"Zeit der Männer, Zeit
der Frauen"
("La saison des hommes")
R: Moufida Tlatli
D: Rabiaa Ben Abdallah, Sabah Bouzouita, Ghalia Ben Ali u. a.
Tunesien/Frankreich 2000
Aicha ist eine von jenen Frauen, die elf Monate des Jahres in Abgeschiedenheit auf der Insel Djerba verbringen, um sich auf wenige Wochen mit ihrem Mann zu freuen, welcher im fernen Tunis seinen Geschäften nachgeht. Gemeinsam mit ihren Schwägerinnen lebt sie unter dem strengen Regiment der Schwiegermutter und webt an Teppichen, die alsbald im Laden des Gatten verkauft werden. Es ist ein eintöniges Dasein voller Sehnsucht und Einsamkeit. Wenn dann endlich die Ehemänner für einen Monat zurückkehren, ist die "Hochzeit" des Jahres.
Die junge Frau möchte mit ihrem Mann in Tunis leben, welcher die Geburt eines Sohnes als Bedingung dafür stellt. Nach zwei gesunden Töchtern gebiert sie endlich das gewünschte Kind, welches aber tragischerweise behindert ist. Aichas Mann Said lehnt den Sohn ab - der letzte Versuch, Nähe zu ihrem Mann herzustellen, ist gescheitert. Nachdem die Ehe zerrüttet ist, kehrt Aicha mit ihren erwachsenen Töchtern, die selbst in Lebenskrisen stecken, und dem Sohn in das verlassene Haus in Djerba zurück. In Rückblenden wird ihre lange melancholische Geschichte erzählt.
Obwohl Tunesien als für Frauen fortschrittliches Land gilt, bleibt es nach wie vor eine Herausforderung, gegen jahrhundertlange Traditionen zu handeln. Die engagierte Regisseurin Moufida Tlatli scheint in ihrem zweiten Spielfilm den Frauen ihrer Heimat Mut machen zu wollen, sich von alten Fesseln zu befreien. Aicha trotzt tapfer widrigen Umständen und ringt um einen eigenen Weg. Die strengen gesellschaftlichen Restriktionen muten für ein westliches Publikum befremdlich an. In Sachen Sinnlich- und Genussfähigkeit ist dieser Film wiederum eine Inspiration.
(ama;01/04)