Der Affe am Hofe
Ein Affe machte so viel Streiche
So manche feine Schelmerei,
Daß in dem
ganzen Königreiche
Sein Ruhm erscholl und selbst der Leu,
Ein Freund der
Künste, zween Emiren
Befahl, ihn auf die Burg zu führen.
Der Großherr
wollte fast zerplatzen,
Als unser Gaukler vor ihn trat;
Durch tausend Schwänke,
tausend Fratzen
Erhielt er gleich den Rang als Rat;
Und bald hernach durch
Brief und Siegel
Den Titel: Ritter
Eulenspiegel.
Im Anfang trafen seine Possen
Den Schöps, den Esel
und das Rind,
Ein Kleeblatt, dem des Spötters Glossen
Von Alters her gewidmet
sind.
Allein sie schwiegen, oder machten
Gar Choro mit, wenn andre lachten.
Der Beifall, der ihn warnen sollte,
Des Königs Gunst, berauschten ihn,
Indem
er mehr noch glänzen wollte
Vergaß sich unser Harlekin,
Und übte seine Neckereien
Am Tiger,
Wolf
und andern Beien.
Nach einer Zeit von sieben Tagen
War Meister
Affe so beherzt,
Sich an den Leuen selbst zu wagen,
Und nun war
seine Gunst verscherzt.
Die Majestät, anstatt zu lachen,
Befahl ihm den
Prozeß zu machen.
Bei Niedern, die dem Spotte weichen,
Ist er verblümte
Tyrannei:
Bei denen, die an Stand sich gleichen,
Ist er ein Quell der Zänkerei:
Bei
Großen ist er ein Verbrechen,
Das sie mit ihren Blitzen rächen.
(von Gottlieb Konrad Pfeffel; 28.6.1736 - 1.5.1809)