Yves Coppens, Sacha Gepner: "Der Ursprung des Menschen"
Der
lange Marsch zur
Menschwerdung
Woher stammt der Mensch? Warum gibt es ihn? Fragen, die seit jeher die
Menschheit beschäftigen. Und wer, wenn nicht Yves Coppens,
könnte diese Fragen
besser beantworten. Der französische Wissenschaftler und
ehemalige Professor am
College de France bringt Licht ins Dunkel unserer
Vergangenheit. Er erzählt
Kindern ab acht Jahren woher wir kommen und warum die Einen noch auf
den Bäumen,
die Anderen im Büro hocken.
Auf sechzig großformatigen Seiten schildert der
große Paläontologe, der u. a.
mit dabei war, als 1974 das berühmte
Australopithecus-Mädchen Lucy gefunden
wurde, dem Kind, das dieses Buch liest - oder besser: vorgelesen
bekommt - die
Geschichte unserer Vorfahren und die Entstehung des Universums.
"Was war vor den Menschen?
Vor dem Leben,
den Pflanzen und den Tieren,
vor dem Wasser, der Erde, dem Feuer und der Luft,
vor der ersten Nacht und dem ersten Tag,
vor der ersten Sonne und vor den Sternen?
Was war da? Und wie war es?"
1. Teil - Vom "Nichts" zum ersten Zweibeiner
Coppens' Reise reicht vom sogenannten Nichts vor dem großen "BÄNG!!!"
(da muss es doch etwas gegeben haben), über die Entstehung von
Zeit, Raum und
Materie (Einstein lässt grüßen) im sich
langsam abkühlenden brodelnden
kosmischen Kochkessel aus Quarks und Gluonen bis zum komplexen
Universum mit all
seinen Sternen und Galaxien. Er erzählt den kleinen
Zuhörern oder Lesern wie
sich erstes primitives Leben entwickelte und später ein
unverhoffter
Eindringling allem eine neue Richtung gab und den Lauf der Geschichte
veränderte.
Gemeint ist eine Art Fisch, die erstmals das Land erobert und im Laufe
mehrerer
Millionen Generationen hier heimisch wurde.
Von da an geht es "Schlag auf Schlag". Nach den Amphibien folgen die
Dinosaurier und die ersten Säugetiere. Und schon tauchen die
Primaten - unsere
Vorfahren - auf. Und bis das erste seltsame Wesen auf dem Plan steht, "das
nicht mehr wirklich ein Affe, aber auch noch kein Mensch ist",
ist es
auch nicht mehr weit. Der Marsch der Hominiden - der Weg zur
Menschwerdung -
kann beginnen.
Natürlich passiert dies alles nicht so rasant wie es im Buch
den Anschein hat.
Jahrmillionen liegen zwischen all diesen Entwicklungsphasen. Doch Yves
Coppens
hat alles Wichtige auf zwanzig Seiten verdichtet. Seinen Text platziert
er am
unteren Buchrand. Zwei Drittel der Buchseite sind den geheimnisvollen
dunklen
Illustrationen Sacha Gepners, eines freien Künstlers und
Illustrators aus
Paris, vorbehalten. In einer Melange aus verwaschenen, wabernden Blau-
und Grüntönen,
die der Tiefe unseres Universums und der vergangenen Zeit eindrucksvoll
gerecht
werden, setzt Gepner nur sparsam leuchtende Akzente. Da steht auf der
einen
Seite die unheilvolle Silhouette eines Tyrannosaurus Rex, auf der
anderen schaut
das beleuchtete Gesicht eines Homo Habilis aus dem düsteren
Strukturhintergrund. Wiederum ein paar Seiten später sieht der
Betrachter eine
Gruppe Neandertaler in einer dunklen Höhle gemeinsam um ein
loderndes Feuer
sitzen, oder aber eine Homo Erectus-Frau liebevoll ihr kleines Kind im
Arm
halten.
2. Teil - Unsere Familie die Hominiden
Yves Coppens hat sein Buch zweigeteilt. Die letzten dreißig
Seiten widmet er
ausschließlich der Evolution der Hominiden, seinem
Spezialgebiet. In einfachen
und verständlichen Worten erläutert er die einzelnen
Wege, die unsere
Vorfahren genommen haben, beginnend an ihrer Wiege, die zweifelsohne in
Afrika
stand. Sei es nun Homo habilis, Homo rudolfensis, Neandertaler, Homo
erectus,
Homo ergaster oder letztendlich Homo sapiens, immer neuere
spektakuläre Funde
haben den Stammbaum des Menschen inzwischen in einen beinahe
verworrenen
Stammbusch verwandelt.
Und "eines Tages ... erfindet der Mensch die Schrift ...
Damit geht die Vorgeschichte zu Ende, und die Geschichte beginnt.
14 Milliarden Jahre sind vergangen ... und wenige Jahrtausende
Zivilisation."
Ein Glossar, in welchem schwierige Begriffe erklärt werden,
ergänzt dieses großartige
und wunderbare Buch. Den Text Coppens' hat letztendlich Soizik Moreau "aufgenommen,
niedergeschrieben und verschönert, so wie sie immer macht",
berichtet
der Autor. Aus dem Französischen übersetzt hat ihn
Ilse Rothfuß.
Weil Yves Coppens seinen kleinen und großen Leser eine
Fülle an Informationen
mit großer Komplexität bietet, ist es sicher
sinnvoll, Kindern dieses Buch
nicht einfach in die Hand zu geben, sondern es ihnen vorzulesen und
immer wieder
einmal über einzelne Passagen gemeinsam nachzudenken und
miteinander zu
sprechen.
Fazit:
"Vom Sternenstaub zum Wesen, das erforscht, woher es kommt -
die
Geschichte des Menschen ist ein Wunder. Wie weit wir mit der
Selbsterforschung
gekommen sind, zeigt in bewundernswerter Klarheit dieses
[großartige] Buch"
Yves Coppens', schreibt der Hanser Verlag, bei dem "Der
Ursprung des
Menschen" erschienen ist. Dieser Aussage kann man sich
uneingeschränkt
anschließen. Sacha Gepners fantastische Illustrationen wirken
als
eindrucksvolles ergänzendes Pendant.
Empfohlen für Kinder ab acht Jahren.
(Heike Geilen; 09/2008)
Yves
Coppens, Sacha Gepner: "Der Ursprung
des Menschen"
Übersetzt aus dem Französischen von Ilse
Rothfuß.
Hanser Kinderbuch, 2008. 61 Seiten. (Ab 8 J.)
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