A.P. Schlöglmeier

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vom Autor zur Verfügung gestellt.

Das nachstehende Interview entstand anlässlich des Erscheinens des Romans "Über die Unbewohnbarkeit des Paradieses" und wurde am 17. und 18. Jänner 2008 von Heike Geilen per E-Mail geführt.


Sandammeer: Wie bist du zum Schreiben gekommen? Gab es einen besonderen Beweggrund, Autor zu werden? Wann hast du deine Liebe zur Schriftstellerei entdeckt?

A. P. Schlöglmeier: Das Schreiben ist wohl einfach passiert, Gedanken, Kurzgeschichten ..., eigentlich keinerlei weltbewegende Gründe. Man bekommt erste zaghafte Reaktionen und hört nicht mehr auf. Vielleicht ist das alles: Die Kunst nicht aufzuhören!

Sandammeer: Wie bist du auf die Idee zu deinem Roman gekommen? Was hat dich dazu bewogen, dieses Buch zu schreiben?

A. P. Schlöglmeier: Die Idee musste nicht kommen. Durch Beobachtung der österreichischen Normalität ergab sich einiges von selbst. Der Rest war Idee, Interpretation, der Versuch eine Person durch so viele Skandale und Affären stolpern zu lassen. Man kann im aktuellen Buch sicherlich Parallelen zum aktuellen BAWAG-Prozess ziehen. So gesehen kann es in einigen Jahren sicher eine Fortsetzung geben, denn dass es einen Anstieg der Moral gibt ist wohl auszuschließen.

Sandammeer: Die traurig-komische Figur des David Moses Wessely und auch alle anderen zwielichtigen Gestalten, die ihn im Laufe seiner "Karriere" streifen sind so unglaublich realistisch dargestellt. Da beschleicht den Leser die Frage: Hat der Roman biografische oder autobiografische Züge? Oder stammen die Figuren und ihre Verwicklungen allein aus deiner Vorstellungskraft? Wenn die zweite Frage zutrifft: Woher nimmst du deine Ideen?

A. P. Schlöglmeier: Nun, die Figuren sind vielleicht deshalb realistisch, weil die scheinbar genialen und auf jeden Fall einträglichen Geschäftspraktiken auch nur aus einer Folge von Handlungen, Zufällen und Verwicklungen entstehen. Die Pläne zur offiziellen und absolut vorsätzlichen Unredlichkeit ergeben sich erst im Laufe der Zeit und man sieht den Helden immer wieder überrascht, wie einfach es eigentlich ist.
Biografisch oder autobiografisch?
Man sollte als Autor nicht immer versuchen, alle Figuren weit von sich zu weisen, abzustreiten, was jeder Leser zu wissen glaubt. Der Schlöglmeier tut es trotzdem: Absolut erfunden, reine Fiktion, nichts wäre möglich ... (-;.

Sandammeer: Dieser Satz fordert geradezu heraus, dich zu fragen, weshalb du dich als Autor zur Kunstfigur stilisierst? Denn im wahren Leben heißt Andreas Pankraz Schlöglmeier ganz einfach Michael Stoifl?

A. P. Schlöglmeier: Der Name selbst ist Zufall, einfach erfunden im Zuge einer neuen Internetadresse, um den hohen und höchsten Personen der Republik Fragen zu stellen, die Unvereinbarkeiten der Aussagen und des folgenden Handels zu persiflieren. Das hat sich bewährt, man bekam und bekommt entlarvende Antworten, ausweichende Floskeln, Hinhalten bis zur nächsten Wahl scheint die Devise zu sein.

Sandammeer: Im Paradies kann man - deiner Meinung nach (und hier schließe ich mich uneingeschränkt an) - nicht glücklich werden. Wie definierst du irdisches Glück?

A. P. Schlöglmeier: Niemanden zu stören und dies auch von anderen verlangen zu dürfen.

Sandammeer: Nur niemanden zu stören bzw. ebenfalls nicht gestört werden? Kommen'S ;-), ein wenig mehr muss auch für Herrn Schlöglmeier zum Glücklichsein nötig sein!?

A. P. Schlöglmeier: So lange man ein denkender und kritischer Mensch bleibt (und man hofft, dies noch einige Zeit beibehalten zu können), so lange gibt es meiner Meinung nach nur "Momente" des Glücks. Das ist bereits sehr viel und man darf nicht undankbar sein, muss es in dieser kurzen Zeit genießen können, auch daran arbeiten. Insgesamt behindert der arbeitende Verstand das dauerhafte Glück. Dies muss jetzt keineswegs negativ gesehen werden und sollte den Schlöglmeier nicht als dauerdepressiv zeichnen.

Sandammeer: Dein trauriger Held ist die meiste Zeit stumm. Bist auch du eher ein schweigsamer Mensch, und warum lässt du Paul, Boris, David Moses derart "leise" durch die Welt gehen?

A. P. Schlöglmeier (lacht): Es wird mir nachgesagt, ist aber nicht wichtig. Für den "Helden" ergibt sich das einfach, das Schweigen wird fast zur Waffe, auch fühlt er sich nicht würdig, die Menschheit mit seinen Wortspenden zu belästigen. (Durchaus könnte sich dies so mancher (Politiker?) zu Herzen nehmen.)

Sandammeer: Was beim Lesen auffällt, ist der sprachliche Wechsel. Welches Konzept steckt hinter diesen stilistischen Wechseln?

A. P. Schlöglmeier: Das "Konzept" ist sehr simpel: Man will es sich selbst nicht zu einfach machen.
Vielleicht auch das philosophische und ehrliche Denken des Helden in der Entwicklung mit seiner Hoffnungslosigkeit in der Gegenwart zu vergleichen.
Zum Schreiben:
Einmal kommt es im Buch zu einem Stilbruch und der vermeintlich einfache Stil der "Märchenkapitel" war dann schwieriger umzusetzen als der scheinbar schwierige Stil der Hauptkapitel.

Sandammeer: Wohingegen dieser Stilbruch keineswegs störend, sondern durchaus harmonisch empfunden wird, eher wie eine kleine Leseerholungspause des doch sehr anspruchsvollen "Hauptlesestoffes". Harmonisch für mich auch daher, weil sich dieses Märchenkapitel in der "lauten" Phase des Protagonisten befindet. Marcel Brunner - wie er zu dieser Zeit heißt - stände es wohl auch schlecht zu Gesicht, als Regierungsberater stumm zu sein?

A. P. Schlöglmeier: Es wäre vielleicht nicht passend, aber - doch - es stände ihm gut zu Gesicht.

Sandammeer: Wie lange hast du eigentlich an diesem Buch gearbeitet?

A. P. Schlöglmeier: Von den ersten Sätzen bis zur Veröffentlichung sind wohl 3 Jahre vergangen. Es gab aber Zeiten, in denen das Projekt ruhte. Also Arbeitszeit ein Jahr.

Sandammeer: Was war für dich der schwierigste Teil auf dem Weg zum fertigen Buch? - Die Ideenfindung, die Recherche oder die Umsetzung?

A. P. Schlöglmeier: Bei Interesse an der österreichischen Tagespolitik fällt der Recherche nur ein kleiner Teil zu, die Idee war sowieso da, die Umsetzung ist eben Arbeit, sowohl kreativ als auch handwerklich. Das bleibt nicht aus. Insgesamt war es wenig Anstrengung, sondern eher Selbstverständlichkeit, fast Verpflichtung.
Die Paradiese (also Lokalitäten) sind bereist worden, weniger recherchiert als interpretiert.
Und warum sollte das Paradies eher in der Karibik als in Wien zu finden sein, warum in den Tropen und nicht am Zürichsee ...

Sandammeer: "Die Unbewohnbarkeit des Paradieses" ist nicht dein erster Roman. "Vorprogramm" heißt der Titel, der bereits 2004 erschien. Auch eine politisch-menschliche Satire?

A. P. Schlöglmeier: Nein, überhaupt nicht. Zwar auch ein Schelmenroman eines Gescheiterten, aber in der Musikbranche. Der Sänger einer erfolglosen Band schlägt sich durch sein Schicksal, erfährt durch Van Morrison, Bob Dylan und andere den Weg zur kleinen Bescheidenheit. Vom Stil mit dem "Paradies" nicht zu vergleichen, ein flotter, kleiner Roman über die Szene. Der gesamte Titel lautet übrigens "Vorprogramm - we let the goldfish go", eine Textzeile Van Morrisons aus dem "Enlightenment"- Album. Schwer zu entschlüsseln und eine der Hauptfragen des Buches.

Sandammeer: Gibt es Autoren, an denen du dich orientierst, die für dich einen Vorbildcharakter haben? Wie sieht es mit deiner Einstellung zu literarischen Vorbildern und der Literatur im Allgemeinen aus?

A. P. Schlöglmeier: Bei allen Einwendungen die es geben mag, bleibt Ernest Hemingway für mich der Meister der Kurzgeschichte. Wenn man sich an Vorbildern bezüglich österreichischer Seele orientiert, gilt es Thomas Bernhard und Herbert Hufnagl zu nennen. Sehr ehrlich und märchenhaft schön: Michael Köhlmeier. Man verehrt Max Frisch, Peter Carey und noch viele mehr.
Oft liest man etwas, versteht es (oder auch nicht), denkt sich manchmal, wie wurde das gemacht, welcher Trick steckt dahinter. Es sollte kein Trick sein, es sollte wahr sein, dann hat man zwar noch kein Vorbild, aber jemanden, dem man vertrauen kann.

Sandammeer: Welche Art von Büchern liest du am liebsten und gegebenenfalls, welches Buch liest du gerade? Hattest du auch ein Lieblingskinderbuch?

A. P. Schlöglmeier: Ja natürlich, "Michel von Lönneberga" und Enid Blytons "Fünf Freunde". Das war schon richtig guter, wichtiger Stoff.
Heute lass ich mich gerne in der Belletristik überraschen, Biografien von Autoren in Zusammenhang mit ihrem Werk sind faszinierend, allerdings ist es eine zeitaufwändige Sache - ohne Zweifel.
Zurzeit lese ich: Gerold Späth: "Aufzeichnungen eines Fischers" (das erste Jahr), Malcolm Lowry: "Unter dem Vulkan", David Albahari: "Die Ohrfeige".

Sandammeer: David Albahari?! Ein Buch, das ich selbst gerade beendet habe und großartig fand. Ich hoffe, dir gefällt es ebenso. Doch weiter im Text:
Wie sieht - wenn es ihn denn gibt - ein typischer Schreibtag von A.P. Schlöglmeier aus? Hast du einen festen Arbeitsplatz oder wechselst du? Gibt es diesen typischen Tag überhaupt? Erzähle doch bitte etwas über dich, denn in deinem Buch kann man lesen, dass du Betrachter, Satiriker, Gastronom, Maler, Schriftsteller und Reisender bist. Ein sehr vielseitiger Mensch?

A. P. Schlöglmeier: "Den typischen Tag" gibt es eigentlich nicht, vielleicht manchmal für zwei Wochen, wenn man sich vornimmt, diszipliniert von früh bis spät zu arbeiten. Das ist dann allerdings kaum die "kreative" Phase.
Große "schöpferische" Teile des aktuellen Buches sind in Venezuela und Costa Rica entstanden. Das waren dann handschriftliche Aufzeichnungen, man marschiert nicht so gerne mit einem Computer durch die Tropen. Weitere Arbeiten in Griechenland oder auch auf einer Reise als Beifahrer eines Fernfahrers bis Spanien.
So würde ich sagen, es ist nicht so wichtig, wo man schreibt, sondern wie ruhig und inspiriert man dabei ist. Wie sehr man Einflüsse von außen in einfache Eindrücke umwandeln kann, die mehr beflügeln als ablenken. Vielleicht hört sich das kompliziert an, man müsste ein besserer Schreiber sein, dies zu erklären.
Malen tut man, dies stimmt, Aquarell, gastronomisch ist man auch tätig, Hemingway’s Pub in Neunkirchen ein (inzwischen abgelegtes) Kind des Schlöglmeier.
Ernsthafte menschliche Verpflichtung bleibt es, objektiv und humoristisch zu betrachten.

Sandammeer: Alles wunderschöne und interessante Dinge, aber davon kann man nicht so recht leben? Verzeih also bitte die intime Frage: Womit verdient der Schlöglmeier sein Geld, oder hat er auch solch einen Gönner wie den Theodor Grüntner aus seinem Buch?

A. P. Schlöglmeier: Einen Theodor Grüntner zu finden, blieb dem Schlöglmeier verwehrt.
In der warmen Jahreszeit (Saison) ist der Schlöglmeier im gastronomischen Bereich tätig. Hier in einer wunderbaren Landschaft (Höllental) in den österreichischen Voralpen. Wasser, Luft und Energie. Dies auch im höchsten Maße kreativ und - ja - auch lukrativ.
Außerdem erlaubt man sich, z. Zt. Kindern mit schulischen Problemen zu unterstützen. Dies ist zwar finanziell nicht sehr einträglich, aber ebenfalls kreativ und man sieht Sinn.

Sandammeer: Ein Autor möchte, dass viele seine Bücher lesen, der Verlag gleichwohl. Er verdient an seinem Bekanntheitsgrad, wenn man das so sagen darf. Wirst du auf der erstmalig in Wien stattfindenden diesjährigen Buchmesse (20.-23.11.2008), vielleicht auch schon in Leipzig (13.-16.03.2008) dabei sein?

A. P. Schlöglmeier: Dies liegt wohl zu einem großen Teil am Verlag und am Erfolg des Buches. (Kann man z. Zt. nicht beantworten).

Sandammeer: Der Erfolg sei dir auch ohne Buchmesse von Herzen zu wünschen. Was auch gleich meine letzte Frage als bekennender Schlöglmeier-Fan aufwirft: Wann ungefähr dürfen wir dein nächstes Buch erwarten?

A. P. Schlöglmeier: Es gibt genügend Material: Kurzgeschichten, Satirisches, Hochpolitisches, auch ein (noch zu überarbeitender) Roman, man könnte in kurzer Zeit ein oder mehrere hundsgemeine Bücher zusammenstellen.
Auch gibt es selbstverständlich Ideen für Neues.

Sandammeer: Darauf sind ich und deine hoffentlich wachsende Anhängerschar schon sehr gespannt. Bleibt dem Schlöglmeier, aber auch dir - lieber Michael Stoifl - herzlich für das Interview zu danken und auch im Namen der sandammeer-Redaktion alles Gute und weiterhin viel Erfolg zu wünschen!

A. P. Schlöglmeier: Man bedankt sich aufs Allerherzlichste.