Die Wild-Card des Goran I.

Aus reiner Sentimentalität mögen die Verantwortlichen dem mittlerweile nicht mehr so wilden Goran I. eine Wild-Card gegeben haben. Der Kroate, welcher schon zu Musters Zeiten mit Erfolg aktiv war, nahm diese gerne an, und bedankte sich mit dem Sieg in Wimbledon 2001. Überraschung sondergleichen? Sensation? Ich seh´s nicht so. Der gute Goran war schon von jeher ein typischer Rasenspieler. Er verfügte nie über derartige Allroundfähigkeiten wie Thomas Muster oder Andre Agassi. Seine besten Schläge sind und waren und werden, so lange er spielt, der Aufschlag und der Volley sein.
Sicher erstaunlich, dass er neben den paar Dutzend Assen, und Service-Winnern auch als Rückschläger oft durch eine gepeitschte Rückhand überzeugte.

Bald wird er ja seine Entscheidung bekannt geben, dem Tennis den Rücken zuzukehren. Es gäbe keinen besseren Moment, als am Ende dieser Saison, wo er den größten Erfolg seiner Karriere feierte. Auf Sand und Hartplatz wird er nicht mehr viel reißen können. Und noch ein Jahr länger spielen, um den Wimbledon-Titel zu verteidigen wäre unsinnig. Zumal solch grandiose Leistungen nicht so mir nichts dir nichts wiederholbar sind.

Die imposanteste poetische Aussage des Turniers leistete sich aber der ehemalige Schwarm von Barbara Streisand Andre Agassi. Er nannte einen Linienrichter nach einer angeblichen Fehlentscheidung "fucking bastard". Ja, auch die Literaturbegeisterten wollen beim Tennis gehoben unterhalten werden. Bukowski lässt grüßen, kann man da nur sagen.

Seltsam das Damenfinale, wo die blutjunge Belgierin und Bald-Ehefrau Henin gegen den schwarzen Wolkenkratzer Venus Williams eigentlich nie eine Chance hatte. Jene Justine Henin hatte ja wenige Wochen zuvor gegen das Pin-up Barbara Schett aufgrund der stärkeren Nerven gewonnen. Also die Babsi wird sich ja jetzt wieder voll auf´s Tennis konzentrieren, verriet sie in einem Interview. Das recht kleine Tennis-Österreich wird´s ihr danken.

Zum Schluss noch einmal kurz zu Goran I. Es war rührend, wie er seinen Turniersieg scheinbar gar nicht fassen konnte. Eins aber könnte man ihm ins Stammbuch schreiben: Mach es wie die Sonnenuhr, zähl die heit´ren Stunden nur. Im Dunkeln nämlich möchte ich diesem grimmigen Kämpfer nicht begegnen...

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