Rebecca Gablé: "Von Ratlosen und Löwenherzen"

Eine kurzweilige, aber nützliche Geschichte des englischen Mittelalters


In ihrem ersten Sachbuch erzählt die Erfolgsautorin Rebecca Gablé die Geschichte des englischen Mittelalters

Mit ihrer kurzen Zusammenfassung der Geschichte des englischen Mittelalters spannt die studierte Historikerin Rebecca Gablé wieder einmal gekonnt den komplizierten Bogen zwischen Erzählung und Historie, nur dass diesmal die Historie den Ausgangspunkt ihres Werks bildet.

Bereits in ihren großen englischen Geschichtsromanen um das fiktive Adelsgeschlecht der Waringhams sowie in "Das zweite Königreich" über die normannische Invasion und in ihrem Roman über die Kaufmannsschicht des englischen Hochmittelalters "König der purpurnen Stadt" nutzte sie die englische Geschichte als bunten Rahmen um ihre Erzählungen bzw. als bunt gewebten Teppich, auf deren Oberfläche sie sich zutragen.

Ist dort die Geschichte jedoch der Webteppich, in den die Autorin ihre Ideen hineinstickt, so hat sie ihr diesmal die Hauptrolle zugedacht. Rebecca Gablé beschreibt die historischen Fakten so, wie es sich manch einer gewiss im Geschichtsunterricht gewünscht hätte: pointiert und unterhaltsam und immer mit einem ironischen Funkeln in den narrativen Augen.
Dabei spart sie gelegentlich kompliziertere Hintergründe und verwickelte Verflechtungen aus, was man ihr der besseren Verständlichkeit der Abläufe wegen allerdings durchaus verzeihen kann, zumal sich die Historiker in vielen Dingen ohnedies nicht so ganz einig sind.

"Lesen Sie, wie die Wikinger in Ermangelung anderer Hobbys England eroberten - unabsichtlich unterstützt vom englischen König Æthelred, dessen Ruf seitdem ruiniert ist. Erleben Sie mit, wie Jahrhunderte später Eleanor von Aquitanien die Bühne betritt, eine der 'unterhaltsamsten und wunderbarsten Skandalnudeln, die je auf Englands Thron gesessen haben'. Und erfahren Sie, warum Thomas Becket, Sohn eines Einwanderers, der es zum steinreichen Immobilienspekulanten gebracht hatte, unter der erlesenen Garderobe stets ein Gewand aus kratzigem Ziegenhaar trug."
(Aus dem Klappentext)

Der geschichtlich versierte Leser wird in ihrem Kompendium sicher nicht viel Neues entdecken, für einen kurzweiligen Überblick ist "Von Ratlosen und Löwenherzen" jedoch sehr geeignet, besonders, weil Rebecca Gablé in gewohnt pfiffiger Manier die Namensdopplungen der Henrys, Edwards oder Williams aufschlüsselt, so dass man sich beim Lesen nicht stets verwirrt fragt, ob dieser Edward denn nicht bereits im letzten Kapitel verstorben sei.

Kritisch anzumerken ist allerdings, dass sich die Autorin mehr Wertung und Parteinahme gestattet, als man dies in einem Sachbuch für gewöhnlich hinnimmt; einige Persönlichkeiten mag sie eben einfach (oder eben auch nicht). Dabei muss man aber auch anerkennen, dass gerade das den Charme des Buches ausmacht und seine Lesbarkeit gerade für den unvorbereiteten Leser deutlich erhöht. (Es ist schon nützlich, wenn man von Anfang an weiß, dass Johann Ohneland ein böser Bube an der Grenze zum Größenwahn war, das spart viel Zeit).

Sehr ansprechend ist auch der aufwändig gestaltete Schutzumschlag mit dem inwendigen Stammbaum der mittelalterlichen Königshäuser Englands, den man auch als dekorative Wandzier verwenden kann. (Weniger schön ist jedoch die nicht sehr diskrete Eigenwerbung auf der Rückseite des Plakats).

Fazit:
Alles in allem eine launige Abendbeschäftigung, die zumindest die Leseerwartung des Rezensenten voll erfüllt hat.

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 11/2008)


Rebecca Gablé: "Von Ratlosen und Löwenherzen.
Eine kurzweilige, aber nützliche Geschichte des englischen Mittelalters"

Ehrenwirth, 2008. 237 Seiten.
Buch bei amazon.de bestellen
Hörbuch:
Sprecher: Andreas Fröhlich.
Lübbe Audio, 2008. 237 Seiten.
Hörbuch-CDs bei amazon.de bestellen

Rebecca Gablé, Jahrgang 1964, in einer Kleinstadt am Niederrhein geboren, studierte nach mehrjähriger Berufstätigkeit Anglistik und Germanistik mit Schwerpunkt Mediävistik in Düsseldorf. Sie wirkte an einem Projekt zur Erforschung anglonormannischer Manuskripte mit. Diese Forschungsergebnisse flossen in ihre weitere literarische Arbeit mit ein.