Christine Nöstlinger: "Der liebe Herr Teufel"
Endlich mal erfährt man, wie es in der Hölle eigentlich so zugeht. Mir war schon klar, dass es dort mächtig streng zugeht, aber dass ausgerechnet eine alte Dame das Regiment führt!
Und mit welchen Problemen Teufel so zurecht kommen müssen! Wirklich schlimm. Das mit dem Gestank haben sie ja - "Teufelseidank" - gut im Griff. Dieser ewige Geruch nach Maiglöckchen wäre ja nicht auszuhalten. Eine überfüllte Altershölle, nun das kennt man auch auf Erden. Aber dass das Lügennetzgeschäft zu wenig einbringt, wer hätte das gedacht. Seit einem Jahr kein Teufelspakt mehr geschlossen, die Menschen erledigen die Schlechtigkeit von ganz alleine. Also wird nach einem missglückten Erdenbesuch der obersten Teufelsgattin namens Fulminaria ein "007" der Teufel ausgesucht. Aus Gründen, die das Leben auf der Erde bestimmt, wird nur auf Äußerlichkeiten Wert gelegt, und so schwebt ein dunkelgelockter, seidigbewimperter, violettäugiger junger Teufel namens Beelze den Erden-Höllen Aufzug hinauf und soll das verboten gute, liebevolle Ehepaar Brunner verführen - damit die oberste Teufelsgattin ihre Wette gegen ihren Luzifer gewinnt.
Nach Maiglöckchen
duftend, mit einem Katzenverwandlungstrank und 1 Million Höllendollar (986 Euro!)
ausgestattet, beginnt für Beelze ein beinahe unmöglicher Auftrag. Was ist das
bloß: Schlecht, unglücklich?
Beelze weiß nur was es bedeutet, ein schlechter
Schüler zu sein; eben einer wie er, der so ziemlich alle teuflischen Anweisungen
verschlafen hat.
Nöstlingers Höllengeschichte ist ein köstliches Abenteuer eines in höchstem Maße liebenswürdigen Teufels. Wie schwierig ist es doch, ein richtiger Teufel zu sein! Im Verlaufe der Geschichte beginnt auch der Leser - ob jung, ob alt - die Welt mit anderen Augen zu sehen. Äußerlichkeiten des Lebens, gesellschaftliche Werte, Zufälle oder Schicksal - alles beginnt sich zu drehen, seine Bedeutung zu verlieren und auf den Kopf gestellt zu werden. Der Leser kann schmunzeln, lachen oder nachdenken, ganz wie es ihm beliebt. Am nachdenklichsten hat mich die Entscheidung des Beelze gemacht, für den Rest seines Lebens als Kater bei dem "verführten" Ehepaar zu bleiben. Ein Kinderbuch ab 8 Jahren, mit allen Zwischentönen des Lebens.
(Die Prinzessin; 06/2003)
Christine Nöstlinger: "Der liebe Herr Teufel"
Dachs Verlag, 1999. 96 Seiten.
ISBN 3-85191-203-9.
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