"Intime Fremde"
("Confidences trop intimes")

R: Patrice Leconte.
Frankreich 2003. 104 Minuten.


"Liebe ist eine unheilbare Krankheit."

Zwei Menschen begegnen sich fast versehentlich, unter falschen Voraussetzungen, und doch ist es gerade diese Begegnung, die das Leben beider völlig verändern wird.

Eine tief berührende Geschichte, die an der Oberfläche einer glatten See gleicht und darunter voller Emotionen steckt. Anna kommt zu dem Steuerberater William, da sie seine Tür mit jener des Psychiaters verwechselt. Sofort beginnt sie mit ihm über ihre unbefriedigende Beziehung zu sprechen. William hört zu, vorerst noch in der Annahme, dass es seiner Klientin um eine Scheidung geht. Doch im Verlauf des Gespräches begreift er, dass sie ihn für einen Psychoanalytiker hält. Er ist völlig überrumpelt von der entwaffnenden Offenheit der Frau, sodass es ihm nicht gelingt, den Irrtum aufzuklären. Auch beim zweiten Termin schafft er es nicht. Die geheimnisvolle Anna und ihre Geschichte berühren ihn zutiefst. Als sie zum nächsten Termin nicht erscheint, ist er verzweifelt und nimmt Kontakt mit dem Psychiater, bei dem Anna ihren ersten Termin vereinbart hatte, auf, um Annas Telefonnummer und Adresse herauszufinden. Der Versuch misslingt gründlich.

Doch einige Wochen später erscheint Anna plötzlich wieder in seiner Praxis obwohl sie mittlerweile erfahren hat, dass er keinesfalls Psychiater sei, sondern eben Steuerberater. Trotz dieser Tatsache finden weiterhin regelmäßige Sitzungen statt. Langsam offenbaren sich die beiden Protagonisten, erzählen von ihrem Leben. Viele offene Fragen, Undurchsichtigkeiten, Unsicherheiten begleiten ihre Gespräche. Vor allem William, ein Mann der seit seiner Geburt in der Wohnung, die ihm auch als Praxis dient, lebt und arbeitet, seine festen Gewohnheiten hat, wird durch die intimen Gespräche völlig aufgewühlt. Er stellt viele seiner Angewohnheiten in Frage, fiebert geradezu der nächsten Begegnung mit Anna entgegen und kontaktiert nun seinerseits immer wieder den Psychiater, weil ihm die Situation zu entgleiten droht. Dennoch beide werden zusehends fröhlicher, lebensfroher, inniger - und dann zeigt sich unvermutet Distanz, Brüche treten auf, Unstimmigkeiten werden spürbar.

Dass er sich in Anna verliebt hat, gesteht er nur ihrem Mann gegenüber, der ihn aufsucht und mit dem Angebot, Anna bei ihnen zu Hause zu ficken, völlig brüskiert. Die Beziehung zwischen Anna und William steht plötzlich an einer Kippe.

Ein intensives Filmerlebnis, das in erster Linie von den beiden Protagonisten Sandrine Bonnaire und Fabrice Luchini und deren hervorragender schauspielerischer Leistung geprägt ist. Es ist faszinierend und zugleich berührend, deren Entwicklung zu beobachten. Ein Film, der Hoffnung gibt und die Zuversicht, dass es jederzeit möglich ist, alte Gewohnheiten über Bord zu werfen und Jugendträume zu revitalisieren; der Mut zur Begegnung macht und dem Zuseher vor Augen führt, wie spannend es sein kann, sich auf einen Menschen mit Haut und Haar einzulassen.

(Margarete Wais; 03/2005)


"Intime Fremde" ("Confidences trop intimes")
Regie: Patrice Leconte. Drehbuch: Jérôme Tonnere, Patrice Leconte. 
Kamera: Eduardo Serra. Schnitt: Joëlle Hache.
Musik: Pascal Estève. Ton: Paul Laine, Jean Goudier, Dominique Hennequin.
Ausstattung: Ivan Maussion. Kostüm: Annie Périer-Bertaux.
Produktion: Les Films Alain Sarde, France 3 Cinéma, Zoulou Films, Assise Production.
Produzent: Alain Sarde.
Mit: Sandrine Bonnaire, Fabrice Luchini, Michel Duchassoy, Anne Brochet, Gilbert Melki, Laurent Gamelon, u.a.
Frankreich 2003, 104 Minuten, Farbe, 35 mm/Cinemascope/Dolby Digital, DF, OmU.
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