Auf Helgoland

I.

Kein Baum erhebt sich hier
Auf sand'ger Dünenfläche,
Der von dem Lenze dir
Mit Säusellauten spräche.

Vergebens lauscht dein Ohr
Dem Lied der Nachtigallen,
Es flieht ihr süßer Chor
Die öden Meereshallen.

Hier hörst du nur den Sang
Der zwei gewalt'gen Stimmen,
Die todesfroh und bang
In einen Strom verschwimmen.

Wenn sich in grimmer Wut
Am Fels die Wogen brechen,
Und mit der dunkeln Flut
Des Himmels Stürme sprechen.


II.

Am weißen Strand
Von Helgoland
Wie süß läßt sich's da träumen!
Wenn auf der Flut
Der Mondstrahl ruht,
Die Wellen aufwärts schäumen!

Am weißen Strand
Von Helgoland
Da flüstern Geisterzungen.
Mein Herz durchzieht
Noch heut das Lied,
Das damals mir erklungen.

Am weißen Strand
Von Helgoland
Lauscht' ich geheimen Grüßen.
Und Lust und Leid
Sie wurden beid'
Staub unter meinen Füßen.


(Betty Paoli; 30.12.1814 - 5.7.1894)