duo pianoworte: "Wilhelm Busch"

Unterhaltsames und Ungehöriges für Kinder. Gesprochen von Helmut Thiele.
(Hörbuchrezension)


Wilhelm Busch einmal anders: Musik übernimmt die Illustration

Wilhelm Busch einmal anders, als Hörbuch: in dieser Edition wurden einige der bekanntesten Reimgeschichten des "Comicautors und -zeichners der Romantik" zusammen mit Klaviermusik verarbeitet.
Eine Inhaltsangabe der verwendeten Geschichten ist aufgrund ihres Bekanntheitsgrads im Rahmen dieser Besprechung sicher nicht notwendig, wohl aber dürfte eine Aufzählung der einzelnen Beiträge hilfreich und nützlich sein.
Hans Huckebein, der freche Rabe, dem sein Hang zum Alkohol zum Verhängnis wird, macht den Anfang, gefolgt vom "braven Lenchen", dem "hinterlistigen Heinrich" und der "kühnen Müllerstochter".

Ganz ausführlich haben sich die Herausgeber mit "Fipps der Affe" befasst; diese pointenreiche, rasante Geschichte mit ihren vielen Protagonisten und Wendungen besteht aus neun Kapiteln und stellt den Hauptteil des Hörbuchs dar. Im Anschluss an "Fipps" findet man "Die beiden Enten und der Frosch", "Die Fliege" und "Der Hahnenkampf".
Den Abschluss bildet ein mit "Für alle, die noch mehr über die Musik wissen wollen" betitelter Beitrag, in dem die Ausdrucksmöglichkeiten der Musik allgemein und ihr Einsatz speziell in Buschs Reimgeschichten interessant und kindgerecht beschrieben werden.

Nicht umsonst sind die Reime und Zeichnungen von Wilhelm Busch seit Generationen so beliebt. Umso verblüffender erscheint die Idee, aus einigen der bekanntesten Reimgeschichten Buschs ein Hörbuch zu machen: Haben sie auch ohne die kecken Bilder dieselbe Wirkung - oder eine andere, die jedoch mit einer vergleichbaren Faszination einhergeht?

Im Hörbuch des "duos pianoforte" findet man statt der originalen zeichnerischen Illustrationen eigens für das Projekt komponierte Klaviermusik mit reicher Geräuschuntermalung. Wie erwähnt, werden die eingesetzten musikalischen und technischen Effekte im abschließenden Beitrag beschrieben. Es wäre unter Umständen für viele Kinder praktisch, zuerst diese Erläuterung anzuhören, denn mit solchem Rüstzeug erschließen sich die musikalisch untermalten Geschichten vielfältiger und intensiver, auch wenn Kinder intuitiv sehr gut wesentliche Effekte einordnen und verarbeiten können.

Die eher an klassischen Vorbildern orientierte und daher, von inhaltlich vorgegebenen, in den Kontext integrierten "frechen" Dissonanzen abgesehen, harmonische Musik passt sich hervorragend an die Texte an und bewirkt in der Tat eine geradezu spannende und abwechslungsreiche Illustrierung. Zuweilen darf sie sich im Vordergrund bemerkbar machen und treibt scheinbar die Handlung voran, dann tritt sie wieder zurück und untermalt lediglich den temperamentvollen, vom Text bestimmten Fortlauf der Geschichte. Eine wirklich meisterliche Dramaturgie in der Komposition! Die Kapriolen tierischer Protagonisten, drollige Missgeschicke aller Art, dräuendes Unheil, alles vermag die Musik einmal keck, einmal ausschweifend, einmal voller Seelentiefe einzufangen. Das Buch fördert also auch in vorzüglicher Weise das kindliche Musikverständnis und die Freude am musikalischen Experimentieren.

Junge Zuhörer müssen allerdings schon ein Gespür für die Interpretation von Buschs Geschichten entwickelt haben, sonst kommen sie mit deren meist fatalem Ausgang nicht zurecht. Nicht alle Achtjährigen vermögen dies bereits. Wiewohl Hans Huckebein oder auch Fipps als wahre Bösewichte dargestellt werden, tendieren Kinder dazu, in ihnen hilflos der menschlichen Welt ausgelieferte Tiere zu sehen, die ihnen letztlich Leid tun - zu sehr, als dass ihre Eliminierung nicht als ausgesprochen schmerzlich empfunden würde. Kinder, die sich mit dem Hörbuch befassen, sollten also bereits den Zugang zu Busch gefunden haben und verstehen, dass die vermenschlicht-tierischen Protagonisten im Grunde Menschen karikieren, dass Busch nicht wörtlich zu nehmen ist, und was Ironie bedeutet.

Das Hörbuch kann man nicht anders beurteilen denn als sehr gelungenes, kühnes Experiment. Buschs Zeichnungen wird man beim Zuhören gar nicht vermissen angesichts der musikalischen Begleitung und der spannend vorgetragenen Texte - und wenn doch, findet man eine Reihe der liebenswerten Original-Illustrationen im Begleitheft.

(Regina Károlyi; 04/2007)


duo pianoworte: "Wilhelm Busch - Unterhaltsames und Ungehöriges für Kinder"
Gesprochen von Helmut Thiele.

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