen" auch die Vorbereitung der Übungen dargestellt wird. Daran haben beide Autorinnen gearbeitet, was zum Teil an bestimmten sprachlichen Wendungen erkennbar ist. Die fünf Elemente der Form werden Bild für Bild erklärt, wobei am Ende jeder Bilddarstellung die Wirkungsprinzipien mit Bezug auf die Meridianverknüpfungen genauer erläutert werden. Abgeschlossen wird jedes Element durch eine Fotoserie, bei der interessanterweise innerhalb der Serie oft die abgebildete Person wechselt. Die sechste - oder auch offene - Form wird in einem eigenen Kapitel dargestellt, und es wird sehr deutlich auf die Gefahren hingewiesen, die bei einer unsachgemäßen und unüberwachten Arbeit mit dieser Form auftreten können - und nachweislich auch schon aufgetreten sind. Passenderweise weist das folgende Kapitel auf Kontraindikationen zur Verwendung der Form hin. Neben dem Atmen wird dann noch eine Art "kleine Hausapotheke" von Übungsformen bei akuten Gesundheitsproblemen vorgestellt.

Im dritten Teil des Buches geht Astrid Schillings auf die inneren und äußeren Aspekte des Qigongs ein, wobei auch Meditation und andere Übungsformen mit einbezogen werden. Dieser Bereich mag einem Laien relativ esoterisch erscheinen, auch weil hier des Öfteren religiöse Bezüge vorliegen. Außerdem irritiert an diesem Teil die Neigung der Autorin ein wenig, notwendige Artikel auszulassen und zum Teil unfertige Sätze stehen zu lassen. Dies tut zwar der Qualität der Ausführungen inhaltlich keinen Abbruch, ist aber beim Lesen durchaus störend.
Das letzte Kapitel stellt die für das Hé Xian Zhuan wichtigen Figuren und deren Hintergründe im Bezug auf das Thema vor. Außerdem finden sich die Endnoten sowie einige weiterführende Literaturhinweise.

Bis auf die erwähnten sprachlichen Missklänge stellt dieses Buch einen wirklich grundlegenden Beitrag zum Thema Qigong dar und sollte von jedem Praktizierenden wahrgenommen werden, weil sich viele Dinge, die darin angesprochen werden, mit Gewinn auch auf andere Formen anwenden lassen. Speziell die direkten Bezüge der Meridiane zu den einzelnen Bildern und die verknüpfende Darstellung der Energiearbeit zu Beginn des dritten Teils sind sehr erhellend für die allgemeine Qigong-Praxis.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 08/2008)


Petra Hinterthür, Astrid Schillings: "Qi Gong - Der fliegende Kranich"
Windpferd. 316 Seiten.
Buch bei amazon.de bestellen