Christine Nöstlinger: "Das Austauschkind"


Für Ewald wird in der schönsten Zeit des Schuljahres ein Albtraum wahr. Er soll in den Sommerferien nach England fahren und dort seine Englischkenntnisse verbessern. Zum Glück gelingt es, dank dem selbstlosen Einsatz seiner schlauen Schwester Bille, dieses Unglück abzuwenden, doch stattdessen besorgt ihm seine Mutter heimlich ein englischsprachiges Austauschkind.

Ewald passt das so gar nicht in den Kram, denn eigentlich wollte er lieber seine Ruhe haben und im Schrebergarten der Großmutter mal so richtig ausspannen - ohne nervige Eltern und ohne lästigen Austauschschüler.
Als plötzlich statt dem bestellten Musterschüler Tom sein Bruder, genannt "Jasper the devil", aus dem Flugzeug steigt, ahnen Ewalds Eltern noch nichts von den bevorstehenden Turbulenzen der kommenden Wochen.

Erst als dieser sich mit schwerem Gepäck beladen, knurrend wie ein Hund in den Wagen fallen lässt und niemanden eines Blickes würdigt, kommen leise Zweifel auf, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Nicht einmal die väterlichen Bemühungen als Fremdenführer scheinen irgendeine Wirkung auf den kühlen Briten auszuüben. ("This is the Zentralfriedhof. All dead people of Vienna are living here!").

Zu Hause angekommen verzieht er sich sofort in Ewalds Zimmer und verzichtet auf die Gesellschaft und Gastfreundlichkeit von Familie Mittermeier. Die finden Jaspers Benehmen mittlerweile mehr als merkwürdig. Da kommt es zum Beispiel schon mal vor, dass er - wenn überhaupt - nackt zum Frühstück erscheint oder Mutters köstlichen Tafelspitz in Tomatenketchup ertränkt.

Nach einer Woche reißt dem Vater der Geduldsfaden und stürmt Jaspers Quartier. Zum Vorschein kommen ein riesiger Müllberg aus leeren, stinkenden Konservendosen sowie andere essbare Vorräte aus der mittermeierschen Speisekammer und mittendrin ein völlig verdreckter britischer Teenager.

Die Mittermeiers überlegen schon, wie sie dieses Kind wieder loswerden, doch als sie von der tragischen Familiengeschichte des Jungen erfahren, haben sie Mitleid - ja sie bringen sogar Verständnis für sein Verhalten auf und versuchen ihm den Aufenthalt in Wien so angenehm wie möglich zu gestalten.

Auf einer turbulenten Österreichreise muss Jasper eine bittere Enttäuschung einstecken und als dann auch noch seine Steinsammlung verschwindet, ist er völlig am Ende.

Zum Glück wendet sich letztendlich alles zum Guten. Das gemeinsam Erlebte schweißt die Mittermeiers mit dem Austauschkind zusammen und somit fällt das Abschiednehmen schwer.

Dieses Buch ist ein Muss für all jene, die sich mit der Aufnahme eines Austauschkindes konfrontiert sehen und diejenigen, die froh darüber sind, ein solches "Übel" abgewendet zu haben. Ein wahrer Lesegenuss für jung und alt!

In gewohnter sprachlicher Manier gelingt es Christine Nöstlinger immer wieder Alltagsgeschichten auf erheiternde Weise zu erzählen und gleichzeitig Kritik an der Gesellschaft zu üben. Auch die typischen Illustrationen von Tochter Christiane Nöstlinger dürfen dabei nicht fehlen und vervollständigen das Buch zu einem ausgesprochen gelungenen Werk!

(NiNanu; 07/2004)


Christine Nöstlinger: "Das Austauschkind"
Dachs Verlag, 2003. 144 Seiten. (Ab 8 J.)
ISBN 3-85191-152-0.
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