Luca Novelli: "Das Darwin-Projekt"

Charles Darwins Reise um die Welt


Unterwegs mit Charles Darwin: das Buch zum großen Jubiläum

Luca Novelli ist als Naturwissenschaftler, Grafiker und Journalist seit etwa 1970 einer der anerkanntesten und auch auflagenstärksten Autoren für Sachbücher für Kinder und Jugendliche. In 21 weitere Sprachen übersetzt, liegen seine Bücher auch auf Deutsch vor.

"Das Darwin-Projekt", in Italien in zwei Teilen 2006 und 2007 veröffentlicht, entstand nach einer Idee Luca Novellis. Wissend, dass am 12. Februar 2009 der 220. Jahrestag der Geburt von Charles Darwin gebührend publizistisch gewürdigt werden würde, bot er bereits im Jahr 2005 der italienischen Forschungsgesellschaft Comunita Scientifica an, "auf den Spuren Darwins eine Weltreise zu unternehmen und all die Orte zu besuchen, an denen er sich zwischen Dezember 1831 und Oktober 1836 aufgehalten hat, um aus heutiger Sicht seine 'Reise eines Naturforschers um die Welt' nachzuschreiben."
Unterstützt unter anderem vom "WWF", machte sich Luca Novelli mit seinem Team auf den Weg zu seinem "Darwin-Projekt". Es "konzentriert sich nicht nur auf naturwissenschaftliche Aspekte, sondern fühlt sich auch dem Umweltschutz und der Förderung des Friedens in der Welt verpflichtet."

Jede Station, die Luca Novelli auf den Spuren Darwins besucht hat, beginnt mit einem "Dossier", bestehend aus Bildern, Zeichnungen und Landkarten, die den jeweiligen Weg Novellis und seiner Begleiter nachzeichnen. Das Interessante und Mitreißende an diesem fantastischen Reisebericht ist die Tatsache, dass der Autor in die imaginierte Person Charles Darwins hineinschlüpft, ihn sozusagen die gesamte Reise auf den Spuren der "Beagle", mit der er in den Jahren 1831 bis 1836 unterwegs war, machen lässt.

Dabei lässt der Autor Darwin anschaulich seine damaligen Gedanken, Beobachtungen und Theorien beschreiben. Insofern ist das Buch eine lockere und spannend zu lesende Einführung in Darwins Evolutionstheorie. Gleichzeitig aber beobachtet der quasi zeitreisende Darwin die jeweiligen Orte, denen er wieder begegnet, und beschreibt diese. Dabei fallen ihm insbesondere all jene Veränderungen auf, welche die Ökologie der jeweiligen Orte stark bedrohen und vor allem den Lebensraum vieler Tiere, die er schon damals beobachtete und die auch jetzt ausführlich beschrieben und abgebildet werden; auch jene Arten, die in den Zwischenzeit ausgestorben sind.

Mit der genialen Sprachkunst und dem umfassenden Wissen Novellis ist ein romanhaft erzählter Reisebericht entstanden, der seine hervorragenden literarischen Qualitäten auf das Beste mit allem, was heutzutage ein gutes Sachbuch für Kinder und Jugendliche ausmachen muss, verbindet.
Als primäre Zielgruppenleser gelten wohl Kinder und Jugendliche. Aber auch Erwachsene, die sich mit Darwins Forschungen und Theorien befassen wollen und die die zahlreichen auf den Buchmarkt geworfenen eher wissenschaftlichen Bücher, insbesondere die scharfen Auseinandersetzungen um die Theorien der modernen Evolutionsbiologie, zu kopflastig und schwierig finden, können dieses Jugendbuch mit Genuss und Gewinn lesen.

Es gibt auch viele Menschen, die einfach gerne Reiseberichte aus allen Teilen der Welt lesen, weil sie selbst nicht dorthin gelangen können oder wollen. Sie werden an diesem Buch ihre große Freude haben.
Luca Novelli kann man zu diesem Buch nur gratulieren, dass er es versteht, Darwins Gedanken und aktuelle, auch politische Probleme zusammenzubinden und so ein leidenschaftliches Plädoyer nicht nur für die Naturwissenschaften ablegt, sondern auch für deren Verantwortung für die ökologische Erhaltung der Welt und für den Frieden zwischen den Nationen und Völkern.

(Winfried Stanzick; 02/2009)


Luca Novelli: "Das Darwin-Projekt. Charles Darwins Reise um die Welt"
(Originaltitel "In Viaggio con Darwin. Il secondo giro attorno als mondo.
Patagonia e Terra del Fuoco; Chile Peru Galapagos")
Mit Fotos / Illustrationen von Gianni de Conno.
Aus dem Italienischen von Cornelia Panzacchi.
cbj, 2009. 350 Seiten. (Ab 11 J.)
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Noch ein Buchtipp:

Philipp Sarasin: "Darwin und Foucault"

Genealogie und Geschichte im Zeitalter der Biologie.
Dieses Buch unternimmt ein Experiment: Wie im Labor werden zwei der aggressivsten "Säuren" moderner Theoriebildung in eine Schale gegossen, um dann zu beobachten, wie sich das Gemisch verhält. Charles Darwin und Michel Foucault stehen beide für ein Denken, das in radikaler Weise mit Traditionen bricht und den Unterschied zwischen Natur und Kultur ebenso in Frage stellt wie das angebliche Wesen der Dinge: Alles verflüssigt sich unter ihrem genealogischen, auf die Herkunft von älteren Formen achtenden Blick und verrät so, dass die Dinge "keine Identität" und "kein Wesen" haben bzw. dass die Vorstellung von einer stabilen Ordnung der Natur sinnlos ist. Sowohl Darwin als auch Foucault stehen damit für eine Spielart des historischen Denkens, die - so die These dieses Buches - die bequemen, stabilen Gewissheiten des Biologismus einerseits und des Kulturalismus andererseits unterminiert. Es zeigt sich, dass Darwin die Natur in paradoxer Weise als das Historische per se versteht, während Foucault wie selbstverständlich die scheinbar unüberwindliche Schranke zwischen Natur und Kultur unterläuft. Darwin baut kulturelle Mechanismen in die Selektionsprozesse der biologischen Arten ein, und Foucault hat, was kaum bekannt ist, sein antikulturalistisches Denken auf eine eingehende Darwin-Lektüre gestützt, die Philipp Sarasin hier zum ersten Mal und anhand zum Teil neuer Quellen im Detail nachzeichnet. Angezettelt wird ein spannender Dialog zwischen zwei Theoretikern, die auf ihren Gebieten von herausragendem Einfluss sind, bislang aber kaum je zusammengedacht wurden. (Suhrkamp)
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