Terry Pratchett: "Der Zeitdieb"

Ein Scheibenwelt-Roman

Den Bewohnern der Scheibenwelt droht ihr letztes Stündlein zu schlagen: Die Revisoren der Realität, die jedes Chaos unerbittlich verfolgen, lassen eine gläserne Uhr bauen, mit deren Hilfe sie die Zeit für immer anhalten wollen ...


Die Welt wird in jedem Moment neu zerstört und neu geschaffen, und es existiert eigentlich nur ein immer währendes Jetzt, so dass die richtige Einstellung zur Welt eine ständige freudige Überraschtheit ist. So zumindest sagte es Wren, der andauernd Überraschte, als er in einer kleinen Höhle die Natur der Zeit erkannte. Infolge seiner Lehren formierten sich die Geschichtsmönche, die Wächter der Zeit und die Verwalter der Zeit-Ressourcen auf der Scheibenwelt. Eines Tages bekommt ein junges Mitglied der Diebesgilde von Ankh-Morpork ein Jobangebot, das der Betreffende nicht ausschlagen kann - man diskutiert nicht mit Männern, die die Zeit für einen angehalten haben, kurz bevor man am Ende eines langen Sturzes auf das Pflaster knallt - und wird unter dem Namen Lobsang Ludd Mitglied des Mönchsordens. Sehr schnell macht er sich allerdings unbeliebt, weil er auf alle Fragen schon die Antworten zu wissen scheint und damit seinen Lehrern unheimlich auf die Nerven geht. Darum wird er dem alten und sehr verehrten 900 Jahre alten Mönch Lu-Tze zugewiesen, in der Hoffnung, dass entweder einer der beiden Dickköpfe an dem anderen zerbricht, oder aber beide aneinander. Doch Lu-Tze bringt dem jungen Mann zunächst einmal das richtige Fegen von Böden bei und die Lebensweisheiten der Madame Cosmopolita, bei der er mal während eines Aufenthalts in Ankh-Morpork gewohnt hat. Und der junge Mönch ist nicht zufrieden.

Da kommt auf einmal Bewegung in das Kloster, als einige Zeitspulen, die die Mönche benutzen um die Zeitströme zu lenken, aus der Bahn geraten. Durch eine unglaubliche Intuition für die betreffenden Vorgänge gelingt es Lobsang, den Tag - und die gesamte Geschichte - zu retten. Zumindest vorläufig. Denn die Reaktion der Zeitspulen ist ein Hinweis darauf, dass jemand begonnen hat, die perfekte Uhr zu bauen, in der man die Manifestation der Zeit einfangen kann; ein Unglück, das Lu-Tze bereits vorher einmal nicht hat verhindern können. Die gestörten Zeitströme kommen aus Ankh-Morpork, und Lu-Tze und sein Gehilfe machen sich auf die (Zeit-)Reise, um die Welt zu retten. Diese Reise selbst ist zu ungewöhnlich um sie hier zu beschreiben, aber man lernt beispielsweise einiges über Yetis.

In Ankh-Morpork baut mittlerweile ein junger verrückter Uhrmacher unter der Ägide einer menschgewordenen Auditorin und mit Hilfe eines Igors, dessen Hände schon an der ersten Uhr mitgearbeitet haben, an der gefährlichen Uhr, ein Unternehmen, das die Auditorin immer wieder behindert, weil sie am Menschsein Gefallen gefunden hat. Doch das Ende der Welt rückt unaufhaltsam näher.

Dies weiß natürlich auch Tod, der sich allerdings als einer der Reiter der Apokalypse nicht einmischen darf, weswegen er seine Enkelin Susan auf die Suche nach Zeits Sohn schickt, der ihr bei der Rettung der Welt helfen soll. Ihre Suche führt sie unter anderem auch bei Nanny Ogg vorbei, die einst Zeits Hebamme gewesen ist. Tod muss währenddessen die anderen apokalyptischen Reiter zusammenrufen, aber Hunger und Pestilenz haben eigentlich kein wirkliches Interesse auszureiten, und Kriegs Frau - eine ehemalige Walküre - möchte ihren Mann nicht ziehen lassen, weil er sich dabei ihrer Meinung nach immer einen Schnupfen holt. Ronnie, der fünfte apokalyptische Reiter, der die Truppe verlassen hat bevor sie berühmt wurde, verkauft fleißig Milch und Joghurt.

Was noch? Tausende von menschgewordenen Auditoren, gefüllte Pralinen als tödliche Waffen und auch sonst alle möglichen - und natürlich auch unmöglichen - Überraschungen. Einiges ist in der (englischen) Hörspielfassung etwas stark abgekürzt, was stellenweise das Verständnis erschwert, aber in jeder Fassung ist diese Geschichte ein absolutes Vergnügen. Oder, wie Lobsang später sagt: "Ein perfekter Moment", und solche Momente sind einige hundert Jahre wert. (Es gibt natürlich auch die üblichen Kampfsporteinlagen von gefährlichen Mönchen, die so etwas wie die "Men in Black" der Scheibenwelt sind).

(K.-G. Beck-Ewerhardy; 07/2003)


Terry Pratchett: "Der Zeitdieb"
(Originaltitel "The Thief of Time")
Aus dem Englischen von Andreas Brandhorst.
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