Die Hausfrau und die Kichererbse

Sieh dir die Kichererbse an, wie sie im Topf hüpft,
Wenn er aufs Feuer kommt ...
Sobald das Wasser siedet, springt die Erbse
Bis an die Oberfläche hoch und schreit:
"Warum verbrühst du mich? War`s nicht genug,
Mich einzukaufen? Warum mich noch misshandeln?"
Die Hausfrau drückt sie ungerührt hinunter:
"Sei still und koch schön! Hüpf nicht aus der Hand,
Die übers Feuer herrscht! Ich koch dich nicht aus Hass,
Sondern um dir Geschmack und Zartheit zu verleihen,
Damit du Speise werden kannst und Teil des Lebens:
Du leidest nicht, weil du verachtet würdest!
Als du noch frisch und zart und grün warst,
Trankst du im Garten Wasser: trankst, damit
Du später dieses Feuer ertragen könntest."
Ehe Gott dich prüft, schenkt Er dir seine Gnade.
Stets kommt vor Seinem Zürnen Seine Gnade,
Damit du wahre Lebensfülle ernten kannst.
Erbsen, ihr kocht in tausenfachem Leiden,
Damit nicht Selbst noch Dasein in euch bleibe!
Werdet zu Speise, Kraft und klarem Geist:
Ihr wart so schwach wie Milch; werdet zu Löwen!


(aus dem "Masnawi" von Rumi)