Multikulturalismus am Ende?
Gewaltexzesse
in französischen Vorstädten und an schwedischen und
deutschen Schulen. Bombenterror in Britannien, Spanien, Deutschland und
anderswo. (Die Hinterfragung von Ursachen dieses sich brachial
gebärdenden Zorns ist wiederum ein eigenes, weil viel zu
umfangreiches Thema. Sie kann bei gebotener Kürze an dieser
Stelle nicht seriös ausgeführt werden). In den
Niederlanden wird ein islamkritischer Filmemacher auf offener
Straße abgestochen. Allen dem ist nach herkömmlicher
Auffassung eines gemein: Es wäre nicht passiert,
wären England und die Niederlande, Schweden, Frankreich und
Deutschland nicht multikulturelle Gesellschaften, denn die
Täter kamen aus der eigenen Siedlungsgemeinschaft und waren
faktisch Nachbarn. Und sie handelten nicht aus einem kriminellen Motiv
heraus, sondern aus einer quasi kulturellen Gesinnung.
Und hier beginnt das Problem. Die multikulturelle Gesellschaft ist zur
multiethnischen geworden. Mit massiven und vielmals aggressiven, den
Zivilisationsprozess faktisch umkehrenden Proletarisierungstendenzen -
das ist die Crux. Die an und für sich tugendliche Bejahung
einer Vielfalt kultureller Stile verkam und verkommt zu einem Stil
absoluter Toleranz gegenüber jeglicher Lebensart jeglicher
Herkunft. Und diese kann gerne in der Tendenz unverträglich
sein. Was stört das schon? Denn es gebärdet sich als
alltagsweltlicher Souverän die Idee einer Toleranz, welche
eine Entwicklung zur Subversion des Rechts auf Heimat und des
Bedürfnisses nach Sicherheit und sozialer Weiter- und
Höherentwicklung der hierorts immer schon ansässigen
Bevölkerung betreibt. In Frankreich werden
alljährlich zehntausende Autos zum Spaß abgefackelt.
Wen sollte das stören? Die vorgeblich diskriminierten
Vorstadtjugendlichen mit Migrationshintergrund, allesamt aus
üppig dotierten Sozialprojekten des französischen
Wohlfahrtsstaates entsprungen, sind eben nicht immer nur nett, wie es
französischen Antirassisten zu der - von ihnen so gedeuteten -
Sozialrevolte der Vorstadtjugend allfällig anzumerken
beliebte. Wen wundert es dann noch, wenn sich im Gegenzug 33 Prozent
der sozialrebellisch gepeinigten Franzosen in Umfragen als Rassisten
deklarieren. Ist es ihnen denn nach dem Durchlebten zu
verübeln? Doch wo führt das hin?
Kalt sollte es uns über den Rücken schaudern. Unsere
Zukunftsaussichten nehmen düstere Gestalt an. Wird es ein
nicht enden wollender Krieg der Ethnien sein? Ein Kampf Stadtguerilla
gegen Stadtguerilla. Wird der Rechtsstaat von regionalen Banden unter
dem Kommando von mehr oder weniger charismatischen Gangbossen
übernommen? Oder erwartet uns, zwecks Abwehr anarchischer,
apokalyptischer Verhältnisse, die Renaissance eines
europäischen Faschismus? Die ungeniert
geäußerten Rassismusbekenntnisse vieler Franzosen
deuten in Richtung der letzteren Zukunftsoption. Nach dem Motto: Bevor
wir zugrunde gehen, richten wir euch zugrunde. Im schlimmsten Fall
könnte es auf einen Faschismus hinauslaufen, der in seinem
Streben nach einer "Endlösung" der verfahrenen Lage in letzter
Konsequenz nicht weniger mörderisch ist, als jener, der vor
rund sechzig Jahren zu Fall kam.
Theorie und Praxis des multikulturellen Gesellschaftsmodells entpuppen
sich zusehends als blanker Horror. Die Fürsprecher einer damit
einhergehenden Weltsicht stehen in den meisten Fällen
politisch links oder sind im links- bis rechtsliberalen Lager
beheimatet. Wann immer sie in der Öffentlichkeit etwas mit
Bezug auf ihre multikulturelle Gesinnung vermelden, durchläuft
das Gesagte zuvor einen dreifachen Korrektheitsfilter. Solcherart wird
das Kritikvermögen routinemäßig kastriert.
Es ist nicht bloße Naivität, die ihr Handeln leitet,
es ist sträfliche Ignoranz.
Eine Ignoranz, deren Abbröckeln allerdings in diesen Tagen
zusehends manifest wird. Etwa dann, wenn die in der Regierung Blair
für Fragen der Integration zuständige
Sozialdemokratin Ruth Kelly, laut Bericht in der Daily
Telegraph vom 25.08.2006, ein weitgehendes Versagen der in
England einstmals geradezu avantgardistisch betriebenen
multikulturellen Politikauffassung eingesteht: "Nach Jahren,
in denen die Linke die Diskussion über kulturelle
Verschiedenheiten entweder abgewürgt hat oder sie vermeiden
wollte, dürfen wir nicht zensiert werden durch politische
Korrektheit, und wir können uns um die Probleme nicht
länger herumschleichen. Unsere Ideen und unsere Politik
sollten nicht auf einer speziellen Rücksichtnahme auf einzelne
Religionen ethnischer Minderheiten basieren. Das würde die
Trennung nur verschärfen, anstatt zu helfen, Bindungen zu
schaffen."
Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Nichts ist aus
gesellschaftspolitischer Sicht erstrebenswerter als eine
multikulturelle Gesellschaft im eigentlichen Sinne. Denn diese ist bei
maßvoller Verfasstheit ein Gesellschaftsmodell zur Freiheit
und zur Entfaltung menschlicher Lebensgemeinschaften in einer
allumfassend gedachten Buntheit. Sie bedeutet nicht nur herrschaftliche
Toleranz (ein hierarchischer Begriff absolutistischer
Aufgeklärtheit; der Starke toleriert den Schwachen), sondern
vielmehr die weitgehend bedingungslose Akzeptanz diverser und
divergierender Lebensstile, sogar nonkonformistischer
Lebensentwürfe. Wer wöllte das nicht? Und die
krasseste Antithese dazu ist der Faschismus. Wer wöllte den?
Multikulturalismus - als Ideologie gesehen wie jeder Ismus freilich
selbst eine totalitäre Herrschaftsform - bedeutet die
Abwesenheit kleinlicher Repression gegen Andersdenkende und
Andersseiende - gegen Abweichende. Ihre Nutznießer sind
sexuelle und kultische Randgruppen, sowie die Subkulturen sozialer
Innovation, wie ich es mir auszudrücken erlaube. Des Weiteren
sind höchst eigenwillige Lebensentwürfe in diesem
Rahmen a priori akzeptiert. Der Aussteiger mit alternativer Lebensform
ist in den Sinnrahmen dieser Gesellschaftsform eingebettet und wird im
günstigen Fall von ihr - auch materiell - mitgetragen, zumal
sein Wert für das Gesamte primär kulturell und erst
in weiterer Folge ökonomisch definiert ist. Sein besonders
gelagerter Lebensstil hat den Wert einer sozialen Innovation; seine
Sozialbeziehungen sind experimentell, woraus, ganz zufällig,
so manche kreative Neuerung erwächst, die gewaltigen Gewinn
verspricht und bei optimaler Verwertung auch abwirft. (Der Zufall
schöpferischer Kreationen war während der vergangenen
Jahre der eigentliche Motor sozialökonomischen
Voranschreitens. Das die Lebensverhältnisse revolutionierende
Internet entstand als zufälliges Produkt einer von jeder
Zwecksetzung entbundenen Grundlagenforschung.) Die Grenzen
zulässiger Handlungsweisen sind in der multikulturellen
Gesellschaft durch das gesetzte Recht und nicht vermittels einer
verhaltenssteuernden Leitkultur gezogen. In diesem Biotop brodelt es.
Schöpferische Energien entladen ihre Blitze durch die
Finsternis abendländischer Über- und Diesseitswelten.
Wer hielte dieses nicht für wünschenswert -
für förderungswürdig?
Und doch sind Idee und Praxis der multikulturellen Gesellschaftsform in
eine Existenz gefährdende Krise geraten. Die Ursache
hierfür sehe ich in einer gleichermaßen
fundamentalistischen wie romantischen Auffassung von der noblen Sache;
vor allem jedoch in einer Vermengung der multikulturellen Idee mit der
multiethnischen Praxis einer sich gegen jede ökologische
Vernunft unbeherrscht entgrenzen wollenden Wachstumspolitik. Man will
nicht nur den gesellschaftlichen Wandel, sondern betreibt ihn auf
Teufel komm raus, unter Hinzuführung von wachstumswirksamen
Menschenmassen, die von der Sache, zu deren Zweck sie dienlich sein
sollen, weder etwas wissen noch um sie besorgt sind. Der Antrieb
dahinter ist nur allzu oft von einem subversiven Wunsch nach Absterben
altväterlicher Traditionen getragen. Mögen sie gut
oder schlecht sein, das ist egal, sie müssen weg. Und der
positiv bewertete Wachstumsfetisch möge all das
überwuchern, was uns Nachgeborenen als altväterlich
immer schon suspekt war.
Auch dieses Motiv ist mir noch verständlich, und ich achte die
Empfindungen, die ihm zugrunde liegen. Denn des Einzelnen Leben
währt nicht ewig, und nie wieder will er dessen, wie in
früheren Zeiten üblich, vorzeitig beraubt werden. Der
einzelne Mensch genügt sich selbst und sonst niemandem. Er hat
Pflichten und Rechte, die Pflichten führe ich zuvorderst an,
doch in seiner Souveränität über das eigene
Schicksal ist er unantastbar. Es gibt also jeden Grund, für
den gesellschaftlichen Wandel und für die Aufklärung
über Strukturen der Entmündigung und
Selbstentfremdung zu sein. Und multikulturell bedeutet doch auch, den
einen einzigen starken politischen Willen aufzuspalten, auf dass jede
expansionistische Anstrengung vorzeitig an den Widerstrebungen dieses
Sozialgefüges scheitern muss. Der Gedanke ist per se
überaus interessant und ehrhaft, doch hat sich in den
ehrhaften Gedanken aus einer Haltung westlichen Selbsthasses ein
romantischer Reflex mit fataler Wesensart eingeschlichen.
Der zeitgenössische Europäer definiert sich
über einen aus seiner Blutgeschichte gespeisten Begriff von
Erbsünde, denn es waren seine Ahnen, die die (im
Rückblick oftmals verklärte) Dritte Welt
kolonialisierten und ausbeuteten und bis
heute nicht darin innehalten, ganze
Völkerschaften "Edler Wilder" ausrotteten und darin immer noch
fortfahren. Und es waren nicht zuletzt auch diese, welche jenen
rassistischen Faschismus gebaren, der Millionen von Leben, in grausamer
Manier, zum Erlöschen brachten. Aus dieser Selbsterkenntnis
resultiert: Alle anderen sind gut; nur wir sind die Schlechten. Wir
haben ihnen Verderben gebracht, weshalb wir in Wohlstand leben. Ein
Wohlstand mit Bringschuld gegenüber dem großen Rest der
Welt.
In diesem Augenblick korrumpiert die multikulturelle Idee von einem
Fortschrittsideal zum zerknirschten Anliegen einer karitativ
aufgefassten Einwanderungsethik. Von nun an scheint es völlig
richtig und gerecht, die sozialen Miseren aller Herren Länder
nach Europa zu importieren. Die hiesigen Sozialstaaten bringt diese
Einwanderung in die sozialen Netze zum Bersten. Jeglicher
sozialstaatliche Fortschritt, wie etwa die Einführung eines
dringend gebotenen garantierten Grundeinkommens, wird angesichts des
(gelegentlich sogar statistisch verbürgten) chronischen
Überbelags der sozialen Netze durch Angehörige aus
Zuwandererpopulationen unfinanzierbar. Des Weiteren schlittern wir in
jene traurige Figur einer visionslosen Gesellschaft hinein, die traurig
anzusehen ist, weil sie sich keinerlei Visionen betreffend der eigenen
sozialen Höher- und Weiterentwicklung mehr leisten kann. Sie
befindet sich in einem Zustand kollektiver Hoffnungs- und
Perspektivlosigkeit. Gibt es noch Trostloseres? Die von Sir Karl Popper
sozial- und wertphilosophisch geprägte Denkfigur der offenen
Gesellschaft wird unter diesem Vorzeichen zur geöffneten
Gesellschaft. Die multikulturelle Gesellschaftsform - heutzutage nicht
zu unrecht oft abschätzig "Multikulti" genannt - verkommt zum
Auffangbecken einer obszönen Beliebigkeitsdemographie, die
nicht nur Menschen aus aller Herren Länder, sondern auch deren
zuweilen höchst archaische und sohin unverträgliche
Lebensweisen im alten Europa versammelt. Aus Zweckdenken, aber auch aus
schlechtem Gewissen und romantischer Schwärmerei wird dem nur
allzu gerne gehuldigt.
Aus dieser Situation mögen bestenfalls nach ebenso billigen
wie willigen Arbeitssklaven verlangende Managercliquen und nach
unaufhörlich steigenden Renditen süchtige
Kapitaleigner ihren Profit beziehen. Der Profitrate hat
Grenzenlosigkeit als wie eine Gesinnung der Entgrenzung noch nie
geschadet. Grenzen mögen zwar dem Anarchisten oder dem
Wirtschaftsliberalen ein prinzipielles Gräuel sein, denn sie
begrenzen eine abstrakt gedachte Freiheit und einen konkret gedachten
Gewinn, dem sozial Schwachen sind sie jedoch ebenso ein Schutz wie dem
sozial Starken ein potenzielles Hindernis. Und es sind denn dann nicht
zuletzt Ökonomen glühende Fürsprecher der
aktuellen multikulturellen Entwicklung. Es sei ein schlechter
Wirtschaftsstandort, wo man über ein Verbot des muslimischen
Kopftuchs auch nur diskutiere, meinte ein aus Österreich
abstammender wirtschaftsliberaler Universitätsprofessor aus
den USA erst kürzlich im Interview mit der
österreichischen Wochenzeitung economy. Und natürlich
gilt wohl auch bei strenger betriebswirtschaftlicher Kostenrechnung:
Besser als die Verlegung der Produktion zu billigen
Arbeitskräften in politisch unsichere Weltgegenden ist es,
diese spesenfrei kommen zu lassen. Der Gewinn dieses Wirtschaftens wird
sodann privatisiert, die Folgekosten der faktisch vergeblichen
Integration werden sozialisiert. Solcherart lebt sich es gut und
gefällig - vorausgesetzt man sitzt obenauf und logiert in der
noblen Vorstadt.
Der Sozialromantiker verschließt seinen Blick vor der
Problemlage, in die sich die multikulturelle Gesellschaft zuletzt
manövriert hat, und verträumt sich in die Utopie
einer heilen Welt, die nach seinem Dafürhalten nur deswegen
noch nicht real ist, weil sich reaktionäre Kreise dagegen
verschworen haben. Überhaupt scheint ihm das eigene Volk noch
nicht für gewünschte Veränderungen reif. Die
konkrete soziale Lage des gemeinen Volkes interessiert ihn nicht; es
bedarf der antirassistischen Therapie. Auf Kritik an seiner Sichtweise
reagiert er gereizt, versteift sich auf die normative Kraft des
Faktischen ("Was ist, das ist und basta!") und schubst den Kritiker ins
rechte Eck. Lebensstile, insbesondere in Verbindung mit zugewanderten
Volksgruppen, sind für ihn grundsätzlich gleichwertig
und entziehen sich solcherart einer jeglichen Hinterfragung. Das
Private hat den Staat auf einmal nichts mehr anzugehen. Er hat als
Sozialstaat die materielle Grundlage der Familien zu alimentieren,
etwaige Risse und Brüche im sozialen Gefüge zu
sanieren, soziales Strandgut aufzulesen; damit hat es sich. Keineswegs
sei es ihm gestattet, gegen ihm nicht genehme Lebensweisen zu
intervenieren. Patriarchalische Verhaltensmuster, die der
Sozialromantiker in vorromantischen Zeiten sonst noch für
verderblich befand, werden nunmehr fraglos hingenommen, wenn es nicht
die seiner Landsleute sind, und es versiegt sein
aufklärerischer Furor, sobald religiöse Unduldsamkeit
ihren Ursprung außerhalb europäischer Grenzziehungen
hat. Zuletzt dröhnt seine Stimme aus dem Sprachrohr der
Gegenaufklärung.
Der zur Mündigkeit gereifte und Identitäten stiftende
Status quo des gegenwärtigen (untergehenden)
europäischen Abendlands ist ein Geisteskind
aufgeklärter Intellektualität. Oftmals, so berichtet
es die Historie, ward diese Qualität geistiger Gesittung mit
Heldenmut erstritten, denn die wahren Helden des Abendlands starben
nicht auf den Schlachtfeldern, sondern verkohlten auf Scheiterhaufen
oder verdarben in dunklen Verliesen der Reaktion. Die Ideologie des
real existierenden multiethnischen Multikulturalismus muss heute als
Projekt zur Gegenaufklärung begriffen werden - als Reaktion!
Ihre Verfechter steuern einen selbstmörderischen Kurs, denn
während sie noch von der Notwendigkeit
uneingeschränkter Toleranz sprechen, sprechen nicht so wenige
ihrer Schützlinge bereits vom Ende einer jeden Toleranz.
Insbesondere, was die mühsam erstrittenen Frauen-, Tier- und
(sexuellen) Randgruppenrechte betrifft, droht in der multikulturellen
Gesellschaft bei Zeiten deren Aufhebung, denn der heraufziehende Geist
kennt keine Gnade mit derlei Geschöpfen. Dieser
Multikulturalismus, den ich anprangere, ist also einer mit Ablaufdatum.
So soll es sein, doch schließt dies den Untergang unserer
kulturellen Eigenart mit ein.
Ich sagte es zu Beginn meines Aufsatzes: Die Idee des
Multikulturalismus ist gut, doch korrumpiert und folglich schlecht in
die Praxis umgesetzt. Sie verkommt zusehends zur Selbstaufgabe einer
zur aufgeklärten Mündigkeit gereiften
europäischen Lebensart, gebärdet sich als
intellektueller Suizid und maßlose Subversion gegen die Mitte
abendländischer Errungenschaften. Mit ihrem
unaufhörlichen Plädoyer für das
Andersseiende in jeglicher Gestalt, mit ihrer Sucht nach Globalisierung
des Lebens im Dorfe, relativiert sie den Absolutheitsanspruch einer zu
sich gelangten europäischen Verstandesdisziplin. Welche, in
ihrem Vernunftrahmen nun durchaus auch religiöse
Gefühle, so genannte irrationale Elemente, mit
einschließen mag, der es im Großen und Ganzen
jedoch um freiheitliche Selbstbestimmtheit und nicht um folkloristische
Vermengtheit zu tun ist. Das Prinzip der Toleranz ist neuerdings zum
gar törichten Maß aller Dinge geworden, selbst noch
dort, wo es in Gegensatz zum grundlegenden Eigeninteresse tritt. Seine
Praxis inszeniert sich als multiethnische Proletarisierungstendenz, was
schlicht und einfach widervernünftig ist, wie es
jüngste Vorkommnisse augenscheinlich machen. Es gilt also
nicht, die Idee einer multikulturellen Gesellschaft rigide zu verwerfen
und stattdessen einem faschistoiden Klima der Ausgrenzung das Wort zu
reden, sondern diese vielmehr auf ein (allerdings noch auszuhandelndes)
vernünftiges Maß zurückzuführen,
so dass sich auch der um seine gewohnte Lebenswelt besorgte
Europäer darin wieder entdecken kann.
(Bruno Van der Walden; 08/2006)