Das verlassene Gehöft
Ein trauriges
Raunen drang durch das schwere hölzerne Eingangstor, das ehedem von kundigen Händen
als Bollwerk zwischen der warmen Stube und der Willkür der Witterung errichtet
worden war:
"Krötenhaut und Gänsekiel, Eulenblut und Besenstiel,
Krähenschnabel
und Gebein - dies soll mein Vermächtnis sein:
Eingebrannt in diese Wand, vor
der mein Liebster dereinst stand,
ist der Abdruck seiner Hand, die - ohne
Zögern - meine fand.
Längst verloren ist das Land, wo zarte Liebe uns verband.
Er war meines Lebens Licht, Ursprung meiner Zuversicht.
Er war meines
Daseins Quell, jedoch verging das Glück so schnell:
Die Jahre gingen in das
Land, wo tiefe Liebe uns verband,
wo wir liefen Hand in Hand, und wo die alte
Linde stand,
in deren Stamm geschnitzt die Worte
`Wer je geliebt an diesem
Orte, ist getreten durch die Pforte
aus den Zeiten in das Licht. Treu zu sein
fortan die Pflicht,
wohl und rechtens spricht das Herz, das gefühlt des Liebens
Schmerz.´
Leichten Sinnes, wie wir waren, frohgemut und unerfahren,
gingen
wir den Weg zurück, mit jedem Schritt ein kleines Stück
näher an die Menschenwelt,
die Augen noch am Himmelszelt.
Wie war jene Nacht so bang, aus dem nahen Wald
erklang
manches dunklen Wesens Klagen, doch wir wollten nicht verzagen.
Hand
in Hand durch jenes Land, wo uns die Ewigkeit verband.
Wir kehrten heim im
Morgenrot und fanden alle Knospen tot!
Mein Geliebter ging ins Haus und er
kam nie mehr heraus.
Alles, was von ihm geblieben ist der Handabdruck dort
drüben.
Fliegenpilz und Adlerkralle,
Lebertran und Ochsengalle,
Echsenblut und Storchenbein - lasst mich auf ewig
bei ihm sein."
Da erhob sich ein Tosen und
eine Staubwolke unglaublichen Ausmaßes umhüllte das Gehöft. Als der Staub sich
wieder legte, stand anstelle des Hauses eine alte Linde inmitten der Wiese.
(DK,
26. Februar 2001)
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