Klaus-Peter Wolf: "Samstags, wenn Krieg ist"


"Ich habe es geliebt, mit meinen Büchern auf ausgedehnte Lesereisen zu gehen. [...] Ich machte 1990 mehr als 4000 Veranstaltungen. Aber dann begann sich etwas zu verändern. [...] Nun weigerten sich an verschiedenen Orten Schüler, an meiner Veranstaltung teilzunehmen, weil sie 'so einer linken Zecke' nicht zuhören wollten."

Jene Worte sind dem Krimi "Samstags, wenn Krieg ist" von Klaus-Peter Wolf in einem Epilog nachgestellt. Ein Buch, das vom "SWR", damals noch "SDR", im gleichen Zug verfilmt werden sollte. In der Regie von Roland Suso Richter ist die Folge 163 "Samstags, wenn Krieg ist" des "Polizeirufs 110" mit Angelika Domröse am 18.9.1994 erstmalig ausgestrahlt worden und stieß auf viel positive Resonanz.
Im Juli 2009 ist im Pendragon Verlag eine Neuauflage des Krimis erschienen.

Klaus-Peter Wolfs Schriftstellerbiografie ist lang, fast unerschöpflich. Bereits in seiner Jugend schrieb er Geschichten und war damit recht schnell erfolgreich. Auch sein vorliegender Krimi zieht in den Bann.

Wolf und Siggi sind starke Typen. Vor allem lassen sie sich von den Spießbürgern in Ichtenhagen nichts sagen. Wolf ist der Anführer ihrer Rechtenbande. Wolf, der Söldner. Er will das ganze Ausländer-Drecksgesindel weghaben aus seiner Stadt, und dafür braucht es natürlich auch einige Aktionen, um denen und der Stadt zu zeigen, wo es Zukunft langgehen soll. Die Schändung einiger Gräber und ein riesiges Feuer auf dem Friedhof sollen dabei nur der Anfang sein. Das größte Ereignis wird die Sprengung das Asylantenheims in Ichtenhagen werden. Damit würde Wolf sich und seiner Bande ein Denkmal setzen. Und vor allem auch Gleichgesinnte ins Boot holen.

Einzig Siggis Bruder Yogi, eigentlich Johannes, passt nicht ganz in das völkisch reine Bild von Wolf und seinen Anhängern. Yogi ist seit einem Autounfall geistig behindert und braucht die Hilfe seiner Familie. Da Siggi aber für seinen Bruder einsteht und Wolf auch in Renate, Siggis Schwester, verliebt ist, drückt der ein Auge zu. Wenn nur Renate nicht mit diesem Gino, dem Itaker-Pizzabäcker rummachen würde. Als Wolf die beiden auf einer Grillfeier der Italiener zusammen sieht, kann er seine Wut nicht im Zaum halten ...

Renate wird vom Rentner Hubertus Schnee, der mit seiner Schäferhündin Bessie jeden Morgen spazieren geht, tot im Wald gefunden, und die Kommissarin Vera Bilewski macht sich auf, den Fall um Renate zu lösen.

"Romane gestalten Einzelschicksale", steht in der Zueignung des Romans. Durch Einzelschicksale will der Autor die Gründe für ein nationalistisches Gewaltpotenzial suchen, die vor allem innerhalb der Familie zu finden sind.

Dabei leuchtet Klaus-Peter Wolf auch die Familiensituationen der Randfiguren des Romans genau aus und gibt somit einen soziologischen Querschnitt menschlicher Lebensweisen. So stellt sich auch vor allem für den Leser die Frage, wieso Einer zum Schläger und Mörder wird, ein Anderer aber sein Leben lebt und sich vielleicht in den Berufsalltag stürzt. Ein Blick hinter die Taten der Bösen soll Einsicht geben, Diskussionsansatz bieten.

"Ich erinnere mich an eine Lesung in einer kleinen Buchhandlung. Ein Bär von einem Mann stand auf [...]. Er sagte, er habe den Film zunächst gehasst, aber die Bilder hätten ihn auch nicht losgelassen. ‚Ich musste immer daran denken.‘ Dann hätte ihm seine Freundin dieses Buch geschenkt. [...] Er habe 'gelebt wie die', sagte er, und er hätte 'jede Menge Türken geklatscht.'
'Beim Lesen habe ich kapiert, dass ich eigentlich immer nur sauwütend auf meinen Vater war.'"


Am 27.12.2006 wurde vom "Südwestrundfunk" folgende offizielle Mitteilung herausgegeben: "Wegen der missverständlich aufgenommenen Darstellung von Gewalt in dem Polizeiruf 110 'Samstags, wenn Krieg ist' hat der Fernsehdirektor des SWR den Film bis auf weiteres gesperrt, so dass der Film bis auf weiteres nicht wiederholt wird."

Im Nachwort wird die Intention des Buches besonders deutlich, und die Suche nach einer Antwort, dem Ausloten, warum Banden und Bandenkriege entstehen, ist der Struktur des Buches durchaus anzumerken. Die Dialoge und Handlungsführung entspringen einer geübten Hand und sind daher ein unterhaltender Lesegenuss. Die Geschichte als solche ist nicht unbedingt überraschend, muss sie aber in ihrer didaktischen Handhabe vielleicht auch nicht sein.

Ein bisschen ärgerlich ist, dass das Buch einige orthografische Fehler aufweist, die dem Lektorat durch die Lappen gegangen sind. Doch die Geschichte um Siggis Familie und Wolf ist überzeugend geschrieben. Sie wird so wohl hoffentlich wieder als Schullektüre eingesetzt werden und auch anderweitig krimibegeisterte Leser finden.

Vielleicht kann die Wiederauflange dieses Buches auch die "Polizeiruf 110"-Folge wieder aus dem Giftschrank hervorholen. Denn Produktionen, die Diskussion hervorrufen und Menschen aufwecken können, werden immer gebraucht.

(Christin Zenker; 09/2009)


Klaus-Peter Wolf: "Samstags, wenn Krieg ist"
Pendragon Verlag, 2009. 256 Seiten.
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Klaus-Peter Wolf geboren 1954, lebt als freier Schriftsteller und Drehbuchautor in Ostfriesland. Er veröffentlichte bislang mehr als 60 Bücher für Kinder und Erwachsene. Den "Anne-Frank-Preis" erhielt er 1985 für das Buch und den Film "Die Abschiebung".