"Balzac und die kleine chinesische Schneiderin"
(Originaltitel: "Balzac et la petite tailleuse
chinoise")
Ein Film von DAI Sijie.
Frankreich 2002. 116 Minuten.
Kann man einen einzelnen Menschen
vor Veränderung bewahren?
Kann man eine Liebe vor Veränderung
bewahren?
Ein grandioses Filmepos vor einer
märchenhaften chinesischen Landschaftskulisse erzählt die Geschichte dreier
junger Menschen, die aus völlig unterschiedlichen Verhältnissen stammen und die
eine wunderbare Liebe verbindet, nämlich jene zur Literatur.
Diese feinsinnige Dreiecksgeschichte spielt im China des Jahres 1971. Der 17jährige
Ma und der 18jährige Luo werden zur Umerziehung durch revolutionäre Bauern aufs
Land geschickt und passen sich den rauen Verhältnissen sehr rasch an. Als sie
die Gelegenheit bekommen in der Kreisstadt einen Film anzusehen um den Dorfbewohnern
darüber zu erzählen, schlägt ihre große Stunde. Mit der fantastischen Erzählung
gewinnen sie nicht nur die Herzen der Bauern, sondern auch jenes der kleinen
chinesischen Schneiderin.
Luo gelingt es durch
immer neue Varianten der Geschichten, die kleine Schneiderin endgültig zu
erobern. Der Wunsch nach mehr wird immer drängender. Eines Tages verrät die
chinesische Schneiderin den beiden Burschen, dass einer der Umzuerziehenden
einen Koffer mit verbotener Literatur versteckt hätte. Voller Neugier und mit
viel List ergattern die drei diesen Schatz und verfügen plötzlich über eine
ungeahnte Fülle von literarischen Büchern, die den Burschen die Verbannung
versüßen und die kleine Schneiderin erstmals mit Weltliteratur in Berührung
bringen werden. An diesem Punkt wird die grundlegende Frage des Films
aufgeworfen: "Welche Rolle kann Literatur tatsächlich in unserem Leben
spielen?"
Für die kleine "namenlose" Schneiderin bringt sie quasi die Welt ins Haus und
die Erkenntnis, dass Schönheit ein unbezahlbarer Schatz jeder Frau sei. Die
Lektüre von Balzac trägt
wesentlich zur Selbstwertfindung und Emanzipation der jungen Frau bei. Nach
verschiedenen dramatischen Entwicklungen verlässt die kleine Schneiderin ihr
Dorf und die Menschen, die sie lieben und verehren, auf der Suche nach jener
Wertschätzung, die sie in Balzacs Romanen zum ersten Mal kennen gelernt hat.
Ein berührender Film voller Romantik und
Leichtigkeit, gespickt mit Ironie und erfüllt von einer einzigen Liebeserklärung
an das Leben mit all seinen Facetten.
(Margarete; 04/2004)