Die Lästerzungen
In
Kalk, noch ungelöscht, in Eisenbrei,
in Salz, Salpeter, Phosphorgluten,
in dem Urin von rossigen Eselsstuten,
in Schlangengift und in Altweiberspei,
in Hundeschiss
und Wasser aus den Badewannen,
in Wolfsmilch, Ochsengalle und Latrinenflut:
In diesem Saft soll man die Lästerzungen schmoren.
In
eines Katers Hirn, der nicht mehr fischt,
im Geifer, der aus den
Gebissen
der tollen Hunde träuft, mit Affenpiss vermischt,
in Stacheln,
einem Igel ausgerissen,
im Regenfass, drin schon die Würmer schwimmen,
krepierte Ratten und der grüne Schleim
von
Pilzen, die des Nachts wie Feuer glimmen,
in Pferderotz und auch
in heissem Leim:
In diesem Saft soll man die Lästerzungen schmoren.
In
dem Gefäss, drin alles reingerät,
was so ein Medikus herausholt aus dem schwieren
Gedärm an Eiter und verpestetem Sekret,
in Salben, die sie in den Schlitz
sich schmieren,
die Hurenmenscher,
um sich kalt zu halten,
in all dem
Schmodder, der zurückbleibt
in den Spitzen und den Spalten
(wer hätte
nicht durch solchen Schiet hindurchgemusst!):
In diesem Saft soll man die
Lästerzungen schmoren.
Meine Herren, packt all die saubren
Sachen
(gehen sie in den
verfaulten Kürbis nicht hinein)
in eure Hosen, um den Bottich voll zu machen,
gebt auch den Arschgeruch von einem Schwein hinein,
und hat´s vier Wochen lang gegoren:
In diesem Saft solln eure Lästerzungen schmoren.
(von Francois
Villon 1431-1463;
von Klaus Kinski bearbeitete Fasssung der Nachdichtung
von Paul Zech)