Annelies Umlauf-Lamatsch: "Der kleine Peter in der Katzenstadt"
Der originalgetreue Nachdruck des Kinderbuchklassikers mit Illustrationen von Ernst Kutzer
"Der kleine Peter ist
ganz aufgeregt! Heute ist er ja sechs Wochen alt! Morgen geht er zum ersten Male
in die Katzenschule. Die Mutter hat ihn schon einschreiben lassen. Hurrau!
Schreit er vor Freude und springt umher."
Die vor dem Zweiten Weltkrieg bekannte und beliebte Autorin Annelies
Umlauf-Lamatsch
verfasste Dutzende Kinderbücher, darunter als Klassiker geltende Titel
wie "Der kleine Peter in der Katzenstadt" oder "Die Schneemänner", die
einst beim im Jahr 1921 in Wien gegründeten Verlag Jugend und Volk
erschienen, hohe Auflagen erreichten und heute noch in Sammlerkreisen
begehrt
sind. "Der verkühlte Gugelhupf" beispielsweise ist eine gesuchte
Rarität, die stolze Preise erzielt.
Der G&G Kinder- und Jugendbuchverlag legte indes einige Kinderbuchklassiker
von Annelies Umlauf-Lamatsch in originalgetreuen Nachdrucken wieder auf.
23.3.1962: Annelies Umlauf-Lamatsch gestorben |
Geboren wurde die Schriftstellerin als Anna-Louise Lamatsch Edle von Waffenstein am 6. März 1895
in Hermsdorf bei Dresden.
Nach dem Ersten Weltkrieg zog ihre Familie nach Wien, wo Annelies
Umlauf-Lamatsch, so ihr Künstlername, heiratete und ab
1915 als Lehrerin, zuerst an einer Volksschule, später am Pädagogischen
Institut, arbeitete. |
Wie Hans
Bankl am 27. Mai 2003 in "SIM" ("Das
Sicherheitsmagazin") in seiner Kolumne "Spurensuche mit
Professor Bankl. Das giftige Hotelzimmer" ausführt: "Die
populäre Schauspielerin Ellen Umlauf, bekannt als Frau Kaiser in der
Fernsehserie Kaisermühlen-Blues, wurde am 19. Februar 2000 in einem Hotelzimmer
der Stadt Rotorua im Norden Neuseelands tot aufgefunden. Der Telefonhörer war
abgehoben und lag neben ihr. Zunächst nahm man an, die 74-Jährige sei an
akutem Herzversagen gestorben, doch die gerichtsmedizinische Obduktion ergab
etwas ganz Anderes: Hohe Werte von giftigem Schwefelwasserstoff im Blut. Was war
geschehen? Schwefelwasserstoff ist ein heimtückisches Giftgas. In geringer
Menge stinkt es nach faulen Eiern und wird dadurch leicht bemerkt. Bei höheren
Konzentrationen wird der menschliche Geruchssinn gelähmt, und man erkennt die
Lebensbedrohung nicht mehr."
Doch zurück zu Annelies Umlauf-Lamatsch:
Kinder- und Jugendbücher (und nicht nur diese) transportieren bekanntlich die jeweils zur Zeit
am Ort ihres Erscheinens erwünschten bzw. gültigen Verhaltensweisen, Ideale und Rollenbilder, Klischees, Moral- und
Wertevorstellungen; nicht zu vergessen ist die erzieherische Absicht,
wenngleich hierzu heute (glücklicherweise) ein anderes Vokabular existiert.
"Wenn du für die Jugend schreiben willst, so darfst du nicht für die Jugend
schreiben! - Denn es ist unkünstlerisch, die Behandlung eines Stoffes so oder
anders zu wenden, je nachdem du dir den großen Peter oder den kleinen Hans als
Publikum denkst", so ein von Theodor
Storm aufgestelltes Gebot.
Annelies Umlauf-Lamatschs Helden sind kaum jemals Menschen; diese treten
bevorzugt lediglich als Randfiguren in Erscheinung, sondern (zumeist wie
Menschen gekleidete und agierende) Hexen und Teufelchen, Zwerge,
Tiere und Pflanzen.
Der Titelheld in "Der kleine Peter in der Katzenstadt" ist ein
schwarzer Kater, dessen Werdegang vom vorwitzigen Taferlklassler bis zum
Bilderbuchfamilienvater und Bürgermeister der Katzenstadt in 21 Kapiteln
geschildert wird. Man liest von Streichen (Motto: "Die Strafe folgt auf dem
Fuß") und aufregenden Erlebnissen (denn das Mäusefangen will nach allen
Regeln der Kunst gelernt sein). Peter schließt gar Freundschaft mit Rolf, einem
entlaufenen Zirkushund, und ehelicht eine ehemalige Mitschülerin, die weiße,
fürsorgliche Miez ("Früh gefreit, nie gereut"), der er - ein Held
vom Scheitel bis zur Sohle - einmal das Leben gerettet hat.
Die durchgehend mit erhobenem Zeigefinger betonten Werte der entworfenen
Katzenwelt sind Ordnung, Gehorsam, Fleiß, Sauberkeit, Pünktlichkeit,
Tapferkeit und dergleichen Tugenden mehr, wobei ein begeistertes
"Hurrau!" aus Katzenkinderkehlen nie fehlen darf.
Art und Weise, wie diese Themen aufbereitet und in welchem Sprachstil sie
behandelt werden, machen das Buch in erster Linie zu einem kulturgeschichtlich
interessanten Dokument für charakterlich gefestigte erwachsene Leser, lassen es
jedoch als Lektüre für sogenannte Erstleser, für die "Der kleine Peter
in der Katzenstadt" einst konzipiert wurde, großteils untauglich
erscheinen. Denn der moralinsaure Beigeschmack der vermittelten Benimmregeln wie
auch die Darstellung einer bieder-spießigen Stadtidylle und die Vorstellungen
von einer "erfolgreichen Erziehung" übersteigen bisweilen den Grad
des Erträglichen und gehen auch unter nostalgischen Gesichtspunkten keineswegs
als Bestandteile einer Gesellschaftssatire durch.
Außerdem wird, weil es sich um einen originalgetreuen Nachdruck handelt, nicht
die derzeit gebotene Rechtschreibung verwendet, weswegen sich "Der kleine
Peter in der Katzenstadt" schon allein deshalb nicht für Erstleser eignet.
Mag. Dr. Susanne Blumesberger führt in
einem "Annelies Umlauf-Lamatsch: Märchenmutti oder Propagandaautorin?"
betitelten Artikel aus: "Auf den ersten Blick scheint es sich
bei den Büchern um harmlose Märchen und Geschichten für Kleinkinder bzw. um
nette Jugendromane zu handeln. Annelies Umlauf-Lamatsch hat aber auch politische
Propaganda betrieben, wie die Auseinandersetzung mit jenen Werken zeigt, die während
der Zeit des Nationalsozialismus entstanden sind. Hinter der 'Märchenmutti',
als die sie sich den Kindern in ihren Büchern immer wieder vorgestellt hat,
steckte noch eine ganz andere Frau." (Der Artikel entstand im Rahmen
des Moduls "Kinder- und Jugendbuchautorinnen" des Projekts
"Biografische Datenbank und Lexikon österreichischer Frauen am Institut für
Wissenschaft und Kunst, ein Jubiläumsfondsprojekt mit der Nummer 8546" und
ist zur Gänze in "Biblos. Beiträge zu Buch, Bibliothek und Schrift",
herausgegeben von der Österreichischen Nationalbibliothek Wien, "Phoibos"
Heft 50, 2 /2001. S. 211-225 nachzulesen.)
Die in den Farben Grün, Schwarz, Weiß und Orange gehaltenen Bilder zur
Geschichte "Der kleine Peter in der Katzenstadt" stammen von Ernst Kutzer (1880-1965),
der sich nach Studien an der Kunstakademie in Wien
als Buchillustrator betätigte. Auch während des Ersten Weltkrieges war er vorwiegend als
Zeichner beschäftigt. Ernst Kutzer illustrierte zahlreiche Kinder-
und Bilderbücher. Viele davon wurden als Nachdrucke
wieder aufgelegt.
Die Rezensentin dankt Frau Mag. Dr. Susanne Blumesberger für die freundliche
Unterstützung.
(kre; 05/2005)
Annelies Umlauf-Lamatsch: "Der
kleine Peter in der Katzenstadt"
Bilder von Ernst Kutzer. Blockschrift von Alois Legrün.
G&G, 2005. 64 Seiten. (Ab 6 J.)
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