Martin Karau, Katja Wehner: "Der Panther im Paradies"


Martin Karau zeigt mit diesem von Katja Wehner glänzend illustrierten Buch, dass man auch heute noch Fabeln schreiben kann, tiefsinnige Texte aus der Tierwelt, die Wesentliches über den Menschen, seine Stärken und Schwächen aussagen und dem Leser mit einem literarischen Schmunzeln den Spiegel vorhalten.

Ein Panther (und schon hier erinnert sich der Leser zum ersten Mal an Rilkes Gedicht "Der Panther") kommt in einen Zoo, von vielen auch "Tierparadies" genannt. Er staunt nicht schlecht, und auf seine verwunderte Frage: "Was ist denn das hier für ein Laden?" nimmt ihn ein alter Hase beiseite und erklärt ihm die Spielregeln. Dies sei das Paradies, sagt er nicht ohne Stolz, und hier laufe alles anders. Man äße einander nicht, rauche nicht und gehe auch nicht bei roter Ampel über die Straße, jedenfalls nicht in der Gegenwart von Kindern. Alles sozusagen "politisch vollkommen korrekt", und: "Wenn es ein Problem gibt, reden wir in der Gruppe darüber".

Der Panther ist schockiert, fühlt sich gar nicht wohl in seiner wilden Raubtierhaut. Auch die guten Ratschläge des Löwen, der dick und aufgedunsen und völlig verweichlicht in seinem Liegestuhl liegt, helfen ihm nicht weiter. Der Panther beschwert sich beim Direktor und erläutert ihm in bewegten Worten die Natur eines Panthers und dass ebendiese hier im "Paradies" vor die Hunde gehe. So könne er weder irgendetwas fressen, noch habe er sich sein Leben so vorgestellt.

Als die Tiere im regelmäßigen Stuhlkreis bei der gruppendynamischen Tagesauswertung merken, dass das Eichhörnchen fehlt, dem Panther aber ein buschiger Schwanz gewachsen ist, kann dieser die etwas einfältigen Tiere noch beruhigen.
Doch mit jedem weiteren Tier, das verschwindet und den Panther entsprechend verwandelt, werden die verbleibenden Tiere skeptischer.

Nachdem er schlussendlich auch den Zoodirektor gefressen hat und ihm eine ziemlich trostlose Zukunft vor Augen steht, ("Heißt das, ich muss von jetzt an jeden Morgen ins Büro, den ganzen Tag an einem Schreibtisch sitzen, mittags in der Kantine essen, abends mit der Straßenbahn nach Hause fahren und nachts in einem Bett schlafen?") fliegt er zurück nach Afrika, nicht jedoch, ohne zuvor alle, die er gefressen hat, auszuspucken und seine ursprüngliche, natürliche Gestalt wieder anzunehmen. Und in der afrikanischen Savanne legt er sich dorthin, "wo er am liebsten lag: Auf die Lauer."

Fazit:
"Der Panther im Paradies" ist eine schöne Fabel darüber, wie durch Gruppendruck und angeblich "politisch korrekte" Regeln alles Andere als paradiesische Zustände entstehen können. Ein Beispiel dafür, was dabei herauskommt, wenn im Namen des Guten etwas gegen die Natur eines Wesens geschieht oder geregelt wird.
Ein Loblied der natürlichen Ordnung mit einer Menge lustiger und hintersinniger Anspielungen auf so manches Phänomen aus dem "Menschenzoo".

(Winfried Stanzick; 01/2009)


Martin Karau, Katja Wehner: "Der Panther im Paradies"
Aufbau-Verlag, 2008. 32 Seiten. (Ab 3 J.)
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Martin Karau, 1955 in Berlin geboren, studierte Geschichte in Halle, veröffentlichte zahlreiche Kinderbücher, schreibt für Fernsehen und Theater, arbeitet als Autor und Übersetzer.

Ein weiteres Buch des Autors:

Martin Karau, Isabel Pin
(Illustrationen): "Wenn die Katzen älter werden"
Was für ein süßes Mäuseleben! Die alt gewordenen Katzen ruhen sich aus, und die Mäuse können quietschvergnügt, statt in ihre Löcher zu flüchten, genüsslich ein Stück Torte naschen, lässig im Sessel sitzen, dazu ein Gläschen Wein trinken und obendrein die müde Katze keck herausfordern. Kann das lange gut gehen?
Für Martin Karaus frech-rasantes Katz- und Mausspiel über das Älterwerden hat Isabel Pin fröhliche und fantasievolle Bilder entworfen. (Aufbau-Verlag)
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