ANSICHTEN EINES ZYNIKERS (2)

 

DAS ENDE DER "GRENZENLOSEN GERECHTIGKEIT"

von Rihno Rhinozeros

 

Auch wenn es noch so paradox klingen mag: Die Tragödie des 11. Septembers 2001 beinhaltet - vielleicht leider nur theoretisch, aber immerhin - die Möglichkeit, Schluss mit jener "grenzenlosen Gerechtigkeit" zu machen, derentwegen weitere Tausende Menschen sterben werden.
Es ist eine "grenzenlose Gerechtigkeit " jener Art, die sich in klischeehafter Weise anmaßt, darüber urteilen zu können und zu dürfen, wer die "Guten" und wer die "Schlechten" sind. Zugegebenermaßen, jene Todesflieger von Manhatten, Washington und Pittsburgh wird wohl kein halbwegs ernsthafter und vor allem wirklich mitfühlender Mensch als Ausbund von Edelmut bezeichnen können, allerdings - wie auch die rasend fortlaufende Geschichte dieser, unserer Tage zeigt - ist nicht überall "Gutes" drinnen, wo "Gutes" draufsteht und selbst wenn dem so ist, dann kann schon morgen selbiges dem "Schlechten " zuzurechnen sein.
Beispiele dafür liefert uns die Nachrichtenberichterstattung laufend: Wie man auch seriösen Medien entnehmen kann, sollen sich die Terroristen um Osama bin Laden in Peru um einen Zugang zu biochemischen Waffen bemüht und Kuba soll dies im letzten Moment vereitelt haben. Nun, die Gründe für dieses Einschreiten mögen mannigfach sein, doch - wie auch immer - ausgerechnet Kuba und sein zwar charismatischer, doch jahrzehntelang in den USA verhasster Führer, Fidel Castro, haben den Erzfeind (und vor allem natürlich auch sich selbst!) vor dem Schlimmsten bewahrt (wir wollen´s doch hoffen!?). - Also, nicht immer muss ein Kubaner "böse" sein! Oder am anderen Ende des vormaligen "Supermachtspektrums": Wladimir Putins Russland erwägt eine Unterstützung der damals gegen die Sowjetunion streitenden ehemaligen Mudjaheddin, die nun in Form der sog." Nordallianz" gegen die Taliban kämpfen.

Das ist nur eine kleine Auswahl von Beispielen, die illustrieren sollen, dass die wirklichen Ursachen für das Übel von Terrorismus und darauffolgender amerikanischer Vergeltung, in Form von "grenzenloser Gerechtigkeit", nicht bei den "Guten" und schon gar nicht bei den "Bösen" zu suchen ist, sondern schlichtweg im wahnwitzigen Ansinnen derartig komplexe weltpolitische Vorgänge mit solchen Plattitüden kennzeichnen - ja sogar - auf eine gewaltsame Weise wieder ins (nach eigenem Ermessen richtige) Lot bringen zu wollen. Einer solchen Geisteshaltung entspringen auch "Fehlschüsse" wie die Bezeichnung des zu erwartenden Gegenschlages mit dem Codenamen "Grenzenlose Gerechtigkeit", die die islamische Welt vor den Kopf stößt, oder noch schlimmer - wohl in krassester Ermangelung historischer Kenntnisse - das stumpfsinnige und "hochexplosive" Gefasel von "Kreuzzügen", welches seinerseits bereits den islamischen "Gegenschlag" des "heiligen Krieges gegen die christlich - jüdischen Kreuzfahrer" zeitigt. Da in der heutigen Zeit - im Gegensatz zu sehr alten Zeiten, in denen " lediglich" die Überbringer "schlechter Nachrichten" um einen Kopf kürzer gemacht worden sind - solche "schlechten Botschaften" in der keinesfalls zu unterschätzenden "medialen Kriegsführung" ohne Frage zu noch weiterer Brisanz beitragen, sollte man doch zu aller erst nachdenken, ehe man spricht - andernfalls läuft man Gefahr wirklich als "dümmster Präsiden der Welt " dazustehen; wobei "dumm" ja noch recht harmlos ist - wenn es sich bei dieser Art von "Dummheit" um die einer "Privatperson" handelt, hingegen geradezu verantwortungslos, wenn man George Bush, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika und "oberster Polizeichef der Welt" ist. Dieser Mann, der leider nicht kündbar ist, glaubt die prekäre Lage, in der sich der Globus seit jenem "verdammten" 11. September befindet, dadurch bereinigen zu können, indem er mutmaßliche Gauner "tod oder lebendig" fangen, indem er Räuberhöhlen "ausräuchern", indem er sich mit den "Mächten der Finsternis" anlegen will und sie letztendlich sogar zu besiegen glaubt! Leider (und dieses Wort ist in diesem Zusammenhang reinster Eufemismus!!) funktioniert das vielleicht bei Gary Cooper im "Western Zwölf Uhr Mittag", doch mit großer Wahrscheinlichkeit nicht bei Osama bin Laden und den Taliban - spießgesellen. Total absurd zu glauben auf diese Art und Weise dem "terroristischen Netzwerk" ein Ende bereiten zu können. Und selbst wenn - völlig unrealistischerweise gedacht - es der "oberste Weltpolizist" tatsächlich schaffen sollte, die momentan existierenden Netzwerke des Bösen zu neutralisieren, wer gibt ihm denn dafür die Garantie, dass nicht morgen schon neue "globale" Verbrecher - bzw. "Terrororganisationen" zu noch deftigeren Schlägen ausholen. - Bilder von möglichen zukünftigen Opfern von biologischen oder chemischen Waffen sehen zum einen nicht unbedingt appetitanregend aus, und sind zum anderen - laut Aussagen von entsprechenden Fachleuten - durchaus nicht nur hollywoodscher Fantasie entsprungen sondern - was am "erbaulichsten" daran ist, - durchaus im Bereich des Realistischen- und das möglicherweise schon in unmittelbarer Zukunft - na dann schon einmal viel Spaß bei der argwöhnischen Betrachtung jeglichen schlampig fortgeworfenen " Zielpunkt" -sackerls auf den Strassen Wiens und anderer Metropolen!

Da ja reines Kritisieren ohne Anbieten möglicher Gegenvorschläge den Verfasser dieser Zielen schon während seine Universitäten - zeiten, besonders an den sogenannten "Linken Studentengruppen" zur Weißglut bringen konnte und er mit derartiger Geisteshaltung und Weltsicht in keinster Weise in Verbindung gebracht werden möchte, sollen an dieser Stelle "Gegenvorschläge" jenseits von "Gut" und "Böse" gemacht werden. Damit man aber auch in diesem Fall nicht auf den dummen Gedanken kommen könnte, zu sagen, diese Gedanken seien nicht wirklich neu, beeile mich hinzuzufügen, dass dem ja wirklich so ist, aber offenbar, diesen Unkenrufen noch immer zu wenig Gehör geschenkt wird; Mr. Bush braucht nicht "weit zu gehen". Es würde vollends genügen auf die Stimmen im eigenen Land zu hören. Sogenannte Intellektuelle aber auch klüger denkende "Normalsterbliche" weisen den Weg, welchen möglicherweise, weniger Blut säumt.
Nun, da solche Aussagen auch von "jüdischstämmigen" Amerikanern kommen, darf man sie wohl - ohne zweifelhaften Beigeschmack - vorbringen: Eine der bedeutendsten Nährboden des arabisch- islamischen Fundamentalismusterrors ist zweifellos das ungelöste Palästinaproblem. Man muss es einfach noch einmal aussprechen: Es scheint schlichtweg, dass die jüdische Lobby in Amerika dermaßen einflussreich ist, dass man in Amerika gar nicht daran zu denken wagt, die Israelis zu einer Lösung dieses Problems zu zwingen Ein weiteres ist die Präsenz der amerikanischen Truppen in Ländern, in denen sich die "geheiligten Stätten des Islams" befinden. Als George Bush Präsident von Amerika wurde, hatte er "versprochen" sich weniger ums Ausland denn mehr um die eigenen Probleme im Lande zu kümmern. Wer jedoch erwartete, dass der amerikanische "Weltpolizist" deswegen seine Nase weniger in fremde Angelegenheiten stecken würde, wahr wohl grenzenlos naiv. Ja natürlich würde man irgendwo in den hintersten Winkeln Europas Völkern gestatten, sich nach Herzenslust den Schädel einzuschlagen - vorausgesetzt natürlich, amerikanische Interessen würden davon in keiner Weise zuungunsten von "Uncle Sam" beeinflusst werden - und schon sind wir wieder bei den "good and the bad guys". Es ist immer das gleiche Spiel: Hören wir doch endlich auf von "grenzenlosen Gerechtigkeiten" zu faseln und damit andere, allzu heißblütige Völker in noch größere Rage zu bringen. Wäre doch wirklich zu schön, wenn man sich auch hierbei auf die (Welt-) polizei verlassen könnte, wenn man grenzenloses Vertrauen in den Weltenpolizist und seinen wirklich grenzenlosen Gerechtigkeitssinn haben dürfte - aber leider, grenzenlos ist nur das Bedürfnis des selbigen, seine Interessenssphären auszudehnen und andere - ausschließlich - mit seiner Kultur, Religion und seinem Wertsystem zwangs -zu- beglücken. Und wehe der andere will nicht so, wie wir wollen, dann kommt statt MacDonalds Cruise Missile and B -52 und schafft wieder Ordnung. Verhallen jene wahrhaft zutiefst humanistischen Worte der Eltern eines bei den Angriffen auf das WTC zu Tode gekommenen Amerikaners ungehört, dass militärische Vergeltung nur ebenso wiederum den Tod von Unschuldigen bringt und den Sohn nicht mehr lebendig macht? Oder die Aussagen eines jungen Amerikaners, der gegen die zu erwartende Vergeltung demonstrierte, weil er sich fragte, wie viel Menschen schon auf dieser Welt die Amerikaner hassen und um wieviele es in Zukunft noch mehr werden, eben weil Amerika sich auf diese ungute Weise in der Welt darstellt?

Der 11. September 2001 habe die Welt verändert - meinen viele! Nun, in welche Richtung ist noch nicht klar abzusehen. Außer Frage aber steht das Faktum, dass jener 11.September den Amerikanern aber auch eine neue Chance eröffnet, ihre Politik, ihre Rolle als Weltpolizist, - vor allem ihr Schwarz - Weiß - Denken von "Guten" und "Bösen" zu überdenken und ihr enorme Macht und Kraft in eine - zumindest ansatzweise (wir müssen´s ja nicht gleich übertreiben!) - größere Gerechtigkeit den anderen Völkern dieser Welt gegenüber zu investieren, anstatt in dubiose Sicherheitsmechanismen, die in letzter Konsequenz aber wirklich nicht, aufgeputschte, von dieser Art von "grenzenloser Gerechtigkeit" bis oben hin gesättigte und in ihrem blinden Wahn noch mehr bestätigte Fanatiker, aufzuhalten imstande sind.

Man wird ja sehen. Vielleicht fassen sie bin Laden, vielleicht zerstören sie dieses "Netzwerk des Terrors", vielleicht "räuchern" sie die wirklich Schuldigen aus - und vielleicht zu einem tatsächlich "niedrigen" Preis an eigenen menschlichen Verlusten; aber keine Sorge die nachfolgende Generation von Terroristen jedweder Überzeugung macht sich schon bereit für neue Ungeheuerlichkeiten, die vielleicht alle bis dato bekannten und am eigenen Leib erfahrenen noch bei weitem übertreffen werden.
Hollywood soll ja angeblich keine mit "Guten" und "Bösen" gespickten Katastrofenfilme mehr drehen wollen - zumindest in nächster Zeit. Macht nichts, Mr. Bush´s "Realitäten" sind ein mehr als gleichwertiger Ersatz für dieses Genre. Aber vielleicht erkennt er -spät aber doch - dass das Ende der "Grenzenlosen Gerechtigkeit" der Beginn einer neuen Zeit sein kann, in der vielleicht nicht immer der siegreiche Cowboy in den Sonnenuntergang reitet, sondern vielleicht einmal der "böse Komantsche" gewinnt - aber Moment mal, der Komantsche ist ja - bei genauerer, bei anderer Betrachtung - gar nicht so "böse".
Vielleicht sieht man das Ganze eines Tages auch jenseits des Atlantiks tatsächlich so.
Man wird ja sehen.